Duisburg. Soll es eine Impfpflicht für Pflegekräfte geben? Die Frage beschäftigt auch Träger von Altenheimen in Duisburg. Das sagen sie zu täglichen Tests.

Das Seniorenzentrum des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Neumühl muss einen Corona-Ausbruch länger nicht gekannten Ausmaßes in Duisburg verkraften. Außerdem sorgte Ludwig Hoeren, Leiter des Gesundheitsamts in Duisburg, mit Aussagen zu angeblich ungeimpften, infizierten DRK-Mitarbeitern für Aufsehen, die sich aber als falsch erwiesen haben. Hoeren hat sich entschuldigt. Alle DRK-Pflegekräfte in der Neumühler Einrichtung sind durchgeimpft. Doch unabhängig davon beschäftigt die bundesweit geführte Diskussion über eine Impf- und tägliche Testpflicht auch Duisburger Träger von Altenheimen.

Das Evangelische Christophoruswerk, der stadtweit größte Anbieter in der Altenpflege, sagt, dass es in jeder seiner insgesamt acht Einrichtungen „maximal eine Handvoll Pflegekräfte“ gebe, die nicht geimpft sei, so Sprecher Uwe Stoffels. „Sie werden verpflichtend zweimal pro Woche getestet. Dazu kommen dann vereinzelt auch noch Reinigungskräfte, die in den Einrichtungen arbeiten – das war’s.“ Er betont: „Das sind nicht automatisch Impfverweigerer.“

Christophoruswerk in Duisburg: Entscheidung für oder gegen eine Impfung ist immer eine persönliche

Gleichzeitig sei das Christophoruswerk froh, dass sich „so viele Kolleginnen und Kollegen für eine Impfung entschieden haben“, so Stoffels. „Grundsätzlich haben wir aber stets betont, dass die Entscheidung für oder gegen eine Impfung immer eine persönliche ist.“

Zudem kommen die Drittimpfungen in den Einrichtungen durch die Hausärzte nach Angaben des Sprechers voran und es habe in den vergangenen Wochen nur sehr vereinzelt Corona-Fälle gegeben – „immer mit leichtem Verlauf“. Dieses Gefüge von allen Einzelmaßnahmen, Hygiene- sowie Testkonzepten und auch Besucherregeln – überall gilt 3G (geimpft, genesen oder getestet) – funktioniere sehr gut.

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„Übrigens können sich auch die geimpften Pflegekräfte bei uns einmal pro Woche testen lassen“, sagt Stoffels und ergänzt: „Viele nehmen dieses Angebot wahr.“ Bei der Diskussion um eine tägliche Testpflicht sei die Haltung des Christophoruswerks klar: „Wir unterstützen grundsätzlich alles, was der Sicherheit und der Gesunderhaltung von Bewohnern und Mitarbeitenden dient“, sagt der Sprecher.

Diskussion über hohen Personalaufwand und Finanzierung bei täglichen Tests

Allerdings seien „zwei extrem wichtige Fragen“ im Vorfeld zu klären: Wie ist die Finanzierung der Tests geregelt und woher kommt das Personal, das die Tests durchführt? „Wenn so eine Testpflicht kommt, müssten wir allein auf unserem Gelände in Meiderich täglich über 1000 Tests durchführen“, stellt Stoffels klar und fragt: „Wie soll das gehen?“ Mit dem vorhandenen Personal in den Pflegeeinrichtungen sei dies nicht zu leisten, denn es sei mit der normalen Arbeit mehr als ausgelastet.

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„Wer verpflichtende Testungen erwägt, muss auch bei der Durchführung unterstützen – und da muss man sicherlich auch nach kommunalen Lösungen suchen – etwa mit mobilen Testteams, unterstützt von zum Beispiel Fachpersonal aus Feuerwehr, Rotem Kreuz oder Bundeswehr“, so der Sprecher. „Da darf die Politik gerne erfinderisch sein.“

Awocura: Einige Mitarbeiter könnten tägliche Testungen verweigern

Auch Michael Harnischmacher, Geschäftsführer der Awocura mit fünf Seniorenzentren in Duisburg, mahnt den hohen Personalaufwand und die Frage der Finanzierung bei täglichen Tests an. „Ich möchte zudem darauf hinweisen, dass es möglicherweise auf Strecke bei einigen Mitarbeitern zu einer Verweigerung der Testung kommen wird, insbesondere bei den zweit- und drittgeimpften Mitarbeitern.“

Darüber hinaus spricht er sich „weiterhin gegen eine allgemeine Impfpflicht“ für das Pflegepersonal aus. Bei der Awocura sei die Impfquote bei den Pflegekräften mit rund 85 Prozent höher als in der Gesamtbevölkerung.

