Duisburg. Simone Bösken, Baustellen-Managerin in Duisburg, sagt im Interview, wie sie die Abstimmung bei Projekten verbessern will und was sie bestürzt.

Seit 1. Januar 2020 ist Simone Bösken (49) Baustellen-Managerin in Duisburg. Die Stelle ist neu geschaffen worden, nachdem die Politik Handlungs- und Verbesserungsbedarf in diesem Bereich gesehen hat. Die 49-Jährige ist aus der freien Wirtschaft auf den Posten gewechselt. Im Interview mit der Redaktion erklärt die Duisburgerin unter anderem ihre konkreten Aufgaben sowie Ziele, warum ihr das neue Verkehrsportal so sehr am Herzen liegt und sich alle Duisburger aus ihrer Sicht über jede Baustelle freuen sollten.

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Frau Bösken, Sie haben 22 Jahre bei einem Aachener Ingenieurbüro gearbeitet, ehe Sie Anfang 2020 Baustellen-Managerin in Duisburg geworden sind. Was waren ihre Beweggründe?

Ich habe sehr gerne bei der BFT Planung GmbH in Aachen gearbeitet, aber lebe mit meiner Familie seit 2006 im Duisburger Westen. Das ständige Pendeln mit dem Auto war schwierig. Ich konnte zwar schon damals vor Corona viel im Homeoffice arbeiten, war aber die halbe Woche in Aachen. Das wollte ich nicht mehr und habe mich deshalb auf dem Stellenmarkt umgeschaut.

Wie sind Sie auf die Stelle in Duisburg gestoßen?

Eher zufällig über die 117-Stellen-Kampagne der Stadt Duisburg, die ja im Frühjahr 2019 aktiv beworben wurde. Da habe ich dann diese eine Stelle gesehen: Koordinierung von Baustellen im öffentlichen Raum. Das hat mich gereizt. Also habe ich mich beworben und dann relativ schnell schon im Sommer 2019 die Zusage bekommen.

Was hat Sie genau an diesem Job gereizt?

Dass er sehr kommunikativ und sehr breitgefächert ist. Ich habe Spaß daran, in einem großen Team zu arbeiten und denke, dass ich Leute gut mitnehmen und motivieren kann. Außerdem habe ich ja lange in einem Gesamtplanungsbüro gearbeitet und neben der Fachkenntnis gelernt, über den Tellerrand zu gucken.

Können Sie das bitte konkretisieren: Was genau macht eine Baustellen-Managerin beziehungsweise was läuft durch Sie besser als vorher?

Ich habe zwei große Aufgabenbereiche: die Baustellen-Koordinierung und die Öffentlichkeitsarbeit, wie zum Beispiel den Austausch bei Großbaustellen mit den betroffenen Unternehmen, mit Gewerbebetrieben, aber zum Beispiel auch mit der IHK. Für diese Form einer intensiveren Öffentlichkeitsarbeit, für einen noch besseren Informationsfluss, gab es vorher keine Person. Außerdem arbeite ich bei der Planung von Baustellen täglich mit den Netzen Duisburg, den Wirtschaftsbetrieben und der Gebag zusammen, die als starke Wohnungsbaugesellschaft höchstrelevante Entwicklungsflächen wie etwa Sechs-Seen-Wedau erschließt.

Welche Rolle spielen Sie dabei?

Ich fungiere als Bindeglied und versuche, die teilweise schon seit vielen Jahren vorhandenen Abstimmungsprozesse zu verbinden und weiter auszubauen. Das fängt mit der Projektsteuerung an. Klassisches Beispiel: Die Stadt will in drei Jahren eine Straße sanieren und die Wirtschaftsbetriebe haben dort in vier Jahren eine Kanalsanierung geplant. In regelmäßigen Koordinierungsrunden mit den Wirtschaftsbetrieben, die es bereits vor meiner Zeit gab, werden diese Maßnahmen durch meine Kolleginnen und Kollegen gebündelt und in die richtige Reihenfolge gebracht: erst der Kanal und dann die Straße. Natürlich werden auch die Netze Duisburg angefragt, ob Handlungsbedarf bei den Versorgungsleitungen besteht. Am Ende einigt man sich auf einen gemeinsamen Terminplan. Damit soll verhindert werden, dass deswegen die Straße noch mal aufgemacht werden muss.

Simone Bösken möchte, dass sich die Wahrnehmung von Baustellen ändert. Jeder Duisburger solle nicht genervt sein, sondern sich freuen, dass investiert wird.
Simone Bösken möchte, dass sich die Wahrnehmung von Baustellen ändert. Jeder Duisburger solle nicht genervt sein, sondern sich freuen, dass investiert wird. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Wie wollen Sie die Abstimmung bei Baustellen grundsätzlich verbessern?

Ein Ziel wird sein, diese Prozesse softwareunterstützt zu begleiten, ein Baustellen-Management-System aufzubauen und zu entwickeln. Es gibt bereits eine gemeinsame konzerninterne Plattform für alle an einem Projekt Beteiligte, ein Geo-Informationssystem, aber es ist kein Kommunikations- oder Koordinierungswerkzeug. Dies kann dann zu Problemen führen, wenn Schlüsselpersonen sich aus einem Projekt oder in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden. Deshalb arbeiten wir an einem personenunabhängigen System – eine neue Plattform, auf der sich alle ständig austauschen und abstimmen können. Wir stehen diesbezüglich bereits im Austausch mit anderen Kommunen, stehen aber erst am Anfang eines längeren Prozesses.

