Duisburg. Eltern und Schulleiter in Duisburg sind wütend: Die Einstellung der Lolli-Einzeltests für Schüler verunsichert, Grundschule im Notbetrieb.

Über Nacht haben die Labore die Analyse der Einzeltests nach positiven Lolli-Pooltests aus den Duisburger Grund- und Förderschulen eingestellt. Wütende Eltern, fassungslose Lehrer und ein Krisenstabsleiter üben Kritik.

Corona-Krisenstabsleiter Martin Murrack (SPD) schimpft im sozialen Netzwerk Facebook: „Was ist das für ein Krisenmanagement von der Landesregierung, dass so eine Entscheidung von den Laboren kommuniziert wird und nicht im Vorfeld über das Ministerium und die Schulaufsicht…? So verspielt man echt Vertrauen… Ich glaube es nicht…“

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Krisenstabsleiter Murrack kritisiert Herangehensweise des Landes

Auf Anfrage übt er deutliche Kritik: „Ich wünsche mir eine proaktive, frühzeitige Kommunikation und eine vorausschauende Herangehensweise. So versuchen wir das auf kommunaler Ebene und das kann man auch auf Landesebene erwarten. Dass mit steigenden Zahlen die PCR-Testkapazitäten knapp werden, war abzusehen. Auf diese Situation hätte man vorbereitet sein können. Vor allen Dingen im dritten Jahr der Krise…“

Der Krisenstabsleiter der Stadt Duisburg, Martin Murrack, hier bei der Eröffnung des Kinder-Impfzentrums am Hauptbahnhof, kritisiert das Land wegen der wenig vorausschauenden Handlungsweise.
Der Krisenstabsleiter der Stadt Duisburg, Martin Murrack, hier bei der Eröffnung des Kinder-Impfzentrums am Hauptbahnhof, kritisiert das Land wegen der wenig vorausschauenden Handlungsweise. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Während sich die Schulformsprecher zu einer Krisenkonferenz per Video versammeln, schreibt die Duisburger Schulaufsicht an die „lieben Schulleitungen“: „Wir hoffen, dass heute noch eine neue Information kommt.“ Die Bezirksregierung verspricht derweil „frühestmögliche Handlungsleitlinien in Kontakt mit unseren Partnern im Ministerium“.

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In Duisburg sind vier Labore aktiv, unter anderem in Mönchengladbach und Köln. In der Mail eines Labors heißt es, dass man die Einzelauswertung nicht mehr vornehmen könne, weil 25 Prozent der Lolli-Pools positiv seien. Die Analyse der Einzeltests zur Poolauflösung sei am Montag aus Kapazitätsgründen ausgesetzt worden. Schüler mit positivem Pool-Testergebnis mögen den Handlungsanweisungen im Bildungsportal folgen. Da kommt der Fall, dass die Labore ihren Dienst an den Einzeltests einstellen, allerdings nicht vor.

Vereinzelt hört man aus Schulen, dass diese ihre Schüler bitten, sich durch einen Bürgertest aus der Quarantäne freitesten zu lassen.

Zwei Drittel des Kollegiums krank: Grundschule in Duisburg-Beeck setzt Präsenzunterricht aus

Jens-Uwe Hoffmann kann das gerade fast egal sein. Der Schulformsprecher für die Grundschulen hat selbst Covid-19 und ist daheim in Quarantäne – ebenso wie zwei Drittel seines Kollegiums. Die Katholische Grundschule Fährmann in Beeck hat seit Montag nur noch eine Notbetreuung, der Präsenzunterricht ist für alle Klassen ausgesetzt. „Und stündlich kommen neue Meldungen von Infizierten, da kommt keiner mehr hinterher“, sagt der dreifach geimpfte Lehrer.

Man hört die Krankheit an seiner nasalen Stimme. Seit Freitag hat er Symptome – Geschmacksverlust, Husten, Schnupfen, Fieber. Wenn er und seine Kolleginnen und Kollegen am kommenden Wochenende freigetestet sind, könnte die Schule wieder öffnen. Theoretisch jedenfalls.

„Sind Schüler keine vulnerablen Gruppen?“

Bei Torsten Marienfeld ist das Kollegium der Adler-Schule noch vollständig am Start. In der Stimme des Förderschul-Leiters schwingt ein bisschen Gleichmut mit, aber auch Fassungslosigkeit. Denn wenn PCR-Tests nur noch für vulnerable Gruppen genutzt werden sollen, würde das im Umkehrschluss bedeuten, dass Schülerinnen und Schüler nicht vulnerabel sind. Von den Lehrern ganz zu schweigen.

Denn diese waren von Anfang an von den PCR-Tests ausgeschlossen, sollten sich eigenverantwortlich selbst testen. Mit Tests, die deutlich weniger sensitiv sind, mehr Viruslast brauchen für einen Positiv-Ausschlag. Wie viele positive Fälle also unter dem Radar sind, mag sich Marienfeld nicht vorstellen.

Die Adlerschule in Walsum ist aktuell internetlos, ein Bagger kappte die Kabel. Daher erreichte ihn die nächtliche Mail des Labors, dass die Einzeltestverfolgung eingestellt wurde, erst gar nicht. Ergebnisse von Einzel-Lollitests für zwei Klassen, die sonst nächtens per SMS übermittelt werden, fehlen ebenfalls. Die Kinder sind deshalb in Quarantäne. Ob sie sich mit einem Bürgertest freitesten können oder ob das Land andere Wege vorsieht – er weiß es nicht.

Diese Frage stellen auch Eltern an die Redaktion, an das Schulamt und in den sozialen Netzwerken. Wie soll der Schulbetrieb jetzt weiter geregelt werden? Ein Vater fragt in Richtung Ministerin Gebauer, wann sie die derzeit auf ihr Ergebnis wartenden Kinder „in Freiheit“ entlässt.

>>SO FUNKTIONIERTEN DIE LOLLI-TESTS

  • Im Mai wurden die Lolli-Tests an Grund- und Förderschulen eingeführt. Alle Schülerinnen und Schüler sollten sich zweimal wöchentlich testen. Im Fall eines positiven Pools mussten die Kinder zuhause bleiben und die Eltern am nächsten Morgen einen individuellen Test zur Schule bringen. Erst nach einem negativen Ergebnis durften die Kinder wieder in den Unterricht.
  • Im Januar wurden die Regeln ergänzt. Seither sollten die Kinder dreimal wöchentlich zum Test. Hinzu kam, dass alle Kinder neben dem Pooltest auch einen Einzeltest machen sollten. Bei einem positiven Poolergebnis überprüft das Labor sofort die Einzelproben, um herauszufinden, wer positiv ist. Idealerweise sollten schon am nächsten Morgen die Ergebnisse vorliegen, um möglichst zielgenau Quarantäne zu verordnen.