Duisburg. Das Mandelring-Quartett führt in vier Tagen alle 15 Streichquartette von Dmitri Schostakowitsch in Duisburg und Kempen auf. Es beginnt in Grau.

Schon in der Spielzeit 1984/85 erlebte Duisburg ein großes Schostakowitsch-Festival, denn damals stand die ganze Konzertsaison im Zeichen des großen russischen Komponisten. Nun präsentieren Duisburg und das niederrheinische Kempen ein kleines Festival, bei dem das Mandelring-Quartett in vier Tagen alle 15 Streichquartette aufführt.

Den gesamten Schostakowitsch-Zyklus hat das Mandelring-Quartett bereits bei den Salzburger Festspielen, in Madrid und im heimischen Neustadt an der Weinstraße gespielt. Dass Duisburg und Kempen jetzt auch in den Genuss dieses außergewöhnlichen musikalischen Ereignisses kommen, ist noch dem ausgeschiedenen Intendanten Dr. Alfred Wendel zu verdanken.

Spielort in Duisburg ist das Lehmbruck-Museum

Zum Auftakt am Donnerstag im Lehmbruck-Museum erklang das 1. Streichquartett C-Dur. Für Dmitri Schostakowitsch, der es im Jahr 1938 nach bereits fünf Sinfonien vollendete, war die intime Form des Quartetts eine Möglichkeit der Abkehr von den Propaganda-Sinfonien, die ihm die Kommunistische Partei der Sowjetunion abverlangte.

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Im 1. Quartett, das gerade einmal 15 Minuten dauert, scheint der Komponist die Form und das Zusammenspiel der Instrumente noch zu erkunden. Trotz der Tonart C-Dur strahlt die Musik nicht in leuchtenden Farben, sondern ist von Grautönen geprägt.

Alle drei Werke des Abends, an dem auch noch das 2. und das 4. Streichquartett erklingen, meiden in Dynamik und Tempo über weite Strecken die großen Extreme. Es scheint, als habe Schostakowitsch eine ganz private Art von Musik schreiben wollen, die sich darum bemüht, nicht groß aufzufallen. Auch fehlen große emotionale Momente, und die Schlussakkorde verzichten auf jede triumphale und den Applaus fordernde Geste.

Feingefühl für eigenwillige Musik

Das Mandelring-Quartett spielt diese sehr eigenwillige Musik mit großem Feingefühl und legt gleichzeitig darauf Wert, dass die Musik ihre Vielschichtigkeit behält. Im dichten Zusammenspiel des Eröffnungssatzes des 4. Streichquartetts verschmelzen die Einzelstimmen der vier Instrumente zu einem perfekten Gesamtklang.

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In den konzertanten Momenten, von denen das 2. Streichquartett viele zu bieten hat, zeigen die Geschwister Sebastian und Nanette an den Violinen sowie Bernhard Schmidt am Cello gemeinsam mit Andreas Willwohl an der Bratsche aber auch ihr großes solistisches Können.

Ungewöhnlich sind auch die Formen, die Schostakowitsch wählt: Das 4. Quartett besteht aus drei Allegretto-Sätzen und einem Andantino. Das 2. Streichquartett A-Dur beginnt mit einer Ouvertüre, die aber gar nichts opernhaftes an sich hat. Stattdessen erlebt man ein hoch-nervöses Präludium, das dann rhythmisch immer intensiver wird. Der zweite Satz ist mit „Rezitativ und Romanze“ überschrieben, ist aber ganz unromantisch, und die erste Geige ergeht sich in zurückhaltenden Grübeleien. Der Allegro-Walzer des dritten Satzes versteckt sich im mehrstimmigen Zusammenspiel und rauscht in einem Tempo, dahin, dass er gar nicht mehr tanzbar ist.

Ein eindrucksvoller Auftakt

Das Mandelring-Quartett spielt diese expressive Musik, die in diesem Programm die Ausnahme ist, furios. Der finale Variationssatz verdämmert dann aber ganz unspektakulär mit einer zarten Cello-Melodie, die von gezupften Klängen der anderen Streicher begleitet wird.

Das Publikum im Lehmbruck-Museum spendet starken Beifall für diesen eindrucksvollen Auftakt des viertägigen Konzertzyklus, bei dem man sich auf eine intensive Begegnung mit einem der spannendsten Komponisten des 20. Jahrhundert freuen darf.

>>Das Mandelring-Quartett leitet ein eigenes Festival

  • Seit 1997 leitet das Mandelring Quartett ein eigenes Festival in seiner rheinland-pfälzischen Heimatstadt Neustadt an der Weinstraße: Das „Hambacher Musikfest“ hat sich in fast 25 Jahren zu einem beliebten Treffpunkt für Kammermusik-Inter­essierte aus aller Welt entwickelt.
  • Die weiteren Konzerte des Schostakowitsch-Zyklus sind am Samstag, 6. November, um 19.30 Uhr im Lehmbruck-Museum sowie am Sonntag, 7. November, um 11 Uhr in Kempen im Kulturforum Franziskaner und um 17 Uhr im Lehmbruck-Museum.