Duisburg. Ein in Duisburg aufgewachsener junger Mann soll erst Syrer werden, um Deutscher sein zu können. Warum diese Geschichte von Kafka sein könnte.

Juristerei, so heißt es mitunter, habe mit gesundem Menschenverstand nichts zu tun. Zwar muss man kein Amtsschimmel sein, um die Geschichte von Markus Hanna überhaupt nachvollziehen zu können, aber es hilft vermutlich.

Es ist wenige Wochen her, seit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum 60. Jahrestag des Anwerbe-Abkommens mit der Türkei die Leistung der Zuwanderer und ihrer Nachkommen gewürdigt hat. Sie hätten dieses Land nicht nur „vielfältiger und offener“, sondern auch „wirtschaftlich stärker“ gemacht. Gleichzeitig herrscht, von den Rechtspopulisten der AfD abgesehen, über Parteigrenzen hinweg ein breiter politischer und gesellschaftlicher Konsens darüber, dass Deutschland seinen Status nur halten kann mit Hilfe qualifizierter Zuwanderung. Sie dürfe, so formuliert es die Berliner Ampel-Koalition, „nicht mehr als Bedrohung empfunden werden“.

Dieses Land braucht die gut ausgebildeten Kinder der Zuwanderer

Umso unglaublicher ist es, dass Ausländerbehörden weiterhin den hier geborenen und aufgewachsenen Kindern von Zugewanderten den Nachweis dessen verweigern, was sie zweifelsohne sind: Bürger dieses Landes. Markus und Matthäus Hanna sind genau diese Menschen, die dieses Land braucht: jung, gut ausgebildet, bestens qualifiziert, ohne Sprachprobleme.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Es ist seitens der Behörde – einmal mehr – eine Frage der Haltung. Es scheint, als werde nicht gefragt, wie man dem Betroffenen helfen kann, sondern welche Knüppel man ihm zwischen die Beide werfen kann. Solche Entscheidungen ziehen sich wie ein roter Faden durch Entscheidungen des Duisburger Ausländeramtes. Zuletzt der Fall des jungen Guineers Kanda Condé, der im Rathaus für seine vorbildliche Integration ausgezeichnet und fast gleichzeitig mit Abschiebung bedroht wurde.

Nicht gegen geltendes Recht verstoßen, aber Ermessensspielräume nutzen

Wohlgemerkt: Niemand kann von einer Behörde erwarten, gegen geltendes Recht zu verstoßen oder es auch nur zu beugen. Aber es muss möglich sein, Ermessensspielraum dort zu nutzen, wo es geboten ist.

Zur Erinnerung: Dass es dieses Ermessen nicht gebe, versicherte das Ausländeramt auch, als es 2017 die 15-jährige Steinbart-Schülerin Bifsi Rana nach Nepal abgeschoben hatte. Erst nach einem Sturm öffentlicher Empörung wurde die Rückkehr plötzlich möglich.

Zurecht hat die Duisburger Ausländerbehörde lange über personelle Unterbesetzung und Überlastung geklagt. Sie sollte deshalb – auch im eigenen Interesse – Fälle wie diese schnell und abschließend entscheiden – im Sinne aller Beteiligten.