Viele, die täglich im Stau stehen, fragen sich aber schon jetzt, warum die Abstimmung nicht besser laufen kann und es derzeit in Duisburg so viele Baustellen parallel gibt...

Das kann ich erklären. Nehmen wir als Beispiel den Bereich Kaßlerfeld: In diesem Bereich gibt es aktuell und in den nächsten Jahre sehr viele Baustellen. Hier handelt es sich um lange geplante Baumaßnahmen von unterschiedlichen Bauträgern, wie zum Beispiel der A40-Rheinbrücke, der OB-Karl-Lehr-Brücke, aber auch lange geplante Straßenbaumaßnahmen oder der Ausbau des Mitteldruckgasleitungsnetzes. Es besteht akuter Handlungsbedarf und häufig müssen Fördergelder in einem festgelegten Zeitraum verbaut werden. Positiv gesagt: Es ist endlich Geld da und man kann nicht warten, da sonst die Infrastruktur zwischenzeitlich versagen würde und Fördergelder verfallen. Hier hat die Stadt nach dem Bekanntwerden der anstehenden Sperrungen reagiert und die Straßenbaumaßnahme „Am Brink“ um einige Jahre vorgezogen. Der neu gebaute zusätzliche Linksabbieger wird jetzt den Verkehrsfluss während der anstehenden Bautätigkeit nachhaltig verbessern.

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Die Stadt möchte mit ihrem neuen Verkehrsportal Duisburg digital nicht nur eine Übersicht über aktuell relevante Baustellen geben, sondern auch zeigen, wie man im Baustellen-Dschungel am schnellsten von A nach B kommt. Können Sie näher erklären, was den Wert dieses Portals ausmacht?

Gerne, weil es quasi mein „Baby“ ist. Zunächst einmal haben wir aus drei Plattformen von Stadt, Wirtschaftsbetrieben und Netzen Duisburg ein einheitliches Portal gemacht. Dort ist jetzt nicht jede kleine Baustelle, zum Beispiel in einem Wendehammer oder auf Gehwegen, zu finden, sondern all jene, die gravierenden Einfluss auf den Verkehr haben. Mal eine Zahl als Orientierung: 2020 gab es in Duisburg 8000 Baumaßnahmen unterschiedlichster Größe. Die Bürger bekommen nun auf www.duisburg.de/verkehrsportal die wichtigsten Informationen – von der Gesamtbauzeit bis zu Einschränkungen für Fußgänger. Es bietet aber auch Infos zu Parkplätzen, E-Lade-Säulen, zum Radwegenetz, ÖPNV und zu verkehrlich relevanten Veranstaltungen wie zuletzt beim Ironman.

Kommen wir zurück zu den Baustellen: Der Ärger ist trotz des neuen Portals bei vielen groß...

Das stimmt. Und ich muss sagen, dass ich nie erwartet hätte, wie heftig teilweise der Tonfall gegenüber den Mitarbeitern der Straßenverkehrsbehörde, welche die Baustellen ja am Ende genehmigen, in den täglichen Mails ausfallen kann. Da würde ich mir wünschen, dass sich die Wahrnehmung von Baustellen trotz der nicht zu verhindernden Einschränkungen für den Verkehr grundsätzlich ändert. Baustellen sind immer ein Zeichen dafür, dass sich in Duisburg etwas tut, investiert wird und Verbesserungen entstehen. Deshalb sollten sich eigentlich alle Duisburger über jede Baustelle freuen.

Letzte Frage: Sie sind aus der freien Wirtschaft auf eine Stelle in einer Stadtverwaltung gewechselt. Können Sie erklären, was die größten Unterschiede sind?

Zunächst einmal habe ich bisher keinen Tag in meinem neuen Job bereut. An der Stadtverwaltung in Duisburg gefällt mir der Umgang mit den Mitarbeitern. Die Stadt ist sehr gut aufgestellt, wenn es gerade in Corona-Zeiten für viele darum geht, Berufliches und Privates irgendwie unter einen Hut zu bringen. Ich finde es auch super, dass viel Wert auf Weiterbildung gelegt wird. Was die technische Ausstattung betrifft, gibt es allerdings im Vergleich zur freien Wirtschaft noch Luft nach oben.

>> Baustellen-Managerin in Duisburg ist verheiratet und hat drei Kinder

  • Simone Bösken (49) ist gebürtige Moerserin, lebt aber mit ihrer Familie seit 2006 im Duisburger Westen. Sie ist verheiratet und hat drei Kinder im Teenageralter.
  • Nach einer Ausbildung alsBauzeichnerin beim Land NRW hat die 49-Jährige Bauingenieurswesen an der RWTH Aachen studiert und in der Stadt parallel sowie nach dem Studium bei einem Planungsbüro gearbeitet. Bei der BFT Planung GmbH hat sich Simone Bösken im Rahmen von Gesamtplanungsprojekten wie den Um- und Neubau von Gebäuden vor allem um die Außenbereiche gekümmert – etwa um Verkehrs- und Freianlagen, Ver- und Entsorgung und um Ingenieurbauwerke.
  • Nach insgesamt 22 Jahren hat sie ihre Arbeit im Aachener Büro beendet und ist Anfang 2020 die neu geschaffene Stelle der Baustellen-Managerin in Duisburg angetreten.