Duisburg-Obermeiderich. Ein Duisburger ist überzeugt: Der Konzern LEG bewertet seine Wohnlage an einem Bahndamm völlig falsch, und kassiert seit Jahren zu viel Miete.

Die kleine Siedlung an der Wildmundstaße ist seit gut zwölf Jahren das Zuhause von Pascal R. In Obermeiderich lebt er gerne, doch er liegt schon jahrelang mit seiner Vermieterin, der LEG, im Clinch. Der 32-Jährige ist davon überzeugt, dass ihn der Wohnungskonzern bei der Miete abzockt. Der Zankapfel zwischen den beiden ist die Wohnlage der Zweieinhalbzimmerwohnung. Der Konzern setzt bei der Berechnung eine normale Lage an. Das hält Herr R. für unangebracht und zu gut bewertet – und folglich die Monatsmiete, die die LEG kassiert, für zu hoch.

„Das ist hier keine normale Wohnlage“, betont Pascal R., „meine komplette Wohnung geht nach hinten raus, direkt zum Bahndamm“. Der sei keine 100 Meter entfernt, und die Bäume davor kein wirkungsvoller Lärmschutz. „Der Schall der Güterzüge knallt direkt gegen meine Häuserwand.“ Fast jede gute Viertelstunde rausche ein Zug vorbei, oft bis ein Uhr morgens. „Wenn der Zug beladen ist, ruckelt’s in der Wohnung.“ Hinzu komme eine oft laute Recyclingfirma jenseits der Bahntrasse.

Eine Bahntrasse für Güterzüge verläuft sehr nah an der kleinen LEG-Wohnsiedlung in Duisburg-Obermeiderich.
Eine Bahntrasse für Güterzüge verläuft sehr nah an der kleinen LEG-Wohnsiedlung in Duisburg-Obermeiderich. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Zwar helfen inzwischen schallisolierende Fenster, „aber die Fenster können ja nicht immer zu sein“. Insbesondere nicht in Sommernächten. Zudem ärgert sich Herr R., dass die LEG diese Fenster nicht als Maßnahme zur Beseitigung eines Mietmangels behandelte, sondern als Modernisierungsmaßnahme und deshalb die Kosten anteilig auf die Hausbewohner umlegte.

Duisburger vermutet tausende Euro Schaden durch Mietabzocke

Natürlich helfen ihm die Fenster überhaupt nichts, wenn er seinen Balkon nutzen will. Viel zu laut sei es darauf, um dort entspannt sitzen zu können. Ohnehin sieht er den Balkon als Bestandteil der mutmaßlichen Mietabzocke durch die LEG. Sie rechnet ihrem Mieter die Hälfte der Quadratmeter als unbeheizte Fläche auf die Monatsmiete an. Dabei dürfe sie nur noch ein Viertel berechnen, so Roeb, weil er nach 2004 eingezogen sei. Das habe er durch rechtliche Beratung erfahren.

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Zwar mache der falsch abgerechnete Balkon im Monat nur rund sechs Euro mehr aus, hat der Obermeidericher ausgerechnet, doch auf die zwölf Jahre gesehen komme schon einiges zusammen. Umso gewichtiger sind für ihn die derzeit rund 43 Euro monatlich, die die LEG wegen einer angeblich normalen Wohnlage zusätzlich kassiert – zehn Prozent mehr als bei einer einfachen Wohnlage. Das sind, allein bei Herrn R., fast 6000 Euro seit seinem Einzug, betreffe aber außer ihm schätzungsweise circa 50 weitere Wohnungen in der Nachbarschaft.

Der Konzern LEG verweist auf die geltende Gesetzeslage

Die LEG orientiere sich bei den Mieten und deren Erhöhungen an der geltenden Gesetzeslage, teilt hingegen der Konzern auf Nachfrage mit. „Die LEG-Mieten orientieren sich am lokalen Marktumfeld, berücksichtigen aber auch die jeweiligen Ausstattungsstandards der Wohnungen“, so Unternehmenssprecher Mischa Lenz. Zudem weist er den Vorwurf zurück, in der Obermeidericher Siedlung eine zu gute Wohnlage anzunehmen.

Der Konzern LEG nimmt für die Siedlung an der Wildmundstraße eine normale Wohnlage an und berechnet die Mieten entsprechend.
Der Konzern LEG nimmt für die Siedlung an der Wildmundstraße eine normale Wohnlage an und berechnet die Mieten entsprechend. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Der Duisburger Mietspiegel besage, „dass sich eine normale Wohnlage insbesondere durch keine außergewöhnlichen Beeinträchtigungen von Lärm oder Geruch auszeichnet“. Daher nutze die LEG auch die Lärmkarte des Landesumweltministeriums (www.umgebungslaerm-kartierung.nrw.de) „als probates und [für die Einordnung der Miete] branchenübliches Mittel“. Die Lärmkarte zeige, dass die Wildmundstraße „als eher geräuscharm eingestuft wird“. Das stimmt jedoch nur für Straßenlärm. Dann beträgt der Lärmpegel laut Lärmkarte zwischen 55 bis einschließlich 60 Dezibel. Dagegen beträgt der Schienenlärm zwischen 65 bis einschließlich 70 Dezibel und in dem Fall ist der Standort von Roebs Wohnung bereits rot markiert.

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Dennoch teilt Lenz mit: „Die Lärmkarte, die aufgelockerte Bebauung sowie einige Grünflächen in naher Umgebung zum Mietobjekt bestätigen die Eingruppierung in eine normale Wohnlage.“

Ein Richter soll den Mietstreit entscheiden

Was den Balkon anbelangt, hat die LEG während der Recherchen unserer Redaktion ihrem Mieter einen Vororttermin angeboten, um die genaue Fläche gemeinsam zu vermessen. Das lehnt Roeb jedoch ab. Nach jahrelangem Clinch habe die LEG einfach zu viele Chancen auf eine Einigung ungenutzt verstreichen lassen.

Der Obermeidericher hat sich einen Anwalt genommen und will mithilfe eines künftigen Gutachtens ein Gericht über die korrekte Wohnlage und die angemessene Miethöhe entscheiden lassen. „Ich bin stolz auf meine Beharrlichkeit. Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt“, sagt Pascal R. und hofft vor Gericht auf einen Sieg.