Duisburg. Zum Auftakt gibt es eine große Ausstellung mit den Lehmbruck-Preisträgern von 2020 in Duisburg. Was es mit der „Killing Machine“ auf sich hat.

2020, im Jahr ihrer Auszeichnung mit dem Wilhelm-Lehmbruck-Preis, konnten die kanadischen Installationskünstler Janet Cardiff und George Bures Miller wegen der Corona-Pandemie nicht anreisen. Auch die mit dem Preis verbundene Ausstellung musste vertagt werden. 2022 kommen Künstler und Werke nach Duisburg.

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Eine „grandiose“ Ausstellung werde am 26. März eröffnet, verspricht Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla. Werden doch nicht nur raumgreifende Arbeiten des Künstlerpaars aus den letzten 20 Jahren präsentiert, sondern auch eine ganz aktuelle Arbeit. „The Escape Room“ spiegelt die Erfahrungen mit der Pandemie wider.

„Escape Room“ vermittelt die Stimmung der Corona-Pandemie

Es ist ein begehbarer Raum, in dem die Künstler mit kleinen Modellen von Hochhäusern, Landschaften und Dioramen menschenleere Welten geschaffen haben. Mit dem Eintritt setzt der Besucher eine Geräuschkulisse mit Stimmen in Gang, taucht also optisch und akustisch in eine irreale, gespenstische Welt ein, die zudem in unterschiedliche Lichtstimmungen getaucht werden kann.

„Mit ihrem Werk haben Cardiff und Miller ein ganzes Genre geprägt“, erläutert Söke Dinkla. Eröffnen sie doch neue Perspektiven für die Skulptur des 21. Jahrhunderts, indem sie sie um Klänge bereichern. Mit den bewegten Bildern, die hinzu kommen, gibt es Kino-ähnliche Effekte; es entstehen Räume, die das Publikum aus der Realität entführen.

Ein Blick in den „Escape Room“ der kanadischen Installationskünstler Janet Cardiff und George Bures Miller, der in Duisburg zu sehen sein wird.
Ein Blick in den „Escape Room“ der kanadischen Installationskünstler Janet Cardiff und George Bures Miller, der in Duisburg zu sehen sein wird. © Lehmbruck-Museum | Die Künstler

So wird in der Ausstellung auch die beeindruckende „Killing Machine“ gezeigt, die Janet Cardiff und George Bures Miller 2007 unter dem Eindruck von Bildern aus dem Foltergefängnis Abu Ghraib nahe Bagdad schufen, die aber auch von Franz Kafkas Erzählung „In der Strafkolonie“ inspiriert ist: Über einem Zahnarztstuhl kreisen zwei Roboterarme mit Spitzen, die einen – abwesenden – Delinquenten peinigen. Fast körperlich spürbar werden hier Angst und Ausgeliefertsein in Unrecht-Regimen.

Fotografin forscht zum Thema Identität

In der Reihe „Sculpture 21st“ ist vom 13. Mai bis 24. Juli die niederländische Künstlerin Rineke Dijkstra mit ihren Fotografien zu Gast. Ihr Thema sind Porträts junger Heranwachsender, sie zeigt junge Menschen in Lebensabschnitten, die von Veränderungen geprägt sind. Die Unsicherheit über das eigene „Ich“ ist sichtbar. Damit geht es auch um das zur Zeit große Thema Identität.

Ein Motiv der niederländischen Fotografin Rineke Dijkstra.
Ein Motiv der niederländischen Fotografin Rineke Dijkstra. © Lehmbruck-Museum | Rineke Dijkstra

Mit der Ausstellung ihrer Arbeit „The Gymschool, St. Petersburg“ wirft das Lehmbruck-Museum, einen neuen Blick auf das Werk der Künstlerin. In diesem Video zeigt Dijkstra Mädchen, die vollkommen in ihren Turnübungen versunken sind und keine Unsicherheit, sondern Stärke und Selbstbewusstsein vermitteln. Ihre zarten Körper wirken wie bewegte Skulpturen.

Antony Gormleys verletzliche Skulpturen

Durch eine Ausstellung 2014 in der Reihe Sculpture 21st und den Ankauf der Skulptur „Sublimate VIII“ 2016 ist der britische Bildhauer Antony Gormley bereits im Duisburger Museum bekannt. Ab 25. September kann man einen umfassenden Einblick in sein Werk seit den 80er Jahren bekommen.

Aus seiner Bewunderung für Wilhelm Lehmbruck sei die Idee entstanden, seine Figuren im Lehmbruck-Trakt (und darüber hinaus) zu präsentieren – unmittelbar neben der „Knienden“ oder dem „Gestürzten“. Ist doch der menschliche Körper und seine Verletzlichkeit ein Thema, das die Künstler über das Jahrhundert verbindet.

Norbert Kricke zum 100. Geburtstag

Auch Gormleys Werke drücken Versunkenheit ins Innere aus, das für Söke Dinkla ein Thema des Ausstellungsjahrs 2020 ist – neben dem Widerstreit zwischen dem Geistigen und dem Materiellen. „Was bestimmt unser Leben mehr – das Geistige, die Welt unserer Gedanken, Ideen und Vorstellungen, oder das Materielle, die Welt der Gegenstände und Objekte?“, nennt Dinkla den Kern dieser alten und aktuellen Fragestellung.

Zum Ende des Ausstellungsjahrs wird dann Norbert Kricke (1922-1984) mit einer Ausstellung zu seinem 100. Geburtstag geehrt. Der renommierte deutsche Bildhauer, der 1971 zweiter Preisträger des Wilhelm-Lehmbruck-Preises und 1972 Direktor der Kunstakademie Düsseldorf war, ist für seine abstrakten Formen, die Auflösung des Materiellen, das Schwerelose bekannt. Zu sehen sein wird im Lehmbruck-Museum auch sein Frühwerk.

Ein interaktives Spiel über das Leben Wilhelm Lehmbrucks

Die Kunstvermittlung entwickelt fürs junge Publikum mit Mitteln aus dem Programm „Neustart Kultur“ das interaktive Spiel „Based On A True Story“ über das Leben von Wilhelm Lehmbruck. Autorin ist Theresia Enzensberger, deren Debütroman „Blaupause“ (2017) über das Leben einer Studentin am Weimarer Bauhaus auf den Bestsellerlisten landete. Sie entwickelt eine Geschichte, bei der die Spieler in die Zeit Lehmbrucks reisen.

Und fürs ganz junge Publikum gibt es das städteübergreifende Projekt „Mach Dein Ding!“ für Kinder und Jugendliche mit und ohne Migrationsgeschichte. In Kreativ-Workshops sowie bei Museumsbesuchen können sie sich in künstlerischen Ausdrucksformen wie Tanz, Theater, Fotografie, Film und Neue Medien ausprobieren.

>>> 30 JAHRE „RHEINORANGE“ WIRD GEFEIERT

  • Außerdem kündigt Söke Dinkla eine Feier für „Rheinorange“ an. Die Skulptur des Kölner Bildhauers Lutz Fritsch in Form einer Bramme leuchtet seit 1992 an der Mündung der Ruhr in den Rhein in Kaßlerfeld, seit 30 Jahren also.
  • Die Feier könnten Kunstfreunde auch als Zeichen an Duisport verstehen, nach der Großskulptur „Tiger & Turtle“ in Wanheimerort nicht auch noch die Wirkung dieser beliebten Duisburger Landmarke durch riesige Lagerhallen zu verbauen.