Duisburg-Neudorf. Trotz Demo und Briefen: Ruhe kehrt an der Grundschule Grabenstraße in Duisburg nicht ein. Warum Eltern einem Gespräch mit Skepsis begegnen.
Am Mittwoch beginnt wieder die Schule. Kein Grund zur Freude für die Eltern und Kinder an der Katholischen Grundschule Grabenstraße (KGS) in Duisburg-Neudorf. Nach einer Demo vor den Ferien, bei der die großen und kleinen Teilnehmer sich für „Schulfrieden“ einsetzten, und zahlreichen Briefwechseln zwischen Eltern, dem NRW-Schulministerium, der Bezirksregierung als Obere Schulaufsichtsbehörde sowie der SPD-Landtagsabgeordneten und Ministerin Yvonne Gebauer, ist noch immer keine Einigung in Sicht.
Zwar hat die Bezirksregierung für Montagmittag, 16. August, die Schulkonferenz zu einem Gespräch eingeladen. Die Einladung liegt unserer Redaktion vor. Allein: Für die Eltern kommt dieser Termin zu kurzfristig. Sie monieren, dass nicht klar ist, welche Tagesordnung es gibt, wer an dem Gespräch teilnehmen wird und fühlen sich „von der Bezirksregierung auf die Anklagebank gesetzt“. Die Situation bleibt verfahren.
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Zur Erinnerung: Zum Schuljahresende haben drei Lehrerinnen die Schule verlassen. Die Eltern beklagen, dass sich die Kinder ständig an neue Lehrer gewöhnen müssen. Die Bezirksregierung verwies in der Vergangenheit darauf, dass die „personelle Ausstattung an der KGS insbesondere im Vergleich mit anderen Duisburger Grundschulen als sehr gut einzuschätzen“ sei.
Duisburger Eltern liefern sich Briefwechsel mit dem NRW-Schulministerium
Mutter Meike und Vater Sascha Kleinohl haben daraufhin am 6. August noch einmal einen Brief an die Schulministerin und die Bezirksregierung verfasst. Darin betonen sie: „Es geht uns nicht um die personelle Ausstattung im kommenden Schuljahr. Auch ist der Zeitpunkt unserer Beschwerden und des starken Protestes nicht in Zusammenhang mit Corona zu sehen. Bereits seit Jahren gibt es den zuständigen Behörden bekannte Konflikte des Kollegiums und der Elternschaft mit der Schulleitung, die nicht gelöst werden konnten bzw. ignoriert wurden.“ Auf beamtenrechtliche Aspekte komme es den Eltern gar nicht an, heißt es in dem Brief. Stattdessen wollten sie die Behörden dazu bringen, den Weggang so vieler Lehrer und die Gründe für Langzeiterkrankungen zu hinterfragen. „Die Tatsache, dass im kommenden Schuljahr ausreichend Lehrerinnen an der KGS unterrichten, löst nicht das Problem.“
Die Bezirksregierung beantwortet die Nachfragen unserer Zeitung daraufhin folgendermaßen: „Die Schulaufsicht ist weiterhin in Gesprächen mit Schulleitung, Elternvertreterinnen und -vertretern sowie Lehrkräften. Ziel ist ein für die Kinder entwicklungs- und lernförderliches Schulleben sowie für alle weiteren Beteiligten ein konstruktives Miteinander. Das Bestreben der Schulaufsicht ist es unter anderem, in diesem Rahmen eine eindeutige und verlässliche Kommunikation der Beteiligten untereinander zu stärken.“ Die Inhalte seien schulinterne Vorgänge, die während dieses laufenden Prozesses als vertraulich erachtet würden.
Ehemalige Lehrerin stärkt den Eltern den Rücken
Rückendeckung bekommen die Eltern und Lehrerinnen indes von Elsa Lappat, die früher als Lehrerin an der Grabenstraße arbeitete. „Ich freue mich über den Mut, ,unsere’ Schule für die Kinder und Lehrerinnen zu retten, auch wenn es der ,Mut der Verzweiflung’ ist.“ Weiter erinnert sie sich in ihrem Leserbrief an unsere Zeitung: „Als ich vor ca. 20 Jahren pensioniert wurde, verließ ich nicht die ,Insel der Seligen’, aber eine Schule, an der ich mich wohl fühlte. (...) Keine Sorge, es gab auch die üblichen mitmenschlichen Konflikte. Auch an einer katholischen Schule begegnen sich nicht alle Engel auf einmal. Aber ich denke schon, dass unsere christliche Prägung eine gute Grundlage war.“ Elsa Lappat lobt Pfarrer Christian Schulte ausdrücklich, „weil er sich so deutlich äußert und helfen möchte. Nochmals bedenkenswert finde ich die Haltung des Bistums.“ Dieses hatte darauf verwiesen, dass auch bei katholischen Grundschulen die Hoheit bei der Kommune liege.
