Duisburg. Eine Duisburgerin (89) muss sich für ihre Auffrischungsimpfung am Impfbus in die Schlange stellen. Welche Probleme Hausärzte beim Boostern haben.
Fachleute und Politiker fordern bundesweit angesichts stetig steigender Corona-Neuinfektionen deutlich mehr Tempo bei den Booster-Impfungen. Die Ständige Impfkommission (Stiko) empfiehlt sie unter anderem für Menschen ab 70 Jahren ab einem Abstand von sechs Monaten zur letzten Spritze. Nach Schließung der Impfzentren sollen auch dabei die niedergelassenen Ärzte die Hauptverantwortung tragen. Deshalb hat sich Ute Herwig aus Duisburg mächtig geärgert, dass ihre fast 89-jährige Mutter bei ihrer Hausärztin aktuell keine Auffrischungsimpfung erhalte.
Sie sei an den Impfbus der Stadt verwiesen worden. „Ich denke nicht, dass er dafür angeschafft wurde, um den Ärzten die Arbeit abzunehmen“, sagt Ute Herwig. Sie habe ihre Mutter am 25. Oktober dann gezwungenermaßen zum Impfbus begleitet, der montags von 12 bis 18 Uhr am Bezirksamt Süd steht. Die betagte Dame habe anderthalb Stunden in der Kälte warten müssen, bevor sie endlich ihre dritte Impfung bekommen habe.
Duisburgerin berichtet: Viele Senioren am Impfbus
„Meine Mutter hatte nur einen Handstock dabei“, sagt Ute Herwig. „Ich bin extra noch nach Hause gefahren, um ihren Rollator zu holen.“ Zum Glück habe die 89-Jährige einen der wenige Stühle am Impfbus ergattern können. Es seien aber auffallend viele ältere Menschen vor Ort gewesen. „Von den schätzungsweisen 30 Leuten, die in der Warteschlange standen, etwa die Hälfte.“
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Stadtsprecher Falk Firlus bestätigt den Eindruck der Duisburgerin auf Nachfrage. So viele Senioren wie am 25. Oktober kommen demnach aber sonst nicht zu den verschiedenen Standorten des Impfbusses. „Da diese mobilen Impfungen ohne vorherige Terminabsprache erfolgen, kann es hier in einigen Fällen zu Wartezeiten kommen, auf die man sich einstellen sollte“, sagt Firlus. „Grundsätzlich wird empfohlen, nicht direkt zu Beginn vor Ort zu erscheinen, sondern sich im Laufe des angebotenen Zeitraums an einem der Standorte einzufinden.“
979 „Booster“ im Oktober an Impfstandorten der Stadt Duisburg
Unter den 6113 Impfungen, die die Stadt vom 4. bis 30. Oktober 2021 an allen Standorten, inklusive der besonders stark frequentierten stationären Impfstelle am Hauptbahnhof und Sonderimpfaktionen, durchgeführt hat, waren laut Firlus 979 „Booster“.
Die Frage, die Ute Herwig in diesem Zusammenhang umtreibt: Wie viele Menschen, die Anspruch auf eine solche Impfung haben, bekommen derzeit aus welchen Gründen keine in den Praxen?
Hausärztin: Derzeit noch zu wenige Patienten für Auffrischungsimpfungen
Die Hausärztin der 89-jährigen Mutter, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte, teilt auf Nachfrage mit, dass sie derzeit noch zu wenige Patienten habe, „die für die Booster-Impfungen in Frage kommen“. Es gehe ihr um eine effiziente Planung, die auch verhindern soll, dass am Ende Impfdosen im Müll landen. Nach den letzten Zweitimpfungen im August habe sie keine Impflinge mehr rekrutieren können und deshalb das Impfen vorerst komplett eingestellt.
Ab 1. Dezember will die Hausärztin aber immer mittwochs Booster-Impfungen anbieten. Für den ersten Termin seien bereits 60 Patienten einbestellt worden. Wer schon jetzt eine Drittimpfung erhalten wolle, werde in der Tat an das Angebot der Stadt, an den Impfbus, verwiesen.
Praxen: Anteil der über 70-Jährigen liegt zwischen 30 und 40 Prozent
In anderen Duisburger Praxen sind die Auffrischungsimpfungen dagegen längst gestartet. Axel Heidböhmer zum Beispiel, Arzt in Rumeln, hatte zuletzt mittwochs in seiner Praxis etwa 20 „Booster“ unter insgesamt 30 Impfungen. In den Praxen liege der Anteil der über 70-Jährigen in der Regel zwischen 30 und 40 Prozent. Da habe Heidböhmer keine Probleme, genügend Leute zusammenzubekommen, zumal er zusätzlich bei Hausbesuchen und in Altenheimen impfe.
Er ist Vorsitzender des Medizinischen Netz Duisburg, einem Zusammenschluss von rund 50 Ärzten. „Die allermeisten bieten aktuell weiter Impfungen, auch Booster-Impfungen, an“, so Heidböhmer. „Es ist aber weiter ein großer organisatorischer Aufwand, weil es leider immer noch keine Einzeldosen gibt. Für eine Ampulle muss ich immer sechs, sieben Leute zusammentrommeln.“
Dies kann Helmut Gudat, Mediziner in Meiderich, bestätigen. Er bietet nach eigenen Angaben in jeder Woche auch Booster-Impfungen an. „Die Patienten warten da maximal zwei bis drei Wochen auf einen Termin“, sagt der Vorsitzende der Duisburger Kreisstelle der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo).
>> KV Nordrhein mit Verlauf der Auffrischungsimpfungen zufrieden
- Die KV Nordrhein bewertet den bisherigen Verlauf der Auffrischungsimpfungen insgesamt im Rheinland „durchaus positiv“. Zuletzt habe es sich bei über 41 Prozent der Impfungen um „Booster“ gehandelt.
- In Duisburg sind bislang insgesamt 11.203 Auffrischungsimpfungen (Stand 31. Oktober) verabreicht worden – ein Plus von 2467 innerhalb von sieben Tagen.