Duisburg/Moers. Familie Kraemer sucht bislang vergeblich eine Wohnung in Duisburg oder Moers. Sind für einige Vermieter die drei Kinder und der Hund das Problem?

Etienne Kraemer ist verzweifelt. „Unsere Nerven sind am Ende. Wir sind doch keine schlechten Menschen“, sagt der 33-Jährige. Seit Wochen sucht er für seine Familie vergeblich ein neues bescheidenes Zuhause im Ruhrgebiet, vorzugsweise im Duisburger Westen oder in Moers. Doch bislang hagelte es nur Absagen von Eigentümern.

Zur Familie Kraemer gehören, neben dem gelernten Berufskraftfahrer, noch seine Frau, die drei Kinder – sieben, sechs und vier Jahre alt – und die französische Bulldogge Luna. „Ein friedvoller und lieber Hund“, sagt Kraemer, an dem vor allem auch die Kinder hängen.

Familie sucht verzweifelt Wohnung in Duisburg oder Moers

Mehr als 68 Anfragen soll er nach eigenen Angaben über Immobilienportale verschickt haben – und es gab genauso viele Absagen oder überhaupt keine Rückmeldung der Eigentümer. Dabei will die junge Familie nur eins: zurück ins Ruhrgebiet und in die Nähe der Oma.

Vor fünf Monaten hatten die Kraemers mit einem Koffer voller Hoffnung der Stadt Duisburg den Rücken gekehrt. Gemeinsam zogen sie nach Rheinland-Pfalz. Es sollte ein Neustart sein und der gelebte Traum: In dem 2508-Seelen-Dorf Birken-Honigsessen mietet das Paar ein Einfamilienhaus mit einem 3000 Quadratmeter großen Grundstück an – in Duisburg für das Paar finanziell unmöglich.

Traum vom Leben auf dem Land

„Es ist ein anderes Leben als in der Großstadt“, schwärmt Kraemer. Im Garten steht ein Trampolin, das Haus grenzt direkt an ein Waldstück. Zum Einzug bekommt die Familie von der Nachbarschaft Brot und Salz geschenkt. Froh sind die Kraemers auch über das schulische Angebot und die Solidarität im Dorf.

Das alles mag für viele märchenhaft klingen. Doch perfekt war das Haus beim Einzug im Oktober noch lange nicht. Die Familie übernahm die Immobilie in großen Teilen unrenoviert und wollte mit handwerklichem Geschick selbst nachbessern. Doch bereits wenige Wochen nach Bezug zeigten sich erste Risse…

„Wir möchten einfach nur zurück“

Versprechungen der Eigentümer, wie der Einbau einer neuen Heizungsanlage, seien nicht eingehalten worden, so die eine Seite der Geschichte, die diese Redaktion nur kennt. „Wir heizen mit unserem Backofen und einer Gasheizung, die wir uns geliehen haben.“ Und auch die nächste Hiobsbotschaft ließ nicht lange auf sich warten: Das Abwassersystem des Hauses brach zusammen. Seitdem muss er sich täglich um verstopfte Rohre kümmern, erzählt der Familienvater.

„Die Eigentümer machen einfach nichts“, ist der 33-Jährige verärgert. Auch die Kommunikation über den Mieterschutzbund sei gescheitert. Mängelbesichtigungen, Vorwürfe, außerordentliche Kündigungen von beiden Seiten – das Dorfidyll hat seine Glückseligkeit aufgrund der Umstände längst verloren. „Wir bereuen, nach Rheinland-Pfalz gezogen zu sein und möchten einfach wieder zurück“, sagt Kraemer.

Die Zeit drängt: Neuer Job und alte Probleme

Und so langsam drängt die Zeit. Im Mai beginnt Etienne Kraemer eine neue Stelle als LKW-Fahrer in Essen, auch in Duisburg hat er bereits einige Jahre als Berufskraftfahrer im Containerdienst gearbeitet. Derzeit erhält die Familie nach seinem Jobverlust Transferleistungen.

Ein Nachteil bei der Wohnungssuche ist die Hilfe des Staates laut dem Mieterschutzbund Duisburg-Niederrhein nicht unbedingt. Das Risiko eines Mietausfalls sei geringer, erklärt Vorstand Peter Heß. Wenn Bezieher der Hilfe ihren Mitwirkungspflichten gegenüber den Behörden nachkommen, zahlen diese die monatlichen Mieten pünktlich und zuverlässig.

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Auch die Privatinsolvenz des Paares, die laut Angaben von Etienne Kraemer durch einen Bildungskredit zustande gekommen ist und mit der er „offen und transparent“ umgeht, weil die Familie nun schuldenfrei sei, wie auch die Schufa-Auskunft zeige, habe laut Heß bei informierten Vermietern keine negative Auswirkung.

Mieterschutzbund: Kinder und Hund für Vermieter ein Problem

Der Experte sieht das Problem und „zunehmende Phänomen“ woanders: „Mehrere Kinder, dazu ein Hund“ – diese Konstellation mache die Suche nach bezahlbarem Wohnraum schwierig, und die Ausgangslage sei nur mit einem „erkennbaren Migrationshintergrund“ und einem ausländischen Familiennamen noch aussichtsloser, kritisiert Heß die Vorurteile, mit denen Wohnungssuchende konfrontiert werden.

„Fünf Personen und ein Haustier – wie soll meine Wohnung danach aussehen?“, erläutert Heß eine gängige und vorurteilsbehaftete Sichtweise einiger Immobilienbesitzer. Die Situation auf dem Wohnungsmarkt sei „schizophren“, urteilt Heß. Widersprüchlich deshalb, weil die Gesellschaft nach mehr Kindern schreit, „aber das Aufwachsen der Jungen und Mädchen immer weniger ertragen will.“

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Erfahrungen, die auch Etienne Kraemer gemacht hat. „Mal wünscht der Vermieter nur vier Personen“, soll es bei der Absage geheißen haben. In anderen Fällen sei Hund Luna das Problem. Gesucht wird von der Familie eine 80 bis 120 Quadratmeter große Wohnung mit drei bis fünf Zimmern zu einer Warmmiete von maximal 1000 Euro. Neun Mal war das Paar schon zu Besichtigungen in Moers und Duisburg, Hochheide und Alt-Homberg, geklappt hat es mit den Wohnungen nie. Die Suche unter Zeitdruck geht weiter. Dabei will die Familie nur eins: ein neues Zuhause.

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