Duisburg. Im Sommer nimmt Thyssenkrupp einen neuen Hubbalkenofen im Duisburger Norden in Betrieb. Das bringt die Anlage für Stahlqualität und Umwelt.
Der erste Schritt zur Modernisierung der Stahlproduktion bei Thyssenkrupp Steel Europe (TKS) nimmt im Warmbandwerk in Beeckerwerth Gestalt an. Ein neuer Hubbalkenofen, mit dessen Bau vor 18 Monaten begonnen wurde, soll ab dem nächsten Sommer Stahl für hochwertige Bleche liefern. Das kündigte TKS-Technikvorstand Arnd Köfler am Montag bei einem Besuch von NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) und Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher in Duisburg an.
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Im Stadtnorden steht zwar die größte Warmbandstraße Europas, doch fünf von sechs Öfen, in denen die Brammen vor dem Walzen erhitzt werden, sind rund 50 Jahre alt. „Wir konnten keine Bleche mehr in der Menge und der Qualität liefern, wie sie der Markt nachgefragt hat“, sagt Köfler. Von rund einer Milliarde, die der Konzern nun zusätzlich in die Hand nimmt, um alte Technik zu ersetzen, fließen nun rund 90 Millionen in einen neuen Ofen, ein weiterer wurde bereits vor gut 15 Jahren erneuert.
Neuer Ofen soll pro Jahr rund 5,5 Millionen Tonnen Material für Warmbandwerk liefern
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Seit anderthalb Jahren laufen die Arbeiten für den Abriss des alten und den Neubau des neuen Hubbalkenofens. Die gewaltigen neuen Fundamente stehen nun, darüber werden bereits die ersten Komponenten installiert. Mit 54 Metern ist die neue Anlage 20 Meter länger als die alte und entsprechend leistungsfähiger. „Sie wird pro Jahr 5,5 Millionen Tonnen Material liefern, weniger Energie verbrauchen und damit auch weniger CO2 ausstoßen“, erklärt Frank Pozun, Leiter des Warmbandwerks.
Erste Direktreduktionsanlage: Auftragsvergabe im Sommer
Ein kleines Modell im Besucherzentrum kündigt bereits die größeren Schritte zu einer klimaneutralen Stahlproduktion an: Die erste Direktreduktionsanlage soll bereits 2025 in Betrieb gehen, eine weitere bis Ende des Jahrzehnts folgen.
„Die Verhandlungen mit den Herstellern laufen, die Aufträge werden im Sommer vergeben“, sagt Köfler zum Stand der Dinge. Auf rund 3,5 Milliarden Euro beziffert der Konzern die Investition in die rund 150 Meter hohen Anlagen. In ihnen soll zunächst Gas und perspektivisch grüner Wasserstoff die Kokskohle im konventionellen Hochofen ersetzen.
Minister Pinkwart hofft auf schnelle Prüfung der Förderanträge in Brüssel
„Mit einer 70:30-Förderung“, so Minister Pinkwart, wollen Bund und Land NRW den Stahlhersteller zwar unterstützen, doch für konkrete Zahlen steht noch die Beihilfe-rechtliche Prüfung durch die EU aus. „Wir dringen in Brüssel auf eine schnelle Genehmigung“, so Pinkwart.
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Grünes Licht für den Bau der Anlagen muss von der Bezirksregierung kommen. „Die von der Bundesregierung angekündigte Beschleunigung der Verfahren hat für den Industriestandort NRW besondere Bedeutung“, betont TKS-Vorstand Köfler. Man sei deshalb mit der Düsseldorfer Behörde, die auch den neuen Ofen genehmigte, schon jetzt im ständigen Austausch.
Bezirksregierung: Brauchen qualifiziertes Personal für Prüfung der Anträge
Zwar könne die Digitalisierung der Verfahren die Prozesse beschleunigen, sagt Regierungspräsidentin Birgitta Radermacher. „Aber Sie haben etwas Neues vor, da muss Sicherheit ganz oben stehen.“
Nicht zuletzt sei die Behörde auch auf eigene Mitarbeiter angewiesen, „die sich damit auskennen“. Es brauche „schnelle und rechtssichere Verfahren“, betont der NRW-Wirtschaftsminister. TKS und die Bezirksregierung könnten dabei auf die Unterstützung der Politik zählen. „Der Bund hat entschieden, den Stahl bei der Transformation der Industrie in den Vordergrund zu stellen.“
>> DUISBURGER LOI THERMPROCESS BAUT FÜR TKS
- Auftragnehmer für den Bau des neuen Hubbalkenofens im Warmbandwerk ist die italienische Tenova, Tochter des argentinischen Techint-Konzerns. Zu Tenova gehört auch der traditionsreiche Industrieofen-Bauer LOI Thermprocess. Das Unternehmen ist mit seinen 140 Mitarbeitern im vergangenen September aus Essen ins Mitsubishi-Hitachi-Gebäude am Innenhafen umgezogen.
- Tenova ist einer von weltweit wenigen Anbietern für den Bau von Direktreduktionsanlagen, wie sie nun als Hochofen-Ersatz auch bei Thyssenkrupp Steel zur Produktion von „grünem“ Stahl errichtet werden sollen. Dem Vernehmen nach gehört Tenova zu den aussichtsreichen Kandidaten bei der Auftragsvergabe.