Duisburg. Chaos an Grundschulen in Duisburg: Warum der Top-Virologe Ulf Dittmer die neue Lolli-Teststrategie für völlig falsch hält und wofür er plädiert.
Das NRW-Schulministerium hat entschieden, die Lolli-PCR-Testverfahren zu verändern. So werden Grundschulkinder nach einem positiven PCR-Pool-Test in der jeweiligen Klasse am nächsten Tag zu Unterrichtsbeginn nur noch mit Antigenschnelltests getestet. Eine einzelne Auswertung von PCR-Rückstellproben gibt es nicht mehr. Als „Schnelldurchseuchung“ bezeichnen Lehrer in Duisburg die neue Verfahrensweise. Die Redaktion hat Prof. Ulf Dittmer, Leiter der Virologie am Uniklinikum Essen, zum Wechsel der Teststrategie befragt. Was der Experte jetzt für sinnvoll hält:
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„Bei niedrigen Inzidenzen sind Reihentests asymptomatischer Personen mit sogenannten PCR-Pool-Tests beziehungsweise Lolli-Tests ein gutes Mittel, um Infektionen in einer Gruppe frühzeitig zu erkennen und Infektketten zu unterbrechen“, erklärt Dittmer zunächst. Entscheidend sei dabei aber die schnelle Logistik.
Virologe Dittmer: PCR-Pool-Tests an Schulen derzeit in Omikron-Welle nicht sinnvoll
„Ergebnisse müssen am selben Tag vorliegen, sonst geht der Vorteil des sensitiveren PCR-Tests durch die zu lange Phase der Ungewissheit verloren“, stellt der Virologe klar. „Dann sind aus virologischer und epidemiologischer Sicht Antigenschnelltests sogar überlegen, da sie sofort ein Ergebnis liefern und lange Kontakte von Infizierten mit Nicht-Infizierten verhindern können.“
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PCR-Pool-Tests basieren nach seinen Angaben auf der Annahme, das nur wenige Infektionen vorliegen und damit wenig Pools aufwendig aufgelöst werden müssen. „Dann sind sie zweckmäßig und ressourcensparend und auch ausreichend schnell“, so Dittmer. „Bei hohen Inzidenzen ist diese Annahme aber nicht mehr zutreffend. Die Tests werden immer aufwendiger und langsamer durch viele Poolauflösungen.“
„Die Sicherheit wird reduziert, wenn Testergebnisse nicht mehr zeitnah vorliegen“
Die Sicherheit werde letztlich deutlich reduziert, wenn Testergebnisse nicht mehr zeitnah vorliegen. Das eigentliche Ziel der Infektionskontrolle könne dann nicht mehr gewährleistet werden. „Unter diesen Umständen sind dann Antigen-Schnelltests deutlich besser, auch wenn die Sensitivität nur bei 70 bis 80 Prozent liegt“, erklärt der Virologe, „denn sie identifizieren zumindest sehr infektiöse Personen unmittelbar.“
In Schulen und Kitas komme als „Kollateralschaden“ noch die fehlende Planbarkeit und der häufige Ausfall durch nicht rechtzeitig vorliegende PCR-Ergebnisse dazu. Dittmer plädiert deshalb dafür, in den kommenden Wochen der Omikron-Welle einen Strategiewechsel zu vollziehen. „Ich halte das ,Ersatzverfahren’, erst PCR-Pool-Tests und dann Auflösung mit Antigen-Schnelltests, für nicht durchführbar“, so der Virologe.
Dittmer plädiert aktuell nur noch für Antigen-Schnelltests an Schulen
Das Verfahren werde zu vielen abweichenden Ergebnissen führen. „Wir sprechen da aus Erfahrung in den Kliniken“, betont Dittmer. „Wie sollen dann die Schulen damit umgehen? Das ist die völlig falsche Strategie. In der jetzigen Omikron-Welle mit extrem hohen Infektionsraten sollten deshalb nur noch Antigentests durchgeführt werden. Das ist derzeit die einzig funktionierende Strategie, das Infektionsgeschehen zumindest teilweise einzudämmen.“