Duisburg. Sie sorgen sich in der Omikron-Welle um ihre Kinder, sind sauer aufs NRW-Ministerium. Was Eltern kritisieren und was sie für die Schulen fordern.
Sie haben Kinder in Kitas, in Grundschulen und an weiterführenden Schulen. Sie kämpfen wie Löwen und werden auch nicht müde, wenn es eigentlich nur noch zum Verzweifeln ist. Im Gespräch mit dieser Zeitung äußern Schulpflegschaftsvertreter und Mitglieder der Elternschaft Duisburger Schulen (EDuS) deutliche Kritik am Schulministerium und klare Wünsche für das zweite Schulhalbjahr.
Eltern beklagen psychische Belastung durch Schnelltests an Schulen
Frisch sind die Beobachtungen vom Mittwoch. Dominique Köster, die ein Kind in der Grundschule Zoppenbrückstraße hat, berichtet nach der ersten Runde Selbsttests am Mittwochmorgen von weinenden Kindern auf dem Schulhof. Dort sollten sie auf das Testergebnis warten.
„Sie waren nervös und haben es gar nicht verstanden“, beschreibt die Elternvertreterin. Es habe sich angefühlt, als müsse ein Schuldiger gesucht werden, ein Kind sei deshalb sogar geschnitten worden.
So eine klassische Buhmann-Situation sei Kindern gar nicht zuzumuten, findet Sebastian Fiutak, Schulformsprecher für die Grundschulen bei der EDuS und zweifacher Vater.
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Das psychische Wohlergehen der Kinder müsse mehr in den Blick genommen werden: „Wir spüren die Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder, darum müssten wir uns mehr Sorgen machen als um ein verpasstes Jahr in Mathe“, ergänzt EDuS-Vorsitzende Melanie Maurer. Manche Eltern gehen mit ihren Kindern vorher zum Bürgertest, um ihnen den Stress zu ersparen.
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Unterirdische Kommunikation und schlechtes Krisenmanagement
Die Eltern üben scharfe Kritik am Krisenmanagement des Schulministeriums: „Man kann es eigentlich nicht schlechter machen“, sagt Sebastian Fiutak. Alle seien vulnerabel „außer unseren Kindern, die sollen mit Lüften und den drei Ts durchkommen.“ Drei T? „Toi Toi Toi“, verdeutlicht Fiutak.
Ihm wird zu wenig über die Risiken für Kinder gesprochen, über Pims etwa, woran manche Kinder erkranken, nachdem sie symptomlos Corona-infiziert waren.
Holger Fitzner, Schulpflegschaftsvorsitzender des Max-Planck-Gymnasiums, nennt allein die Kommunikation „unterirdisch“.
Und Ingo Weber als Schulpflegschaftsvorsitzender des Landfermann-Gymnasiums schüttelt nur den Kopf, wie man auf die Idee kommen kann, ein hochsensitives PCR-Verfahren mit einem Schnelltest auflösen zu wollen.
Es geht nicht um Schuldige, sondern um praktikable Lösungen
Den Eltern stößt bitter auf, dass sie und ihre Kinder erneut zum Spielball des politischen Wahlkampfs werden – nach der Bundestagswahl ist vor der Landtagswahl.
„Keiner will sich klar positionieren, keiner packt was an“, bedauert Fiutak. Im Landtag sei es zuletzt mehr darum gegangen, Schuldige zu suchen, ergänzt Weber. „Wir als Eltern erwarten praktikable Lösungen.“
Das könnten zum Beispiel Analysegeräte für POC-Tests für jede Schule sein, schlägt Fiutak vor. Sie liefern ähnlich sichere Ergebnisse wie PCR-Tests, sind aber schneller.
Und endlich stationäre Luftfilter für alle Räume, ergänzt Maurer. Entscheidungsfreiräume für die Schulleiter fänden sie ebenfalls gut, „von denen, die vor Ort sind, kamen zuletzt immer die besten Ideen“, lobt Weber. Ein Gutes hatte die Pandemie zumindest an der Stelle: Der Kontakt zwischen Schulen und Elternvertretern sei vielerorts besser geworden.
Alle wünschen sich mehr Flexibilität und damit auch eine Aufhebung der Präsenzpflicht. In Zeiten wie diesen müsste es Eltern möglich gemacht werden, selbst zu entscheiden. Abwesende Kinder – ob durch Quarantäne oder aus persönlicher Risikoabwägung – müssten die Chance haben, per Video am Unterricht teilnehmen zu können, fordert denn auch Melanie Maurer.
Und für die Tests des nächsten Schulhalbjahrs – wie auch immer diese ablaufen werden – fordern sie mehr Sensibilität von den Lehrern. Eine Atmosphäre ohne Angst.
Einen weiteren Lockdown sehen die Eltern skeptisch
Oder ohne Bauchweh. Das stellt sich zuverlässig bei Dominique Köster ein, wenn sie an die Klassenfahrt ihres Jüngsten denkt, die in zwei Wochen starten soll. „Wenn ich mir die Inzidenzen ansehe, wäre es vielleicht besser, darauf zu verzichten und in den Distanzunterricht zu wechseln.“
Bei dieser großen Frage nach einem weiteren Lockdown sind sich die Eltern nicht einig. Weber etwa sagt, dass es bei ihm privat durchaus möglich wäre, es genug Platz für alle gibt. „Aber wenn ich mir die zunehmenden Fälle von häuslicher Gewalt ansehe, die Suizide, dann denke ich, dass Schulen eine große soziale Bedeutung haben und als letztes geschlossen werden sollten.“ Auch der EDuS-Vorstand hatte sich Anfang Januar gegen einen Lockdown ausgesprochen.
Aber der Grat ist schmal. Maurer sagt: „Wir als Eltern müssten sagen, solange das Land es nicht schafft, Schulen gut und sicher auszustatten, behalten wir uns vor, die Kinder zuhause zu behalten.“
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