Ungeimpfte Mitarbeiter: Zwei Corona-Infektionen mit unproblematischem Verlauf

Bei ungeimpften Mitarbeitern habe es außerdem nach seiner Kenntnis bisher zwei unproblematisch verlaufende Infektionen gegeben, unter den rund fünf Prozent nicht geimpften Bewohnern gar keine. Impfdurchbrüche seien bisher zudem nur unter noch nicht drittgeimpften Mitarbeitern zu verzeichnen – zwei Fälle, wobei laut Harnischmacher einer bis Mittwochnachmittag, 10. November, noch nicht per PCR-Test bestätigt war.

Der Awocura-Geschäftsführer stellt klar: „Seit Beginn der Impfungen wurde in keiner Einrichtung das Virus eingetragen.“ Und: Neben etwa 320 Bewohnern (etwa 80 Prozent) in den fünf Duisburger Awocura-Seniorenzentren haben demnach auch schon rund 100 Mitarbeiter (18 Prozent) Booster-Impfungen erhalten. Weitere folgen.

Pflege: „Impfpflicht würde das Berufsbild nicht attraktiver machen“

Unabhängig davon würde eine Impfpflicht laut Harnischmacher das Berufsbild „sicherlich nicht attraktiver machen“. Und dann müsste aus seiner Sicht auch jeder Zutritt beziehungsweise Besuch in einem Pflegeheim mit einem Immunitätsnachweis – 2G, geimpft oder genesen – verbunden sein.

Peter Leuker ist Geschäftsführer der Evangelischen Altenhilfe mit fünf Altenheimen in Duisburg. „Angesichts unserer Impfquote von über 90 Prozent bei insgesamt rund 400 Bewohnern und etwa 300 Mitarbeitern erübrigt sich eigentlich die Diskussion über eine Impfpflicht bei Pflegekräften“, sagt er. „Ich halte so eine Pflicht für bestimmte Berufsgruppen auch für schwierig.“

Es habe zuletzt auch keine Infektionen bei ungeimpften Senioren und Mitarbeitern gegeben. „Einen Impfdurchbruch hatten wir mal vor einigen Wochen bei einem Bewohner, aber mit gutem Verlauf“, so Leuker. Trotzdem hält er tägliche Testungen für sinnvoll. Auch er betont: „Dafür brauchen wir zusätzliches Personal und eine Kostenübernahme.“

Malteser: Diskussion über Impfpflicht noch nicht abgeschlossen

Angesichts der rasant steigenden Inzidenzen befürworten auch die Malteser, die fünf Seniorenzentren in Duisburg betreiben, eine tägliche Testung aller Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtungen – „unabhängig ihres Impfstatus“, so Sprecherin Olga Jabs. „Glücklicherweise hatten wir aber schon seit Monaten keine Corona-Infektionen in unseren Duisburger Pflegeeinrichtungen.“

Unter den Bewohnern betrage die Impfquote je nach Einrichtung 83 bis 98 Prozent, bei den Mitarbeitenden zwischen 67 bis 94 Prozent. Mit der Frage nach einer Impfpflicht fürs Pflegepersonal setzen sich demnach auch die Malteser intensiv auseinander. „Wir wägen dabei zwischen dem Schutz der uns anvertrauten Menschen und dem Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen ab“, so Jabs. „Abgeschlossen ist die Diskussion noch nicht.“

Die Caritas hält es nach eigenen Angaben für „absolut sinnvoll, dass sich das Pflegepersonal zum eigenen Schutz und zum Schutze unserer Bewohnerinnen und Bewohner impfen lässt“, so Sprecherin Larissa Braunöhler. Die Entscheidung für oder gegen eine Impfung müsse aber individuell und frei getroffen werden.

Caritas: In den vergangenen Wochen keine Infektionen bei ungeimpften Mitarbeitern

In den vergangenen Wochen habe es bei ungeimpften Mitarbeitenden oder Bewohnern keine Infektionen in den beiden Altenheimen der Caritas in Duisburg, St. Josef und St. Clemens, gegeben. „Impfdurchbrüche gab es ebenfalls keine“, so Braunöhler.

Die Impfquote liege in beiden Einrichtungen jeweils zwischen 80 und 95 Prozent. Die Drittimpfung im St. Josef sei bereits abgeschlossen, im St. Clemens laufe sie aktuell.

„Wir erleben unsere Altenheime nicht als Corona-Gefahrenorte“

„Wir erleben unsere Altenheime nicht als Corona-Gefahrenorte – gerade, weil wir in den vergangenen anderthalb Jahren viel dazulernen durften und einen angepassten Sicherheitsstandard verfolgen“, sagt die Caritas-Sprecherin. „Eine zusätzliche Sicherheit durch tägliche Schnelltests wäre zweifelsohne begrüßenswert, jedoch ist fraglich, wie das personell geleistet werden soll. Wir bieten in den Altenheimen an drei beziehungsweise vier Tagen in festgesetzten Zeitfenstern mit vorheriger Anmeldung eine Schnelltestung an.“