Duisburg. Beim Neustart im Pulp hatten viele Besucher keinen gültigen Corona-Test dabei. Im Old Daddy galt bei Duisburgs ersten Partynacht die 2G-Regel.

Das Plakat im Treppenabgang des Old Daddy lädt ein zur David Bowie- und Queen-Party: Tanzen zu den Hits der 70er und 80er. Die Party am 14. März 2020 hat nie stattgefunden. Anderthalb Jahre blieb der legendäre Club an der Steinschen Gasse wegen der Pandemie geschlossen – bis zum Samstagabend. Im Pulp freuten sich die Gäste schon am Freitag, endlich wieder tanzen zu können: Viele Besucher bekamen aber keinen Einlass, weil sie keinen gültigen Immunitäts- oder Testnachweis vorweisen konnten.

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Am Tor des Old Daddy lehnt Marcus Goßmann und blickt auf die fast menschenleere Steinsche Gasse. Er ist der Türsteher des Tanzlokals, oder wie er es nennt: „Psychologischer Berater für betreutes Trinken.“ Er muss nur auf Impfzertifikate und Genesungsbescheinigungen achten, im Old Daddy gilt die 2G-Regel. „Die 70 Euro für einen PCR-Test zahlt doch keiner“, sagt er. Ein paar Nachtschwärmer mit Antigen-Schnelltest habe er dennoch abweisen müssen, stets freundlich.

Volles Haus: Das Hochfelder Eventschloss Pulp öffnete erstmals am vergangenen Freitag wieder, im Old Daddy an der Steinschen Gasse war am Samstag Premiere nach der Corona-Zwangspause.
Volles Haus: Das Hochfelder Eventschloss Pulp öffnete erstmals am vergangenen Freitag wieder, im Old Daddy an der Steinschen Gasse war am Samstag Premiere nach der Corona-Zwangspause. © Marius Fuhrmann / WAZ

Türsteher des Old Daddy in Duisburg: „Die Leute sind noch verunsichert“

Von unten dröhnt Musik, der Club eröffnet mit einer New Wave-Party. Man habe lieber vorsichtig starten wollen, vermutet Goßmann. „Eine große Welcome-Back-Party mit moderner Musik lockt verschiedene Publikumsgruppen an, das erzeugt mehr Reibung“, sagt er. Was macht man als Türsteher, wenn die Discos geschlossen sind? „Ich hab zwischendurch ‘nen Aldi bewacht“, sagt Goßmann und lacht. „Das Publikum, das hier aufschlägt, ist aber um einiges einsichtiger“, meint der 51-jährige. „Die Leute sind zunächst verunsichert, man muss sie erinnern, dass sie die Maske abnehmen dürfen. Und sie gehen früher, weil sie gar nicht mehr gewohnt sind, so lange wach zu bleiben.“

Das Duisburger Publikum feiert das Leben

Wieder an der Old Daddy-Tür: Marcus Goßmann hat während der Zwangspause den Eingang der Kult-Disco auch einen Supermarkt bewacht. Am Samstag tanzten die Gäste erstmals wieder an der Steinschen Gasse.
Wieder an der Old Daddy-Tür: Marcus Goßmann hat während der Zwangspause den Eingang der Kult-Disco auch einen Supermarkt bewacht. Am Samstag tanzten die Gäste erstmals wieder an der Steinschen Gasse. © WAZ | Marius Fuhrmann

Er deutet auf weiteres Plakat an der Kasse: Darauf stehen die Veranstaltungen, die im März und April vor anderthalb Jahren geplant waren. „Die Disco zuzumachen ging ganz schnell, sie wieder aufzumachen dauert länger“, stellt er fest. „Vielleicht lassen wir das auch so hängen, als Corona-Gedenktafel.“ Das Old Daddy birst an diesem Abend vor Lebensfreude: Gegen 1.15 Uhr ist zwar nicht mehr so viel los, aber die die da noch da sind, schwofen glückselig durch den Kunstnebel, der sich mit Zigarettenrauch mischt.

Das Publikum darf noch sich noch einmal jung fühlen, so wie damals, als Melissa Etheridges „Like the way I do“ noch kein Klassiker war. Nicht nur den jungen, auch den älteren Besuchern hat das Tanzen gefehlt. DJ Bocky O’Brian schiebt langsam ein paar Regler auf seinem Mischpult nach oben und lässt die markanten Gitarrenklänge von „Entre dos tierras“ klingen.

