Duisburg-Wanheimerort. Matthias Fuchs übernimmt die Pastorenstelle von Henryk Rak in Duisburg-Wanheimerort in einer schwierigen Zeit: Dann soll St. Michael schließen.
Matthias Fuchs ist der „Neue“ in der Gemeinde St. Michael in Duisburg-Wanheimerort. Er übernimmt die Pastorenstelle von Henryk Rak, der sich vor kurzem in den Ruhestand verabschiedete. Der 58-Jährige, der vor 25 Jahren schon einmal als Kaplan in Wanheimerort tätig war und mit einem Drittel seiner Stelle noch in Schwelm tätig ist, trifft die Gemeinde in einer Phase des Umbruchs an. Im Oktober findet der letzte Gottesdienst in St. Michael statt. Der Standort St. Petrus Canisius soll erhalten bleiben. Im Gespräch erklärt er, warum er sich seit vielen Jahren in den Dienst von katholischen Gemeinden stellt, was ihn antreibt, und warum er nicht glaubt, dass Wanheimerort die letzte Station für ihn vor der Pension ist.
Sie wohnen aktuell in Wattenscheid, arbeiten in Schwelm und haben nun zusätzlich die Stelle in Wanheimerort übernommen. Wie koordinieren Sie Ihren Job?
Ich habe zuerst in Schwelm gearbeitet und dann gemerkt, dass ich noch freie Kapazitäten habe. Also habe ich Kontakt mit meinem Personalchef aufgenommen, und der sagte mir, dass es in Duisburg noch sehr großen Bedarf gibt. Hier bot mir Pfarrer Schulte an, Pastor Raks Aufgaben zu übernehmen. Ich bin zwei Tage pro Woche in Schwelm und vier in Duisburg. Das ergänzt sich bisher gut. Derzeit suche ich hier nach einer Wohnung, um weniger Fahrtzeit zu haben.
Die Ruhrpott-Art der Duisburger kommt Matthias Fuchs „sehr entgegen“
Wo waren Sie schon überall im Einsatz?
Ich stamme aus Essen, war als Jugendlicher Pfadfinder und Messdiener und habe so das Gemeindeleben kennengelernt. Ich war zum Beispiel in Gelsenkirchen, Plettenberg oder Hattingen-Welper im Einsatz. Ich mag Herausforderungen und helfe gerne mit, etwas Neues zu entwickeln und umzusetzen. Ich bin nicht der Typ, der sein Leben lang an einem Ort bleibt. Meine Stärke ist es eher, mit den Menschen vor Ort hinzuschauen, was dran sein könnte, es einzustielen und dann dafür zu sorgen, dass es ohne mich weitergehen kann.
Wie gefällt es Ihnen in Wanheimerort?
Mir kommt die Ruhrpott-Art sehr entgegen. Die Menschen sind direkt und mit offenem Visier unterwegs. Ich begreife meine Arbeit als Priester so, dass ich die Menschen, die mir begegnen, ermutigen möchte, authentisch ihr Eigenes zu tun beziehungsweise ihnen Anregungen zu geben, damit sie dann selbst tun können, was ihnen wichtig ist. Auch Trauungen oder Trauerfeiern gestalte ich aus dem persönlichen Austausch heraus immer individueller.
Wie kann ich mir das vorstellen?
In den Gesprächen ist mir zuerst wichtig,wie sich die verstorbene Person die eigenen Abschiedsfeier wünschen würde – oder wie die ganz konkreten Vorstellungen der Angehörigen sind. Bis hin dazu, dass die Familie selbst die Predigt schreibt. Dazu bekommen die Hinterbliebenen von mir immer eine ganze Sammlung von Ideen, Texten und Liedern zur Verfügung gestellt.
Kommt das gut an?
Die Freiheit, sich bei vielem selbst zu entscheiden, sind manche nicht gewohnt – anderen fällt es in der Trauersituation eher schwer. Früher haben wir Priester viel vorgegeben. Ich versuche, ganz offen für die konkrete Situation zu sein, und habe keine eigene Agenda.