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Pfarrer Christian Schulte hatte in der Vergangenheit eindeutig Stellung bezogen und sich bereits ans Bistum gewandt. Er kommentierte die Geschehnisse so: „So viele Wechsel und der Weggang von wirklich tollen Lehrerinnen, das ist einfach nicht gut. Da zerbricht ein tolles Kollegium.“ Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt er, dass er weiterhin in Kontakt mit dem Bistum stehe und dort weitere Gespräche anstünden. „Allerdings bin ich in dieser Sache ganz sicher keine neutrale Person mehr.“ Als neutraler Vermittler käme er aus seiner Sicht also nicht mehr in Frage.
Als solche hatte sich jüngst die SPD-Landtagsabgeordnete Sarah Philipp angeboten und nach einem Termin mit den Eltern ebenfalls einen Brief an Schulministerin Gebauer geschrieben. Darin forderte sie die Ministerin auf, sich in den Konflikt einzuschalten. Zurück kam eine gleichlautende Antwort zur Kenntnis, die auch schon an Familie Kleinohl gesandt wurde. Darin heißt es: „Im Vergleich zur Gesamtsituation der Duisburger Grundschulen ist die KGS Grabenstraße umfänglich versorgt. Durch Abordnungen von anderen Schulen bzw. durch Rücknahme einer bisherigen Abordnung kann die Mindeststundentafel im Schuljahr 2021/2021 nach derzeitigem Stand umgesetzt werden. (...) Im Sinne einer zukünftig wieder vertrauensvollen Zusammenarbeit wird es ein Gesprächsangebot mit oberer und unterer Schulaufsicht und der Schulleitung an die Eltern geben mit dem Ziel, gemeinsame Lösungen für ein konstruktives Miteinander in den jeweiligen Rollen zu finden und um wieder langfristig eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zu ermöglichen.“
SPD-Abgeordnete Sarah Philipp enttäuscht über Antwort der Ministerin
Sarah Philipp ist allerdings nicht zufrieden, dass sie keine gesonderte Antwort des Ministeriums erhalten hat. „Ich bin verwundert, aber auch enttäuscht über die Antwort der Ministerin. So geht man nicht mit den Sorgen und Nöten der Menschen um. Das ist mir gegenüber nicht in Ordnung, aber erst recht nicht den Betroffenen gegenüber. Frau Gebauer macht sich bei diesem Thema einen schlanken Fuß.“
Meike und Sascha Kleinohl wünschen sich per Brief an das Land: „Bitte gehen Sie endlich der Ursache für die Missstände an der KGS Grabenstraße nach. Ebenso wie die vielen Lehrerinnen sind auch viele Ehrenamtler mit hohem Engagement nicht mehr bereit, mit der Schulleitung zusammenzuarbeiten.“ Durch ihre Anwältin hatte die Schulleiterin indes jüngst ausrichten lassen: „Zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich es wertschätze, dass die Elternschaft der KGS Grabenstraße sich so umfassend und mannigfaltig für das Schulleben einsetzt. Ich in meiner Funktion als Schulleitung nehme das Bedürfnis der Eltern am gemeinsamen Austausch ernst und stand beziehungsweise stehe hierfür stets zur Verfügung. Von Bedeutung ist allerdings, dass die Kommunikation von gemeinsamem Respekt geprägt sowie konstruktiv ist. Es ist mir ein großes Bedürfnis, auch im kommenden Schuljahr im gemeinsamen Austausch mit den verschiedenen Gremien zusammenarbeiten.“
Eltern nehmen kurzfristig anberaumten Gesprächstermin zähneknirschend wahr
Die Eltern reagieren auf das Gesprächsangebot der Bezirksregierung schriftlich mit einer Beschwerde. „Die gesamte Schulpflegschaft ist sehr daran interessiert, die Lage der KGS zu besprechen und Wege zu einem stabilen und dauerhaften Schulfrieden zu finden. Sollte die Bezirksregierung die Schulkonferenz für den Austausch nutzen, so finden wir, dass eine konstruktive Kommunikation nicht unter solch unausgeglichenen Umständen stattfinden darf. Sie sprechen die Einladung aus, setzen den Termin ohne Absprache fest, entscheiden wo das Gespräch stattfindet und wer daran teilnehmen darf.“ Die Bezirksregierung betont in einem Antwortschreiben: „Wir bedauern die Kurzfristigkeit. Gedacht ist der Austausch über die aktuelle Situation.“ Teilnehmer seien Vertreter der Bezirksregierung sowie eine Vertreterin des Schulamtes. Eine Erweiterung des Teilnehmerfeldes sei zunächst nicht zielführend. „Uns ist daran gelegen, vor dem Schulstart mit der Schulkonferenz in den Kontakt zu treten.“
Das Gespräch findet statt, aber so viel dürfte fest stehen: Zum Schuljahresbeginn wird der Konflikt nicht gelöst sein.
>> „Schulfrieden gesucht“
Unter dem Titel „Schulfrieden gesucht“ haben die Eltern im Juni auch eine Petition gestartet.
Innerhalb kürzester Zeit fanden sich 448 Unterschriften darunter.