Duisburg. Im Kunstraum SG1 in der Duisburger Altstadt ist die Künstlerin Eva Schmeckenbecher mit Arbeiten zu Gast. Was hinter ihrer „Steinhaut“ steckt.

Mauern aus Stein sind ein Inbegriff von Härte, Starrheit und Begrenzung. Die „Steinhaut“ der Stuttgarter Künstlerin Eva Schmeckenbecher ist beweglich, durchscheinend und nicht so verletzlich wie sie scheint. Dabei wurde sie inspiriert von einer Gefängnismauer – und dem Motto „Mauern“ der 2021 ausgefallenen Duisburger Akzente.

Im Vorfeld des Festivals hatte Luise Hoyer von Kunstraum SG1 mit Eva Schmeckenbecher über dieses Motto gesprochen. Jetzt folgt die Ausstellung. Die etwa sechs mal sieben Meter große „Steinhaut“ im Eingang an der Schmalen Gasse wirkt zunächst wie ein Vorhang, ein Hindernis. Dahinter entdeckt man die vielen Schichten der Arbeit. Dieser „Vorhang“ besteht aus etwa 1500 Fotografien, die die 1977 geborene Eva Schmeckenbecher aufwendig bearbeitet hat.

Sie zeigen überwiegend Mauern des Gefängnisses Les Baumettes bei Marseille. Einen zufällige Entdeckung in einem Frankreich-Urlaub: Überwältigt von der schier endlos wirkenden Mauer, habe sie spontan angefangen zu fotografieren, sagt Schmeckenbecher. Die Abzüge der mit dem Smartphone aufgenommenen Fotos hat sie „gehäutet“, also die obere Schicht der Bilder abgetrennt.

Ausstellung in Duisburg: Bewegung, Geräusche und Sprache

Indem sie das so gewonnene hauchdünne Material mit Klebeband neu zusammen setzt, verwandelt sie die Fotos in eine Skulptur, werden Bilder in den Raum erweitert. In einem Video ist eine Performance mit der „Steinhaut“ zu sehen, die wie eine Decke ausgebreitet ist. Darunter bewegen sich die Duisburger Tänzerin Adriana Kocijan und der Stuttgarter Tänzer Yahi Nestor Gahe. Schmeckenbecher hatte sich gewünscht, dass sie die „Steinhaut“ drehen, ohne dabei sichtbar zu werden. Die so in Bewegung gebrachte, knisternde „Decke“ erinnert jetzt an eine Echsenhaut.

Die dritte Komponente dieser Arbeit ist hörbar: Ein gesprochener Text von Eva Schmeckenbecher aus einem Traumtagebuch, das sie kontinuierlich führt. Darin beschreibt sie Träume, die sie während der Arbeit an der „Steinhaut“ hatte, die sie auch durch den Lockdown begleitet hat. Darin spielen ein Gewehr, eine Kamera, „unser Mord“ eine Rolle und „ein vertrautes Gefühl, ins Gefängnis zu gehören“.

Eva Schmeckenbechers Arbeiten sind vielschichtig. Sie fotografiert Oberflächen, ihr Suche gilt aber dem Dahinter, nach dem, was die Haut verbirgt oder beschützt, nach Erinnerungen auch jenseits des Bewussten.

Die Ausstellung bleibt bis 11. April. Das SG1 ist immer montags von 17 bis 20 Uhr geöffnet. Info: www.sg1-kunstraum.de