Pastor unterbrach seine Tätigkeit bei der Kirche und machte eine Ausbildung
Das Leben von Matthias Fuchs lief nicht ohne Krisen. Nach den ersten Jahren im Kirchendienst entschied er sich, auszusteigen und eine Ausbildung zum Alten- und Krankenpfleger zu machen. Als er diese absolviert hatte, kehrte er allerdings wieder zurück. Später ließ er sich noch mal in den Ruhestand versetzen, um dann doch wieder als Priester tätig zu werden. Aus seinen Krisen arbeitete er sich selbst wieder hinaus. Nun sagt er voller Überzeugung: „Priestersein ist mein Beruf.“
Sie wissen selbst, wie es ist, einen Neuanfang zu wagen. Können Sie deshalb so gut auf die Gläubigen zugehen?
Ich denke schon. Ich muss den Menschen nichts verkaufen. In der Bibel heißt es, Jesus fragt die Menschen, was sie wollten. Mir ist bewusst, dass ich in einem Mangelberuf arbeite und es nur noch ganz wenige gibt, die noch Priester werden wollen. Das ist aber auch nicht schlimm. Jesus hat alleine in drei Jahren die Welt verändert. Da war keine Rede von Kirchenstrukturen, und Krisen gehörten für ihn dazu.
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Sie übernehmen die Gemeinde in einer schwierigen Zeit – es ist sicher, dass im Oktober die Kirche St. Michael aufgegeben wird. Wie begleiten sie diejenigen, die dort ihre Heimat haben?
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Wir haben demnächst ein Treffen, bei dem wir darüber sprechen wollen, wie wir den Abschied gestalten, ob es etwa eine Abschiedswoche geben wird wie in Duissern, weil in Corona-Zeiten die Zahl der Gottesdienstbesucher noch immer begrenzt ist. Von den Messdienern kam nun die Idee, ehemalige Messdiener der vergangenen Jahrzehnte zu einem Abschluss einzuladen. Finde ich gut. Wenn andere noch einmal ein gemeinsames Grillen oder Ähnliches veranstalten wollen, unterstütze ich auch das. Das wollen wir alles gemeinsam überlegen. Entschieden ist aber schon, dass an den Markttagen in der Kapelle weiterhin jeweils um 9 Uhr Messen gefeiert werden sollen.
Was ist das Besondere am Standort St. Petrus Canisius?
Canisius ist in unserer Großpfarrei Schwerpunkt für die Familien-Seelsorge. Hier wohnen mehr Jüngere, während in St. Michael der Altersdurchschnitt etwas höher liegt.
Und, wird Wanheimerort Ihre letzte Station vor dem Ruhestand sein?
Das kann ich nicht sagen. Normalerweise haben meine Einsätze immer vier, fünf Jahre gedauert. Aber wer weiß, wie sich alles entwickelt. Meine Erfahrung ist: „Der Mensch wird den Weges geführt, den er wählt.“ Je mehr ich meinen eigenen Weg gehe, umso mehr kommen mir die Situationen oder Personen entgegen, die zu mir passen.
>> Pfarreientwicklungsplan ist im Zeitplan
Die Kirche St. Michael, die sich zentral in Wanheimerort befindet, wird Ende Oktober von der Pfarrei Liebfrauen aufgegeben. „Es gibt noch keine Neuigkeiten über die Nachnutzung der Kirche St. Michael; es gibt durchaus umfangreiche Überlegungen und Ideen für die Nutzung des gesamten Areals, aber da ist noch nichts spruchreif“, erklärt Pfarrer Christian Schulte auf Nachfrage.
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Zuletzt hatte sich die Pfarrei von St. Elisabeth in Duissern verabschiedet. Dort hat die Christus-Gemeinde den Standort übernommen. Schulte glaubt nicht, dass es irgendwann ein „Überangebot“ an Kirchen geben wird. „Jeder Standort und jedes Kirchengebäude tritt für sich anders hervor. Nachnutzungen können ganz unterschiedlich sein.“ Mit Blick auf die aktuelle Lage erklärt er: „Der Pfarreientwicklungsplan läuft derzeit trotz Corona nach unseren Vorstellungen, wir sind im Zeitplan.“