Duisburg. Weil das Land nicht mitgeht, muss die Stadt Duisburg jetzt Elternbeiträge für die Kinderbetreuung einfordern. Brief kam kurz vor Weihnachten.

Keine schöne Weihnachtsüberraschung für Eltern in Duisburg: Wer sein Kind im Kindergarten oder an einer Grundschule im Offenen Ganztag betreuen lässt, hat in den letzten Tagen Post von der Stadt bekommen. Gefordert wird die Nachzahlung für eine Betreuung, die coronabedingt kaum stattgefunden hat.

„Für die Bereiche Kita und Tagespflege werden insgesamt 1.535.220 Euro an Elternbeiträgen zurückgefordert“, sagt Jörn Esser, Pressesprecher der Stadt Duisburg. Für den Bereich Offener Ganztag gehe es um Elternbeiträge in Höhe von insgesamt 336.450 Euro.

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Stadt Duisburg hätte den Eltern gern den ganzen Monat erlassen

Er betont, dass die Stadt den Eltern gerne eine komplette Erstattung für den fraglichen Monat gewährt hätte. „Leider hat die Landesregierung dies nicht mitgetragen, sondern lediglich eine hälftige Erstattung angeboten.“ Als Haushaltssicherungskommune darf Duisburg das rechtlich nicht allein entscheiden.

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Rückblick: Schon Anfang 2021 hatte Corona das Land fest im Griff, Deutschland lernte Vokabeln wie Lockdown, Homeschooling und Bundesnotbremse. Pflegepersonal erntete Applaus und Eltern wurden ob ihrer Doppelbelastung mit Anerkennung bedacht. Die Bundesregierung, das Land, die Kommunen baten die Mütter und Väter inständig, ihren Nachwuchs selbst zu betreuen, um das dynamische Infektionsgeschehen einzudämmen.

Stadt fordert Rückstand bei den Beitragsgebühren bis 31. März ein

Da die Nachmittagsbetreuung über Monate weitgehend ins Wasser fiel, erklärte Oberbürgermeister Sören Link, dass die Familien finanziell entlastet und die Elternbeiträge erstattet werden müssten. Im Januar forderte er deshalb ein klares Votum und eine entsprechende Kostenbeteiligung des Landes, was Duisburg als Stärkungspakt-Kommune allein nicht garantieren konnte. Bei Zahlungen von freiwilligen Leistungen ist die Stadt auf das Wohlwollen der Aufsichtsbehörden angewiesen.

„Den von der Landesregierung genehmigten Erstattungen von insgesamt 2,5 Monatsbeiträgen stehen nunmehr die Vorleistungen der Stadt Duisburg von insgesamt drei Monatsbeiträgen gegenüber“, heißt es in dem Brief an die Eltern nun. Diesen halben Monat fordert die Stadt ein, bezeichnet ihn als „Rückstand“ auf dem Beitragskonto, der bis spätestens 31. März 2022 auszugleichen sei.

Über Wochen blieben die Schulklassen leer, fiel die Betreuung im Offenen Ganztag an den Grundschulen in Duisburg pandemiebedingt aus.
Über Wochen blieben die Schulklassen leer, fiel die Betreuung im Offenen Ganztag an den Grundschulen in Duisburg pandemiebedingt aus. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Weitere Rückstände bei den Beiträgen könnten entstanden sein

Da die Stadt für Juni bis August das Lastschriftverfahren ausgesetzt hatte, könnten weitere Rückstände entstanden sein. Angeschrieben wurden rund 2000 Eltern im Offenen Ganztag (insgesamt 6760 Plätze) sowie 4600 Eltern in Kita und Tagespflege (zusammen rund 16.300 Plätze). Dass sich die Zahl der Kinder nicht mit denen der Briefe deckt, liegt daran, dass Familien mit mehreren Kindern darunter sind, außerdem haben manche Familien weiter Beiträge eingezahlt und entsprechend keinen Rückstand, begründet Jörn Esser.

