Duisburg. Die Philharmoniker spielten Beethovens „Missa Solemnis“ unter erschwerten Bedingungen. Der Dirigent war erkrankt. Das merkte man dem Konzert an.

Die Uraufführung von Beethovens „Missa solemnis“ hat sich seinerzeit drei Jahre hinausgezögert. Die Duisburger Musikfreunde mussten auf die für Beethovens Jubiläumsjahr geplante Vorstellung nicht ganz so lange warten. Aber die Corona-Pandemie und nicht zuletzt die Erkrankung des Gastdirigenten Christoph Spering in der heißen Probenphase haben dem Ereignis etliche Stolpersteine in den Weg gelegt. Letztlich ging alles gut und Beethovens spirituell tiefgründigstes Werk erklang am Mittwoch zum Auftakt der philharmonischen Konzertsaison in Duisburg live vor leibhaftigem Publikum – und ohne weitere Pannen.

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Dabei wurden die Nerven des frischgebackenen Intendanten der Philharmoniker, Nils Szczepanski, in den vergangenen zwei Tagen auf eine harte Probe gestellt. Denn so kurzfristig einen Dirigenten zu finden, der bereit und in der Lage ist, das musikalisch wie geistig extrem anspruchsvolle Werk aus dem Stand zu stemmen, war nicht leicht. Letztlich erklärte sich Michael Güttler für diesen „Ritt auf der Rasierklinge“ bereit.

Dirigent Michael Güttler ist kurzfristig in Duisburg eingesprungen

Güttler hat sich zwar in verschiedenen Positionen vor allem als Dirigent großer romantischer Opern einen Namen gemacht, ist aber so breit aufgestellt, dass ihm auch ältere Musik und sogar historische Aufführungspraktiken nicht fremd sind. Da der von Spering gegründete „Chorus Musicus Köln“ die heikle Chorpartie bereits perfekt einstudiert hatte und das prominent besetzte Solistenquartett ebenso wie die Duisburger Philharmoniker keine bösen Überraschungen erwarten ließen, hielten sich die Risiken in Grenzen.

Michael Güttler musste den gewaltigen Apparat zusammenhalten.
Michael Güttler musste den gewaltigen Apparat zusammenhalten. © RR | Foto: Maria Laforge

Von Michael Güttler konnte man unter diesen Umständen natürlich weder eine ausgeprägt persönliche Deutung erwarten noch eine Kopie von Sperings Werkverständnis. Zunächst galt es, den gewaltigen Apparat zusammenzuhalten und über alle musikalischen Klippen, die Beethoven den Ausführenden in den Weg stellt, hinwegzuhelfen.

Einfach war das angesichts der einzuhaltenden Mindestabstände nicht. Die Spielfläche wurde für das Orchester ebenerdig massiv ins Parkett vorgezogen, so dass der Chor weit im Hintergrund platziert war. Das Solistenquartett siedelte sich zwischen Streichern und Bläsern an.

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Dass das Orchester trotz der quantitativ moderaten Besetzung vor allem die Solisten in Bedrängnis brachte, verwundert nicht. Aber auch der Chor drehte den dynamischen Pegel stark auf, um dem Orchester standhalten zu können. Mit dem Ergebnis, dass vieles schärfer ertönte als beabsichtigt. Das ist schade. Schließlich war der Chor so gut präpariert, dass ihn auch die gefürchtetsten Teile der Messe, etwa die Schlussfugen im Credo, nicht in Verlegenheit bringen konnten.

Dynamisches Grundmaß ließ geistliche Dimension etwas zu kurz kommen

Michael Güttler schlug forsche Tempi und ein recht hohes dynamisches Grundmaß an, wodurch sich immer wieder ein Hauch von Hektik und kraftbetontem Überdruck einschlich, der dem spirituellen Charakter der Musik im Wege stand. So sinnvoll es ist, Beethovens „Missa Solemnis“ von falschem romantisiertem Weihrauch befreien zu wollen, sollte die geistliche Dimension dennoch nicht zu kurz kommen. Ruhepunkte wie im Sanctus oder dem Agnus Dei reichen da nicht aus.

Nur bedingt ausgleichen können dieses Defizit selbst international hochkarätige Solisten wie Julia Kleiter mit ihrem glockenklaren Sopran, die Altistin Ingeborg Danz, der Tenor Christoph Prégardien und Tareq Nazmi mit seinem tiefschwarzen Bass. Dennoch eine beeindruckende Aufführung eines Ausnahmewerks unter schwierigen Bedingungen. Das Publikum reagierte mit Dankbarkeit und Begeisterung.

>> DUISBURGER PHILHARMONIKER 2021/22

• Das Saisonprogramm der Duisburger Philharmoniker für 2021/22 ist so prall wie vor der Corona-Pandemie. Auf dem Spielplan stehen insgesamt zwölf Philharmonische Konzerte, neun Kammerkonzerte, die Reihen Toccata, Profile, Beat – und vieles „Außer der Reihe“ werden den Besuchern geboten.

• Karten zu allen Veranstaltungen gibt es über die Theaterkasse Duisburg Opernplatz, Neckarstraße 1. Die Tickets können entweder telefonisch unter 0203 283 62 100, per E-Mail an karten@theaterduisburg.de sowie auf www.duisburger-philharmoniker.de bestellt werden.