DJ hat die Rückkehr ans Mischpult sehnsüchtig erwartet

Endlich zurück am Mischpult: DJ Bocky O’Brian legte am Samstag erstmals nach der Zwangspause wieder im Old Daddy auf.
Endlich zurück am Mischpult: DJ Bocky O’Brian legte am Samstag erstmals nach der Zwangspause wieder im Old Daddy auf. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

„Ich habe die ganze Zeit auf diesen Abend gewartet“, sagt er fast ehrfürchtig. „Ich hoffe, dass es so weitergehen kann, es wurde Zeit!“ Vor ihm liegt eine Liste mit Musikwünschen. „Ich mache das seit 20 Jahren, es ist ein Riesenspaß, die Leute wieder tanzen zu sehen. Das zieht den DJ mit, der DJ zieht die Leute mit, das funktioniert gegenseitig.“

Für Jessica und Dennis Tebernum hat das Old Daddy eine besondere Bedeutung: Hier hat sich das Ehepaar vor 12 Jahren kennengelernt. „Ich kam immer aus Mönchengladbach. Der Laden war weithin bekannt, weil man hier schwarz feiern konnte“, sagt Jessica Tebernum. Gothic meint sie damit. Das 2G-Konzept sei „supermegasicher“, findet sie. „Wir sind froh um jeden alternativen Club, der noch existiert, deswegen kommen wir hierher – und weil er uns an so viele Sachen erinnert. Es ist fast so wie früher“, schwärmt die 43-jährige.

Strenge Kontrollen im Pulp – viele Gäste mit gefälschten Test- und Impfnachweisen

Sehr viele Gäste versuchten, mit gefälschten Test- oder Impfnachweisen ins Pulp zu kommen, berichtet Kristina Orec, Tochter von Geschäftsführerin Zelijka Orec.
Sehr viele Gäste versuchten, mit gefälschten Test- oder Impfnachweisen ins Pulp zu kommen, berichtet Kristina Orec, Tochter von Geschäftsführerin Zelijka Orec. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Vor dem Eingang bilden sich ab 23 Uhr mehrere Schlangen, denn die Türsteher schauen genau hin: Mit Taschenlampen leuchten sie kritisch auf die Dokumente, die ihnen unter die Nase gehalten werden: PCR-Tests, Personalausweise und gelbe Impfbüchlein. „Es war extrem, wie viele Leute versuchen, hier mit gefälschten Nachweisen reinzukommen“, sagt Kristina Orec, Tochter von Geschäftsführerin Zeljka Orec. „Rund 30 bis 40 Prozent“, schätzt sie. Eventuell müsse man demnächst dazu übergehen, nur noch digitale Impfnachweise zu akzeptieren.

Sehnsucht nach Normalität ist groß: Tanzfläche früher voll als vor der Pandemie

Security Mitarbeiter Peter Olinski (r.) schaut an der Tür des Eventschlosses genau hin. Im Pulp galt am Freitag und Samstag die 3G-Regel für den Einlass.
Security Mitarbeiter Peter Olinski (r.) schaut an der Tür des Eventschlosses genau hin. Im Pulp galt am Freitag und Samstag die 3G-Regel für den Einlass. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Im großen Hauptsaal des Eventschlosses ist die Tanzfläche gegen 23 Uhr bereits relativ voll. Aus den Boxen schallen Reggaeton und Dancehall. Cassandra Marongiu (24) und Kyra Biermann (21) machen eine Pause vom Tanzen und stehen im Raucherbereich: „Die Leute haben wirklich Lust zu Feiern: Früher war hier erst ab halb 12 was los, jetzt ist die Tanzfläche schon um zehn voll“, sagt Marongiu. „Das Pulp war früher mein Wohnzimmer, mir ist egal ob ich tanze oder nur in der Raucherecke stehe. Alles ist so vertraut und ich sehe Leute wieder, die ich nur von den Gesichtern her kenne“, sagt die Meidericherin. „Es ist toll, wieder unter Menschen zu sein, fügt ihre Freundin hinzu. „Es sind ja alle geimpft, da kann eigentlich nichts passieren. Etwas skeptisch war ich anfangs schon, aber die Sehnsucht, endlich wieder rausgehen zu können, war einfach größer.“

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>>> EVENTSCHLOSS ÜBERLEBTE DANK CORONA-HILFEN

  • Überstanden habe das Pulp die Corona-Zeit nur mithilfe staatlicher Fördergelder, berichten die Inhaber. Nun sollen acht Luftfilter für zusätzliche Sicherheit sorgen.
  • Auf dem Weg ins Eventschloss müssen die Gäste ihre Maske tragen, an vielen Stellen stehen Desinfektionsmittelspender. Bisher habe das Ordnungsamt die Einhaltung der Regeln noch nicht kontrolliert. „Wir rechnen eigentlich mit einem Besuch“, sagt Kristina Orec.