Auf die Frage, warum die Stadt ausgerechnet vor Weihnachten den Beitrag einfordert, erklärt Esser, dass die Stadt die Familien im Sommer wegen des Lockdowns und eventueller Kurzarbeit nicht noch mehr finanziell belasten wollte und in Vorleistung ging. „Jetzt bieten wir den Familien die Möglichkeit, die Gelder in selbstgewählten Raten, die ihren finanziellen Möglichkeiten entsprechen, bis zum 31. März 2022 zu überweisen und geben somit finanziellen Spielraum.“

Notbetreuung in Kitas und an Schulen lief bis Ende Mai

Bis zum 31. Mai fand an den Schulstandorten im Stadtgebiet pandemiebedingt nur eine pädagogische Notbetreuung statt. In den Kindertagesstätten lief bis zum 6. Juni nur ein eingeschränkter Regelbetrieb, davor galt (seit 22. März 2021) ein eingeschränkter Pandemiebetrieb und seit dem 26. April ein Notbetrieb. Die meisten Familien haben ihre Kinder in dieser Zeit selbst betreut und sind somit den Aufforderungen der Bundesregierung nachgekommen.

Dazu gehört auch Sebastian Schultz. Er ist einer der Väter, der die Post von der Stadt bekam – und sich fassungslos und sauer an diese Redaktion wandte. „Die Familien haben so viel geliefert und sich eingebracht und bekommen dafür kurz vor Weihnachten diese Rechnung präsentiert?“

„Sie loben die Eltern und halten gleichzeitig die Hand auf?“

In seinem Fall geht es um 126 Euro, ihm geht es aber viel mehr ums Prinzip: Weder 2,5 noch 3 beitragslose Monate würden die Anstrengungen der Eltern aufwiegen. „Ich sehe uns hier keineswegs im Beitragsrückstand, vielmehr bin ich der Meinung, dass Sie und die Landesregierung hier im Rückstand gegenüber den Eltern sind“, schreibt Schultz in einem Brief an die Stadt. „Sie loben die Eltern für deren Beitrag während der Pandemie und halten gleichzeitig die Hand auf?“

Schultz erinnert daran, dass sich die Stadt „feiern“ ließ für ihr Entgegenkommen. Im Juni hieß es in einer Pressemitteilung: „Viele Duisburger Familien haben mit der Organisation der Betreuung ihrer Kinder zu Hause dazu beigetragen, dass sich das Infektionsgeschehen derzeit so positiv entwickelt“, lobte darin Oberbürgermeister Sören Link und versprach: Um die Familien vor den Sommerferien finanziell zu entlasten, wird die Stadt Duisburg mit der Beitragsaussetzung für den Offenen Ganztag im Juli erneut in Vorleistung gehen. Diese Schonfrist ist nun verstrichen, Schultz hat Widerspruch eingelegt.

>>KÜNFTIG KOSTET DIE KINDERBETREUUNG WENIGER

  • Bei den Haushaltsberatungen hat sich die Duisburger GroKo darauf verständigt, die Kita-Gebühren um zehn Prozent zu senken und die Gebühren für den Offenen Ganztag in vier Jahren auf null zu reduzieren.
  • Abhängig vom Jahreseinkommen kostet der Offene Ganztag aktuell zwischen 0 und 200 Euro monatlich. Die Betreuung in einer Tagespflege kostet je nach Umfang maximal 555 Euro bei 50 Stunden und einem Jahreseinkommen über 75.000 Euro. 30 Stunden kosten bei einem Einkommen bis 50.000 Euro 148 Euro.
  • In Kitas sind die Kosten abhängig vom Alter, von der Stundenzahl und dem Einkommen. Hier sind für Kinder zwischen zwei und sechs Jahren, die 35 Stunden betreut werden zwischen 48 und 504 Euro zu zahlen.