Bachs Johannespassion erklingt in der Philharmonie mit ungewohnt zurückhaltenden Tempi
Wie viele wunderbare Passionskonzerte hat uns die Philharmonie in den vergangenen Jahren nicht schon beschert. Einreihen darf sich jetzt auch Christoph Spering mit seiner Aufführung der Johannespassion. Gute Solisten, ein homogen auftretender "Chorus Musicus Köln" und das auf historische Aufführungspraxis spezialisierte "Neue Orchester" sorgten für ein ganz besonderes musikalisches Erlebnis.
Natürlich hat Spering, der mit dem Beethoven-Zyklus durchaus gegensätzliche Meinungen hervorruft, seine eigenen Vorstellungen von einer "historisch korrekten" Aufführung. Nicht ohne Grund weist er im Programmheft sicherheitshalber darauf hin, dass manches mit heutigen Hörgewohnheiten kollidieren könnte. Die Vorwarnung kommt zurecht. Hatte man sich in den letzten Jahrzehnten mit Gardiner und Co. an flüssige Tempi gewöhnt, schaltet Spering nun wieder einen Gang zurück.
Arien, Chöre und Rezitative erklingen in sehr gemessenem Tempo, zudem hält man die Choralzeilen am Ende betont lange aus. Das alles ändert jedoch nichts an der hohen Qualität der Aufführung. Dazu gehört zunächst ein stimmstarker Chor, der vor allem in den Turbachören - die dirigiert Spering wiederum sehr schwungvoll - für mitreißende Momente sorgt. Bei den Solisten kann der lyrische, eher zurückhaltend agierende Tenor des Evangelisten Andreas Karasiak ebenso überzeugen wie Anna Korondi (Sopran), Marianne Beate Kielland (Alt) sowie der Bassbariton York Felix Speer und Raimund Nolte (Bass).
Dass historische Instrumente von Natur aus (!) leiser und weniger exakt klingen, bleibt auch an diesem Abend nicht verborgen. In dem gegebenen Rahmen jedoch spielen die Musiker des "Neuen Orchesters" mit gewohnter Sicherheit und Kompetenz.
Das Publikum belohnte ausnahmslos alle Künstler am Ende mit langem Applaus.