Duisburg. Unter der Leitung von Hauke Berheide suchten die Duisburger Philharmoniker bei „Eigenzeit“ eine eigene musikalische Sprache. So klang es.
Auch zeitgenössische Komponisten schreiben heute noch Lieder, sogar ganze Zyklen. Drei moderne Beispiele der Gattung wurden jetzt im Rahmen des Festivals „Eigenzeit“, das von den Duisburger Philharmonikern veranstaltet wird, im gut besuchten Opernfoyer vorgestellt. Bei allen Werken war die Suche der Komponisten nach einer eigenen musikalischen Sprache zu spüren.
„Eigenzeit“-Festival-Kurator Hauke Berheide präsentiert an diesem Abend ein vollgepacktes pausenloses Programm, das fast zwei Stunden dauert. In seinem eigenen Liederzyklus „Am Weltrand“ aus dem Jahr 2012 vertont Berheide Gedichte des Lyrikers Steffen Pop. Seine Musik gestaltet er sehr feinfühlig aus den rätselhaften Texten, die reich an Metaphern sind. Mal klingt es lyrisch und zerbrechlich, aber Berheide beherrscht auch die wild-expressiven Tonfall und geht dabei bis an die Grenzen der Klaviatur und der menschlichen Stimme.
„Eigenzeit“ in Duisburg: Lyrik von Steffen Pop vertont
Sopranistin Irene Kurka gestaltet die Lieder mit viel Gefühl mit großem stimmlichen Ausdruck, während sich Pianistin Fredrike Möller und Geiger Tonio Schibel mit Feuereifer in ihre Partien stürzen. Für ihre „Kriechspurenlieder“, die als Uraufführung erklingen, hat sich Catalina Rueda mehrere Tiergedichte von Steffen Pop ausgewählt. Die einzelnen Gesänge, die von Konstantin Ingenpaß mit elegantem Bariton vorgetragen werden, wechseln zwischen den Extremen: Ist das eine Lied von rasanter Rhythmik und Motorik geprägt, so zeichnet sich das nächste durch extreme Langsamkeit und grelle Tonfarben aus. Anja Schröder am Cello und Andreas Oberaigner an den Klarinetten bringen hier neue Farben ins Spiel.
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Ungewöhnlich für zeitgenössische Klänge ist, dass Catalina Rueda oft klassischen Harmonien und Melodien durchscheinen lässt. Zudem kitzelt sie mit ihrer Musik auch eine humoristische Note aus den Texten hervor. Zwischen beiden Zyklen trägt Steffen Pop eine Auswahl der vertonten Texte selbst vor und entfaltet dabei seine eigene Musikalität durch Betonungen und Pausen. Seine Texte sind zwar kunstvoll und assoziativ, wirken aber in Pops Vortrag ganz natürlich und lassen eine Fülle von Bildern im Kopf der Zuhörer entstehen.
Hörer kann Fülle der musikalischen Eindrücke kaum verarbeiten
Der dritte Liederzyklus des Abends, ebenfalls eine Uraufführung, stammt von Ulrich Kreppein, der gemeinsam mit Berheide in Düsseldorf bei Manfred Trojahn studiert hat. In seinem Zyklus „Lichterdiebe“ entwickelt Kreppein eine ungewöhnliche Form aus mehrfachem Wechsel zwischen „Inventur“, „Fundstück“ und „Lied“. In den „Inventuren“ werden alltägliche Dinge aufgezählt, wobei er mehrfach den Effekt einer gesprungenen Schallplatte komponiert, wenn ein Wort wiederholt wird. In den „Fundstücken“ werden Texte des russischem Dichters Daniil Charms rasant rezitiert. In den drei Liedern huldigt Kreppein dann einer spätromantischen Melodik, die er mit modernen Instrumentaleffekten garniert. Sopranistin Irene Kurka stellt in dem ungewöhnlichen Zyklus ihre stimmliche Vielseitigkeit unter Beweis.
Dieses Konzert bietet eine Fülle an musikalischen Eindrücken, die man als Hörer kaum verarbeiten kann, zumal auch Bernd Preinfalks introvertiertes Duo „Seitdem“ für Sopran und Cello erklingt. Eigentlich hätte die Fülle an Kompositionen für zwei Konzertabende gereicht. Dann hätten die Komponisten und der Dichter vielleicht auch noch ein bisschen mehr über ihre Arbeit plaudern können. So waren die kurzen Gespräche, die Hauke Berheide zwischen den Werken führte, eher ein Mittel eine Umbaupause zu überbrücken.
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- Karten zu allen Veranstaltungen gibt es über die Theaterkasse Duisburg Opernplatz, Neckarstraße 1. Die Tickets können entweder telefonisch unter 0203/283 62 100, per Mail an karten@theaterduisburg.de sowie online auf www.duisburger-philharmoniker.de bestellt werden.