Duisburg-Duissern. Viele Jahre war die Skulptur „Sitzender Jüngling“ von Lehmbruck verschwunden. Um die Plastik auf dem Duisburger Kaiserberg ranken sich Gerüchte.
Der „Sitzende Jüngling“ kehrt zurück zum Kaiserberg. Die Bronze von Wilhelm Lehmbruck wurde 1922 gegossen und hat dort viele Jahre gestanden. Danach war der Platz verwaist. Nun gibt es ein neues Exemplar, das bald auf dem Ehrenfriedhof zu sehen sein wird. Wer nun dafür gesorgt hat, dass es dazu kommt, darüber gibt es unterschiedliche Schilderungen.
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Während seines Exils in den Jahren 1916/1917 in Zürich, schuf der Künstler die Skulptur. Diese wurde laut Bestandskatalog des Museums zu Lehmbrucks Lebzeiten auch als „Der Gebeugte“, „Denker“ oder „Freund“ bezeichnet. Die schmale, gebrochene Figur wirkt, als ob sie in sich selbst hineinlauscht. Nach dem „Gestürzten“ ist es das zweite wichtige Werk Lehmbrucks, das während des Ersten Weltkriegs von ihm entstand.
Skulptur soll ein „demokratischer Gegenpol“ zum Siegfried auf dem Duisburger Kaiserberg sein
1922 wurde die Plastik schließlich auf dem Ehrenfriedhof auf dem Kaiserberg aufgebaut und sollte ein „demokratischer Gegenpol“ zur Siegfried-Statue sein. Der Friedhof wurde bereits 1914 nach einem Ratsbeschluss der Stadt Duisburg angelegt und sollte ursprünglich Platz für 104 Gefallene bieten – allerdings musste er 829 Gräber erweitert werden.
Bis heute ist nicht geklärt, was mit dem „Sitzenden Jüngling“ passierte. So kursieren Behauptungen, das Kunstwerk sei 1937 als „entartet“ entfernt worden. Dann heißt es, die Plastik sei bei einem Luftangriff kurz vor Kriegsende beschädigt und deshalb entfernt worden. Im Lehmbruck-Museum kann ein Bronzeabguss besichtigt werden.
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Am Ende hat der Erfolg immer viele Mütter und Väter: Schon 2014 hatte die Partei „Die Linke“ einen Antrag gestellt, dass der Jüngling wieder aufgestellt wird. Für dieses Ansinnen bekamen die Linken sogar die Unterstützung der anderen Fraktionen. In der jüngsten Sitzung hakten sie nun nach, was denn aus der Idee geworden sei. Alle Parteien bekräftigten noch, dass sie dies mit Blick auf die Internationale Gartenschau 2027, begrüßen würden.
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Die Initiative soll laut Andreas Benedict, Sprecher des Lehmbruck Museums, allerdings von der Kulturdezernentin Astrid Neese, Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla, Thomas Krützberg, Sprecher des IMD und Michael Rademacher-Dubbick, Beiratsvorsitzender/Gesellschafter der Ludwig KROHNE GmbH ausgegangen sein. Begleitet, so Benedict, wurde der Plan von den drei Duisburger Rotary Clubs. „Diese haben das Projekt sehr gerne ideell und finanziell unterstützt und sehen in der Skulptur und ihrer Wiederaufstellung eines ihrer zentralen Ziele verwirklicht, der Völkerverständigung und dem Frieden zu dienen.“ Zu den Kosten will das Lehmbruck Museum keine Angaben machen.
Michael Dubielczyk von den Linken sieht sich dennoch als treibende Kraft: „Wir sind sehr erfreut, dass wir nach über sechsjähriger Arbeit vor Ort und in der BV Mitte an diesem Projekt auch unseren Oberbürgermeister überzeugen konnten, dass mit der Installation des sitzenden Jünglings eine Gegenfigur zur bestehenden Siegfried-Statue errichtet wird.“
Dr. Söke Dinkla erklärt auf Nachfrage unserer Zeitung: „Es erfüllt mich mit großer Freude, dass dieses Schlüsselwerk Lehmbrucks als Gegenmodell zur heroischen Figur des kriegerischen Mannes nun wieder an dem für ihn vorgesehenen Ort aufgestellt wird. Die Figur führt uns die grundsätzliche Verletzlichkeit des Menschen eindringlich vor Augen.“
>> Diskussion geht schon seit Jahren
Bereits in den 1980er-Jahren hat die Friedensbewegung mit Unterstützung der SPD und der Grünen gefordert, den Sitzenden Jüngling zurück auf den Kaiserberg zu bringen.
In der Vergangenheit haben sich auch „Mercators Nachbarn“ mit dem Siegfried befasst. Jonas Krüning hat die Bedeutung des Siegfried-Denkmals anhand der Besucher an Volkstrauertagen – die zu Ehren der gefallenen Soldaten im Ersten Weltkrieg gehalten wurden – analysiert. 1926 versammelten sich vor der Statue etwa Vertreter der Deutschen Volkspartei und des Stahlhelms – zwei Gruppierungen, die rechtskonservative bis rechtsextreme Ansichten vertraten und bei der Gedenkfeier von „Nacheiferung“ sprachen. Auch die Nationalsozialisten missbrauchten 1934 die Siegfried-Figur, um ihr rassistisches Regime mit Mythen und Sagen vom angeblichen Heldentum der Deutschen zu propagieren.