Duisburg. Die Transformation von Thyssenkrupp Steel betrifft tausende Arbeitsplätze in Duisburg. Darum ging es beim Besuch von Vizekanzler Robert Habeck.

Die Transformation der Stahlindustrie in Duisburg wird rund 5000 der insgesamt rund 13.000 Mitarbeitenden von Thyssenkrupp Steel (TKS) betreffen. Diese Zahl nannte der Vorsitzende des Betriebsrats, Tekin Nasikkol, am Dienstag bei einem Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Duisburger Norden (s. weiterer Bericht: Wirtschaft). „Es gibt natürlich Sorgen, aber die Belegschaft ist bereit“, so der Betriebsratschef. Es sei nun an der Politik, sicherere Rahmenbedingungen für die Investitionen zu schaffen, die Stahlchef Bernhard Osburg auf rund sieben Milliarden Euro beziffert.

Die Bustour des Ministers vom Tor 1 in Bruckhausen bis zum Walsumer Südhafen, wo bis 2025 die erste Direktreduktionsanlage (DR-Anlage) entstehen soll, macht die gewaltigen Dimensionen des Umbaus deutlich, den Osburg „den größten der Unternehmensgeschichte“ nennt. Bis 2045 sollen die vier Hochöfen durch DR-Anlagen ersetzt werden, soll grüner Wasserstoff als Energiequelle für die Roheisen-Erzeugung den Koks ablösen. Rund 20 Millionen Tonnen CO2, die TKS durch die Verbrennung von fünf Millionen Tonnen Kohle pro Jahr produziert, sollen dann entfallen.

Betriebsratschef Tekin Nasikkol: Klimaschutz beginnt in Duisburg

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„Klimaschutz beginnt in Duisburg“, ist die Losung, mit der Nasikkol gemeinsam mit Osburg und Konzernchefin Martina Merz bei Robert Habeck aufs Tempo drückte. Dass der Minister trotz der Ukraine-Krise nach Duisburg kam, „ist ein wichtiges Zeichen“, befand der Betriebsratschef. „Er hat die Geschwindigkeit auf dem Schirm, das hat er verstanden.“

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Die Belegschaft will wissen, wohin die Reise geht. Denn die Transformation trifft nicht nur die Stahlkocher an den Hochöfen, auch die Neben-Aggregate wie Kokerei und Sinteranlage werden perspektivisch nicht mehr benötigt.

Habeck signalisiert Thyssenkrupp in Duisburg UnterstützungGrundlegend verändert sich auch die Hafen-Logistik, wenn der Kohletransport durch Wasserstoff-Pipelines ersetzt wird. „Es werden Jobs wegfallen, aber auch neue entstehen“, hofft Nasikkol. Wie viele Arbeitsplätze die Transformation in den kommenden 25 Jahren kostet, werde sich vor allem daran bemessen, „wie viele Tonnen wir produzieren“.

Die Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion wird die Skyline von Thyssenkrupp Steel im Duisburger Norden grundlegend verändern. Schon 2025 soll die erste DR-Anlage einen Hochofen ersetzen, die Kohle, hier am Walsumer Hafen, wird durch Wasserstoff ersetzt.
Die Umstellung auf eine klimafreundliche Produktion wird die Skyline von Thyssenkrupp Steel im Duisburger Norden grundlegend verändern. Schon 2025 soll die erste DR-Anlage einen Hochofen ersetzen, die Kohle, hier am Walsumer Hafen, wird durch Wasserstoff ersetzt. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Politik muss den Rahmen setzen für die Sicherheit der Investitionen

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Auch die Entwicklung eines Marktes für den grünen Stahl, der zunächst teurer sein wird als konventionell produzierter, braucht die Unterstützung der Politik. Zwei Wege zeichnen sich dafür ab neben einer Förderung der Investitionen in die DR-Anlagen:

Über „Klimaverträge“ könnte die Kostendifferenz zwischen konventioneller und klimafreundlicher Produktion zunächst ausgeglichen werden, zudem könnten Investitionen in die Dekarbonisierung über die Preise für CO-Zertifikate belohnt werden. Auf EU-Ebene wird dazu an einer Lösung gearbeitet.

„Wir müssen das gut hinkriegen“, sagt Felix Banaszak (Grüne). Der Duisburger Bundestagsabgeordnete ist Berichterstatter im Wirtschaftsausschuss zu diesem schwierigen Thema. „Es muss Anreize zum Umbau geben“, sagt Banaszak. Gleichzeitig dürften aber Investitionen in die Altanlagen nicht bestraft werden – sie müssen zunächst noch weiter laufen und das Geld für den Umbau verdienen.

TKS präsentiert Bauplan für die erste DR-Anlage am Walsumer Südhafen

Der nimmt bei TKS immer konkretere Konturen an. Technikchef Dr. Matthias Weinberg zeigte am Dienstag den Bauplan für die erste DR-Anlage, die auf der Fläche des Brammenlagers am Walsumer Südhafen entstehen soll. Sie sei „ein 1:1-Ersatz für den Hochofen“. Die Anlage, die 2025 in Betrieb gehen soll, gebe es „in dieser Konstellation weltweit zum ersten Mal“, erläuterte Weinberg. Sei überrage zwar mit rund 150 Metern Höhe leicht die Hochöfen, nicht aber den Kölner Dom. „Darauf lege ich als Rheinländer wert“, betont Matthias Weinberg.

>> „CARBON2CHEM“: TECHNIK SOLL ZUM EXPORTSCHLAGER WERDEN

  • In dem vor fünf Jahren eingeweihten Technikum für das Projekt „Carbon2Chem“ hat Thyssenkrupp Steel (TKS) die Verwertung des im Produktionsprozess anfallenden Kohlendioxids zu Stoffen wie Ammoniak und Methanol erfolgreich erprobt.
  • Der Bau einer großtechnischen Anlage auf dem Duisburger Werksgelände ist allerdings eher unwahrscheinlich, die aus Bundesmitteln geförderte Entwicklung der Technologie könnte aber für den Konzern zum Exportschlager werden.
  • Neben einem Großauftrag für die Modellstadt Neom in Saudi-Arabien gebe es einen weiteren aus dem Hafen Rotterdam, hieß es am Dienstag. Es geht jeweils um die Produktion von grünem, wasserstoffbasiertem Ammoniak, der deutlich leichter zu transportieren ist als Wasserstoff.