Duisburg. Einige Ärzte in Duisburg impfen derzeit keine Kinder zum Schutz vor Corona. Warum es dafür nicht nur organisatorische Gründe gibt.
Der Hilferuf einer Mutter via Facebook lässt aufhorchen. Ihre Kinderärztin impfe nicht gegen Corona. Ob jemand Alternativen nennen könnte. Antworten und Tipps hat es daraufhin gegeben. Doch warum bieten manche Ärzte in Duisburg trotz einer Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) für Kinder ab zwölf Jahren keine entsprechenden Corona-Schutzimpfungen an?
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Dr. Ralf Kownatzki ist in Duisburg sehr gut vernetzt und hat erst kürzlich noch an einem der regelmäßigen Treffen von Kinderärzten mit Vertretern des Gesundheitsamts und Klinikchefs teilgenommen. Es handelt sich bei diesem so genannten Qualitätszirkel um einen fachlichen Austausch einmal im Quartal, bei dem auch über das Thema Impfen gesprochen wird.
Corona: „Es gibt unter Duisburger Kinderärzten keine Impfverweigerer“
Kownatzki stellt klar: „Es gibt unter Duisburger Kinderärzten keine Impfverweigerer.“ Er selbst impfe selbstverständlich auch Kinder in seiner Praxis in Hamborn. „Wir können uns hier mit mehreren Ärzten gut aufteilen“, so Kownatzki. „Diesen Vorteil haben aber nicht alle. Es kann deshalb sein, dass manche schlicht aus organisatorischen Gründen nicht impfen.“
Eine Mitarbeiterin von Dr. Liliana-Simona Pohl kann dies bestätigen. Es handelt sich um die Kinderärztin, bei der die eingangs erwähnte Mutter ins Leere gelaufen ist. Die Praxis im Dellviertel habe bisher noch gar keine Corona-Schutzimpfungen für Kinder anbieten können, weil dies zeitlich einfach nicht möglich sei. „Dazu gehören ja auch ausführliche Besprechungen mit den Eltern“, so die Mitarbeiterin. „Das passt leider nicht.“ Und aktuell sei die Praxis ohnehin aufgrund zahlreicher Atemwegsinfekte voll.
Trotz Stiko-Empfehlung: Arzt in Friemersheim impft keine Kinder
Dr. Olaf Nedden ist kein Kinderarzt. Der Allgemeinmediziner mit Praxis in Friemersheim bekommt aber trotzdem Anfragen, ob er nicht zum Beispiel Zwölfjährige gegen Corona impfen könne. Das lehne er ab – und zwar nicht aus organisatorisch-zeitlichen Gründen, sondern aus persönlicher Überzeugung. „Die Stiko hat ihre Entscheidung aus meiner Sicht nicht aufgrund einer gesundheitlichen, sondern einer psychosozialen Indikation ausgesprochen. Da spielt gesellschaftlicher, aber auch politischer Druck eine Rolle“, so Nedden.
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Auf der Internetseite des Robert-Koch-Instituts (RKI) heißt es dazu mit Stand vom 17. September 2021 wortwörtlich: „Die Empfehlung zielt in erster Linie auf den direkten Schutz der geimpften Kinder und Jugendlichen vor COVID-19 und den damit assoziierten psychosozialen Folgeerscheinungen ab. Unverändert soll die Impfung nach ärztlicher Aufklärung zum Nutzen und Risiko erfolgen. Die Stiko spricht sich ausdrücklich dagegen aus, dass bei Kindern und Jugendlichen eine Impfung zur Voraussetzung sozialer Teilhabe gemacht wird.“
Das RKI verweist zudem auf mathematische Modellierungen, die die Delta-Variante berücksichtigen und demnach ergeben haben, „dass für Kinder und Jugendliche ein deutlich höheres Risiko für eine SARS-CoV-2-Infektion in einer möglichen vierten Infektionswelle besteht“. Zwar erkrankten Kinder und Jugendliche ohne Vorerkrankungen meistens milde und Todesfälle seien eine absolute Seltenheit, in Einzelfällen könne es jedoch in Folge von COVID-19 zu schwerwiegenden Folgen kommen, deren Langzeitprognosen nicht endgültig bekannt seien.
Stiko: Vorteile einer Impfung von Kindern überwiegen
Nach sorgfältiger Bewertung komme die Stiko deshalb zu der Einschätzung, „dass nach gegenwärtigem Wissenstand“ die Vorteile der Impfung gegenüber dem Risiko von sehr seltenen Impfnebenwirkungen wie Herzmuskelentzündungen (ca. 1:16.000), vor allem bei jungen männlichen Geimpften, überwiegen.
Für Olaf Nedden zumindest sind die Zwölf- bis 15-Jährigen keine Zielgruppe für das Virus. „Ich impfe deshalb erst Jugendliche ab 16. Ich weiß, dass man das anders sehen kann und verweise deshalb bei entsprechenden Anfragen an den Kinderarzt, der dann jeweils entscheiden soll.“
>> Impfzulassung für Kinder ab fünf Jahren bis Jahresende erwartet
- Für Kinder unter zwölf Jahren stehen nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) eine Zulassung und eine Beurteilung der Stiko von entsprechenden Impfstoffen noch aus.
- Kinderärzte in Duisburg wie Dr. Ralf Kownatzki erwarten grünes Licht bis Ende 2021.