Duisburg. Eine berühmte Skulptur von Wilhelm Lehmbruck ist an den Duisburger Kaiserberg zurückgekehrt. Die Idee dazu ist auf einem Spaziergang entstanden.
Der „Sitzende Jüngling“ ist wieder da, wo er hingehört. Die Skulptur von Wilhelm Lehmbruck ist auf den Ehrenfriedhof am Kaiserberg zurückgekehrt. Jetzt wurde der Jüngling feierlich enthüllt. Er sitzt und denkt nun auf dem großen Grabfeld, angelegt für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs – als Mahnmal gegen den Krieg.
„Ich wollte ein Zeichen setzen“, sagt Michael Rademacher-Dubbick. Der Beiratsvorsitzende und Gesellschafter der Firma Ludwig Krohne ist maßgeblich an der Rückkehr des Sitzenden Jünglings beteiligt. Der Duisburger wohnt am Kaiserberg, geht beinahe täglich dort spazieren, auch auf dem Ehrenfriedhof. Vor rund drei Jahren, so erzählt er jetzt bei der Enthüllungsfeier am Mittwoch, kam ihm der Gedanke, dass die Lehmbruck-Skulptur wieder an den historischen Ort zurückkehren sollte.
Lehmbrucks Figur entsprach nicht den Wünschen des Duisburger Kulturdezernenten
Genau für diesen Ort hatte der Künstler Wilhelm Lehmbruck die Plastik 1916, also während des Ersten Weltkriegs, geschaffen – als Mahnmal gegen die verheerenden Leiden des Krieges. Doch zunächst entsprach die Figur des in sich gekehrten, verletzlich wirkenden Jünglings so gar nicht dem Zeitgeist und den Wünschen des damaligen Kulturdezernenten. Dieser stellte sich einen heroischen Krieger vor, mit Schwert und entschlossenem Gesichtsausdruck.
So einen wie „Siegfried“, die Figur von Bildhauer Hubert Netzer, die dann als erstes auf dem Ehrenfriedhof aufgestellt wurde. Auf diesem Friedhof, der bereits 1914 zum Gedenken an die Gefallenen angelegt worden war, steht Siegfried immer noch, nur ein paar Meter von Lehmbrucks Werk entfernt. Der Jüngling, ein schmaler, junger Mann, dessen nach unten geneigtes Gesicht man nicht erkennt, kam erst 1922 auf den Ehrenfriedhof, wurde während des Zweiten Weltkriegs beschädigt und verschwand.
Duisburg will einen Gegenpol zu Siegfried setzen
Heutzutage will man mit dem Sitzenden Jüngling bewusst einen Gegenpol zur Figur des Siegfrieds setzen. Politik, Kulturdezernat und Lehmbruck-Museum unterstützten den Plan von Michael Rademacher-Dubbick, die Skulptur wieder am historischen Platz aufzustellen. Die Firma Krohne stellte durch eine großzügige Spende die Realisierung weitgehend sicher. Auch die drei Rotary Clubs der Stadt – RC Duisburg, RC Rhein-Ruhr und RC Alte Abtei – beteiligten sich.
Nachdem die Familie Lehmbruck ihr Einverständnis erklärt hatte, konnte man mit der Planung beginnen. Die Kunstgießerei Schmäke, die schon den Bronzeabguss des Sitzenden Jünglings im Lehmbruck-Museum angefertigt hat, übernahm auch dieses Mal die Ausführung des Gusses.
Leiterin des Lehmbruck-Museums nennt den Jüngling einen Helden der Menschlichkeit
Oberbürgermeister Sören Link nennt die Figur bei der regenreichen Begrüßung der versammelten Gäste aus der Duisburger Gesellschaft „ein Mahnmal für den Frieden“. Den Tag, an dem die Skulptur auf den Ehrenfriedhof zurückkehrt, nennt das Stadtoberhaupt einen bedeutenden Tag für Duisburg.
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Die Figur des Jünglings ist in der Fachliteratur auch als „Der Gebeugte“ oder „Der Denker“ bekannt. „Die Kraft des Geistigen, die Fähigkeit des Menschen zu denken, bewahrt uns, so die Hoffnung, vor künftigen Kriegen“, sagt Dr. Söke Dinkla, die Leiterin des Lehmbruck-Museums. Für sie ist der „Sitzende Jüngling“ ein „Held der Menschlichkeit“.
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Seit 1964 ist im Lehmbruck-Museum ein Bronzeabguss zu sehen. Doch es lohnt, den Sitzenden Jüngling am Ort seiner Bestimmung zu besuchen, sich dafür einen schönen Herbsttag auszusuchen und sich bei einem Spaziergang im Duisburger Stadtwald den Ehrenfriedhof und dort Lehmbrucks wunderbare Skulptur in aller Ruhe anzuschauen.
>>> Das Original wurde bei einem Fliegerangriff stark beschädigt
• Im November 1922 stellte die Stadt den Sitzenden Jüngling, die letzte Großskulptur des Duisburger Künstlers Wilhelm Lehmbruck, erstmals auf dem Ehrenfriedhof am Kaiserberg auf.
• 1944 wurde die Skulptur, die vom nationalsozialistischen Regime als entartet diffamiert wurde, bei einem Fliegerangriff durch Bombensplitter beschädigt. Da sie jedoch in ihrer Substanz voll erhalten geblieben war, konnte sie nach dem Kriegsende restauriert werden.
• Der Ehrenfriedhof im nördlichen Teil des Duisburger Waldes wurde im Dezember 1914, also bereits im ersten Jahr des Ersten Weltkriegs, durch den damaligen Oberbürgermeister Dr. Karl Jarres eingeweiht. Mehr als 800 Soldaten, gebürtige Duisburger oder junge Männer, die in Duisburger Lazaretten starben, sind hier begraben.