Duisburg. Der Kinder- und Jugendförderplan legt die Schwerpunkte der Arbeit bis 2025 fest. Ranking zeigt, in welchen Stadtteilen der Schuh drückt.

Der Kinder- und Jugendförderplan 2020 bis 2025 ist schlanke 173 Seiten dick und legt umfangreich Zeugnis ab über das, was in Duisburg schon geht, wo es hakt und welche Pläne es gibt. Erst vor wenigen Wochen wurde er im Rat der Stadt einstimmig genehmigt, er beeinflusst die Lebenswelt von 72.000 Kindern und Jugendlichen zwischen 6 und 20 Jahren.

Die Werkschau ist auch eine Fleißarbeit, die das Land fordert, bevor es Fördermittel ausschüttet. Unter dem Titel Chancengleichheit geht es um Aufgaben wie Gewaltprävention, Kinderschutz, Inklusion oder Gender Diversity, aber auch um mobile Sozialarbeit, die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule sowie Jugendkultur.

Jugendförderplan benennt Negativranking für die Stadtteile von Duisburg

Und schließlich benennt eine Analyse, wo in welcher Ecke von Duisburg der Schuh drückt. Keine Überraschung: Hochfeld, Marxloh und Beeck führen das Negativ-Ranking an, Huckingen und Baerl bilden hier die Positiv-Schlusslichter.

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Im Vergleich zu 2015 hat sich die Situation demnach in Rheinhausen-Mitte vor allem im sozialen Bereich für die Kinder verschlechtert, was im Ranking einen Sprung von Platz 20 auf Platz 5 bedeutet. Berücksichtigt wurden bei der Analyse unter anderem die Häufigkeit von Vorsorgeuntersuchungen, Übergewicht, Kriminalitätsrate und Arbeitslosenquote.

Jugendamt will Jugend-Kriminalität entgegenwirken

Kann das Jugendamt beim Thema Jugend-Kriminalität und Jugend-Arbeitslosigkeit gegensteuern? „Ja, können wir“, sagt Jugendamtsleiter Hinrich Köpcke zuversichtlich. Es gebe viele Programme und Projekte, die darauf abzielen, „Kindern und Jugendlichen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft gute Entwicklungschancen zu bieten. Die Angebote in den Jugendzentren „unterstützen Biografien, das ist wertvolle Arbeit.“

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Zuletzt sei in Meiderich und Stadtmitte das Angebot für die offene Kinder- und Jugendarbeit ausgedehnt worden, weil sich die demografische und soziale Struktur entsprechend entwickelt hatte. Grundsätzlich lege das Jugendamt Wert auf eine flächendeckende Versorgung, „die Probleme sind nicht von den sozialen Verhältnissen abhängig, Mobbing zum Beispiel kann jeden treffen“, verdeutlicht Köpcke. Aber natürlich habe man „ein starkes Augenmerk auf Kinder mit hohem Bedarf“.

Qualitätszirkel entwickelt den Plan weiter

Dem Jugendamtsleiter ist wichtig, dass der Kinder- und Jugendförderplan „nicht am grünen Tisch“ entstanden ist, sondern unter Beteiligung der Freien Träger und des Jugendrings. Und er ist kein finaler Arbeitsauftrag, sondern durch Qualitätszirkel jedes Jahr Veränderungen durch aktuelle Entwicklungen unterworfen. Seine Basis ist die neu gestaltete Jugendarbeit, die mit dem letzten Kinder- und Jugendförderplan umgesetzt wurde.

Der Duisburger Jugendamtsleiter Hinrich Köpcke.
Der Duisburger Jugendamtsleiter Hinrich Köpcke. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Die Kostenseite ist nicht so einfach aufzudröseln. 8,5 Millionen Euro fließen jährlich aus städtischen Mitteln in die Arbeit, in Streetwork, Stadtranderholung, Jugendsozialarbeit. Hinzu kommen neben anderen Landesmitteln allein aus dem Aufholprogramm nach Corona 1,1 Millionen Euro in diesem und über 2,3 Millionen Euro im nächsten Jahr. Obendrauf kommen die Mittel der Träger, die Anteile an Sach- und Personalkosten, „das ist sehr vielfältig“, sagt Köpcke.

