Duisburg. Die Duisburgerin Bärbel Bas soll neue Bundestagspräsidentin werden. Es wäre der Höhepunkt des stetigen Aufstiegs der 53-Jährigen. Ein Porträt.
Wenn es eine Choreographie für das Bild der neuen SPD-Bundestagsfraktion mit dem Kanzlerkandidaten gab, ist die Nominierung von Bärbel Bas als Bundestagspräsidentin keine so große Überraschung. Die Duisburgerin mit dem roten Jackett stand da schon in der ersten Reihe neben Olaf Scholz.
Dabei wurde der Aufstieg ins zweithöchste Amt des Staates der 53-Jährigen nicht an der Wiege gesungen. Bas ist eine klassische Bildungsaufsteigerin: Mit fünf Geschwistern aufgewachsen in Walsum im äußersten Duisburger Norden, lernte sie nach dem Hauptschulabschluss zunächst Schweißen und Feilen auf einer Berufsfachschule, dann Bürogehilfin bei der Duisburger Verkehrsgesellschaft, in deren Krankenkasse sie danach eine weitere Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten absolvierte. Es folgten Fortbildungen zur Krankenkassen-Betriebswirtin und Personalmanagement-Ökonomin. Bevor sie 2009 erstmals in den Bundestag einzog, leitete sie den Personalservice der Betriebskrankenkasse.
Bärbel Bas: In Duisburg beliebt, bundesweit noch nicht so bekannt
Parallel und gleichermaßen beharrlich verlief ihr Aufstieg in der SPD, der sie seit 1988 angehört: Juso-Unterbezirksvorsitzende (1990 bis ‘98), Stellvertretende Vorsitzende im Unterbezirk (ab 2008), Mitglied im Sprecherkreis der Ruhr-SPD (2009 bis 2018) und Vorsitzende des Landesparteirats (seit 2010). Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion wurde sie 2013, Vizevorsitzende der Fraktion ist Bas seit September 2019. Die SPD vertrat sie zuletzt im Gesundheits-, Petitions- und Vermittlungsausschuss.
Dass sie ihr Direktmandat im Duisburger Stadtsüden viermal souverän mit deutlich mehr Erststimmen als SPD-Zweitstimmen holte, belegt die Beliebtheit und den Respekt, den sei bei den Bürgern genießt. Bärbel Bas ist präsent, nahbar und uneitel – Qualitäten, die Wähler und auch politische Mitbewerber honorieren.
Arbeit in der Gesundheitspolitik im Schatten von Karl Lauterbach
Ihr öffentlicher Bekanntheitsgrad ist bundesweit bislang überschaubar. Präsent ist sie vor allem in der parlamentarischen Arbeit. Allein 15 Mal trat sie zu Corona-Themen ans Rednerpult des Reichstages. Als SPD-Gesundheitsfachfrau stand sie aber stets im Schatten ihres scheinbar allgegenwärtigen Genossen Karl Lauterbach. Auf ihn richteten sich Scheinwerfer und Kameras, der Professor saß in TV-Talkrunden, während sich die Duisburgerin die Nächte in Abstimmungsrunden über Gesetzestexte um die Ohren schlug.
Es passt zum Naturell von Bärbel Bas, dass sie diese Aufgabenteilung ohne Groll und Neid akzeptiert. „Diese Medienpräsenz würde ich bei meiner Arbeit gar nicht schaffen“, sagte sie dieser Zeitung unlängst. Es gebe keinen Streit, keine Konkurrenz zu Lauterbach: „Im Gegenteil. Manchmal bin ich ihm sogar dankbar.“
Schicksalsschlag im September 2020
So mag die Nominierung für das Spitzenamt auch ein Stückweit Anerkennung für die harte politische Kärrnerarbeit in der Pandemie sein. Für die Sozialdemokratin war das in den vergangenen zwölf Monaten keine Selbstverständlichkeit. Im September 2020 musste Bärbel Bas den plötzlichen Tod ihres Ehemannes Siegfried Ambrosius verkraften. Nur ein, zwei Sitzungswochen verpasste sie entschuldigt, dann verdrängte sie ihre tiefe Trauer durch Arbeit. „Berlin ist eine andere Welt“, sagte sie kurz vor der Wahl, „mir hat die Ablenkung geholfen.“