Sensibel auf die Phase der geschlechtlichen Orientierung eingehen

Angesichts der Vielzahl zugewanderter Kinder und Jugendlicher könnte man denken, dass Integration ein Kern-Thema ist. „Aus Jugendsicht ist das aber gar nicht so schwer“, sagt Köpcke. Die Shell-Studie habe ein offenes Verhältnis zu Zugewanderten ermittelt, auch Freundschaften würden unter Kindern schnell geschlossen.

Auch der Gesetzgeber hat andere Schwerpunkte erkannt und fordert Angebote zum großen Themengebiet LGBTIQ – die Abkürzung steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans, Inter, Queer, – um Jugendlichen in ihrer Findungsphase und insbesondere bei der geschlechtlichen Orientierung mit erhöhter Sensibilität und Offenheit zu begegnen.

Nach dem Juzo Hochheide im Oktober konnte mit der Mühle Friemersheim gerade das zweite Jugendzentrum in Duisburg zertifiziert werden, es ist „Gerne anders“ und soll ein Ort für sensible Fragen zur Selbstfindung sein. Andere Häuser sollen folgen.

55 Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche in Duisburg

Stolz sind Köpcke und seine Sachgebietsleiterin Katrin Bade, dass die offene Jugendarbeit 8 Prozent der Jugendlichen in Duisburg erreicht, deutschlandweit liege der Schnitt bei 5 Prozent.

Die Zahlen sind deshalb nicht höher, weil es viele weitere Angebote gibt, etwa in Sportvereinen oder im Bereich Kultur. In ganz Duisburg gibt es 55 offizielle Orte für Kinder, vom Jugendzentrum bis zum Bauspielplatz. „Die Häuser sind voll!“, sagt Bade, „und eine hochwertige Anlaufstelle“. Hinzu komme die aufsuchende Jugendarbeit, etwa mit dem Spielmobil, „die erreichen genau die Zielgruppe“, sagt Köpcke. Auch sprachlich gebe es wenige Grenzen, „wir profitieren von der Multikulturalität der Stadtverwaltung“, ergänzt Bade.

Die Kunst bestehe für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darin, den Moment abzupassen, in dem die Kinder offen sind für ein Gespräch. Die Jugendzentren seien dafür ein idealer Ort, sie werden genutzt zum abhängen und chillen, aber auch zum mitgestalten und partizipieren. „Nur die Shisha wird es da nicht geben“, betont Bade.

„Wir betreiben keine Mangelverwaltung!“

Wenn man die Jugendamts-Experten nach ihren Wünschen fragt, werden sie sehr diplomatisch. „Wir betreiben keine Mangelverwaltung“, sagt Köpcke, „wir sind als Stadt sehr gut aufgestellt, sind vielfältig, haben ein gutes Netzwerk und reagieren auf neue Bedarfe“. Das sei eine Stärke von Duisburg, „ich bin optimistisch“, sagt Köpcke.

Bildungsgerechtigkeit und Teilhabe seien absolute Zukunftsthemen, auch die Inklusion rücke in den Vordergrund, daran werde gearbeitet. So wolle man Eltern behinderter Kinder perspektivisch mit Verfahrenslotsen helfen.

Und dann kommt doch noch ein Wunsch: Der nach einer Verstetigung von Fördermitteln. Aktuell müssen die Zuwendungen des Landes immer neu beantragt werden. Die Einrichtungen bräuchten jedoch mehr Rückhalt.

AKTUELLE VORHABEN DER JUGENDFÖRDERUNG

  • Es soll mehr medienpädagogische Angebote geben. Den Jugendlichen sollen Kompetenzen vermittelt werden bei der Differenzierung von Quellen, bei der Interpretation von Nachrichten.
  • Die Fachstelle Gewalt-Prävention soll mit einer zusätzlichen Stelle verstärkt werden, um weitere Angebote machen zu können.
  • Eine Jugendbotschaft soll für mehr politische Teilhabe und demokratische Bildung sorgen. Außerdem soll das Fanprojekt gemeinsam mit dem DFB weiter verstetigt werden.
  • Für den nächsten Kinder- und Jugendförderplan ist im Vorfeld eine Jugend-Befragung geplant.