Duisburg. Auch der Start ins Schuljahr 2021/22 steht im Zeichen der Corona-Pandemie. Das sagt Duisburgs Schuldezernentin vor dem Unterrichtsbeginn.

Luftfilter für Klassenräume, Corona-Impfungen für Schüler, die schleppende Digitalisierung: Zum Start ins neue Schuljahr in der nächsten Woche gibt es viele umstrittene Themen. Darüber und über den Stand des Bau- und Sanierungsprogramms an den Duisburger Schulen äußert sich Astrid Neese, Dezernentin für Bildung in der Stadtverwaltung, im Interview mit dieser Zeitung.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den täglichen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Wie viele Schüler haben zum Schuljahresstart noch keinen Platz?

Astrid Neese: Es sind rund 80 Zuwanderer-Kinder. Diese Zahl ist aus unserer Sicht nicht dramatisch. Wir sind optimistisch, dass wir auch für sie den Schulstart zeitnah gewährleisten können. Ob zum Schuljahresstart noch weitere Schüler dazukommen, müssen wir abwarten.

Bleibt es zum Schulstart bei den Vorkehrungen aus dem Frühjahr?

Unser Ziel ist es, den Unterricht in Präsenz durchführbar zu machen. Dazu werden wir alle Möglichkeiten nutzen, die uns zur Verfügung stehen: Entzerrte Anfangszeiten etwa. Einen zwölffachen Wechsel der Unterrichtsform, wie es die Grundschulen erlebt haben, darf es nicht erneut geben.

Schlecht zu lüftende Klassenräume könnten Filter bekommen

Um Luftfilter wird weiter gestritten . . .

Die Förderrichtlinie des Landes fehlt. Wir richten uns darauf ein, sie sofort umzusetzen, sobald sie kommt. Ich hoffe, dass wir dann eine einheitliche Grundlage für alle haben. Mit dem IMD sind wir im Gespräch. Schlecht zu lüftende Klassenräume, die jetzt in den Blick genommen werden, könnten dann ausgerüstet werden. Wenn es neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt, werden wir darauf reagieren. Weiterhin gilt: Gut gelüftete Räume sind der wirksamste Schutz. Das ist im Winter natürlich kein optimaler Zustand für Schüler und Lehrer.

Auch interessant

Sollten Corona-Impfungen in weiterführenden Schulen angeboten werden?

Ich begrüße sehr, dass es eine Aussage des Landes gibt, Schülern der Berufskollegs ein Impfangebot zu machen. Wir stimmen im Krisenstab die Organisation ab. Da können wir vielleicht noch einige Ungeimpfte erreichen. Die Schulleiter begrüßen dieses Angebot. Aus den anderen Schulen möchte ich die Diskussion lieber heraushalten. Niederschwellige Angebote an den Impf-Orten sind besser als Impfungen auf dem Schulgelände.

Keine Corona-Impfaktionen auf dem Schulgelände

Wären die Schulen nicht ein guter Ort, um ganze Familien mit einem Impfangebot zu erreichen?

Ja, aber das geht auch über eine Information, die über die Schüler ausgehändigt wird. Ich möchte keine emotionale Diskussion über ein Impfangebot in den Schulen. Sie sind schon genug belastet.

Auch interessant

Aber die Diskussion beginnt doch schon. Etwa darüber, ob nur geimpfte Schüler an Klassenfahrten teilnehmen dürfen?

Dennoch sollten wir andere Möglichkeiten nutzen, um die Communitys in Duisburg zu erreichen, in denen viele Menschen noch ungeimpft sind.

Insgesamt 112 Klassencontainer, im Bild Henning Korsten, Schulleiter der Gesamtschule Walsum, wurden in den vergangenen Jahren an Duisburger Schulen aufgebaut, um Schulraum zu schaffen und Sanierungszeiten zu überbrücken.
Insgesamt 112 Klassencontainer, im Bild Henning Korsten, Schulleiter der Gesamtschule Walsum, wurden in den vergangenen Jahren an Duisburger Schulen aufgebaut, um Schulraum zu schaffen und Sanierungszeiten zu überbrücken. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Erneute Verzögerungen beim Aufbau von mobilen Klassenräumen

Gegen den Raummangel sollten in den Sommerferien weitere Klassencontainer aufgebaut werden. Ist das gelungen?

Wir haben jetzt insgesamt 112, das ist eine erkleckliche Zahl. An sechs Standorten kommt es noch zu Verzögerungen.

Schon die Container-Aufstellung zieht sich über Jahre, noch länger dauern Sanierung und Ausbau der Schulen. Warum geht das nicht schneller?

Bei den Containern sind es komplexe Beschaffungsprozesse. Aber wir haben deutliche Fortschritte gemacht. Mit der neuen Schulbaugesellschaft arbeiten wir parallel am Ausbau der Gebäude. Die Planungsprozesse für Schulen sind aber komplex. Für vier Erweiterungsbauten sind die Planungsbeschlüsse gefasst, für weitere fünf soll es in den nächsten Monaten geschehen. Wir brauchen einen langen Atem. Unser gemeinsamer Anspruch ist es, die Projekte so schnell wie möglich auf die Schiene zu setzen. Wir wollen schneller werden, das ist mein Fokus.

SCHULENTWICKLUNGSPLAN FÜR FÖRDERSCHULEN

Besonders kritisch ist seit Jahren die Lage einiger Förderschulen. Die Schülerzahlen steigen, Lehrer fehlen. Braucht Duisburg mehr Förderschulen?

Wir wollen eine Schulentwicklungsplanung für die Förderschulen aufsetzen und damit die Lage insgesamt in den Blick nehmen. Auch da wird es für uns um Räume gehen, die Ausstattung mit Lehrern verantwortet das Land. Die Situation der Förderschulen soll Schwerpunkt eines Gesprächs mit der Schulaufsicht sein. Wir wollen mit einer fundierten Planung starten. Ob wir weitere Förderschulen benötigen, wird die Analyse zeigen.

Auch da ist Tempo gefragt.

Es ist unser aller Ziel, an Geschwindigkeit zu gewinnen. Dabei hilft, das wir uns von hehren Wünschen nach den schönsten Gebäuden und der perfekten Ausstattung verabschieden. So handhaben wir es beim offenen Ganztag. Multifunktionale Räume sind das Mittel der Wahl, mit dem wir die Platzzahl steigern können. Neue Räumlichkeiten kann es nicht überall geben. Wir müssen pragmatisch handeln.

Auch interessant

Es gibt zwar 31 Schulen des gemeinsamen Lernens in Duisburg, aber es hapert gerade an vielen Gesamtschulen an der personellen Ausstattung.

Wir wissen um die Probleme. Das Poolmodell bei den Integrationshelfern schließt eine Lücke, um die bestmögliche Unterstützung zu gewährleisten. Lehrer- und Raummangel bleiben Zukunftsaufgaben, die wir angehen müssen. Aber Lehrer, die nicht ausgebildet sind, kann uns das Land nicht zur Verfügung stellen.

Zu alt, zu klein, zu wenig Lehrer: Die Förderschule Am Rönsbergshof in Beeck ist eine der Duisburger Förderschulen, die seit Jahren unter eklatantem Raum- und Personalmangel leidet.
Zu alt, zu klein, zu wenig Lehrer: Die Förderschule Am Rönsbergshof in Beeck ist eine der Duisburger Förderschulen, die seit Jahren unter eklatantem Raum- und Personalmangel leidet. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Oberstufenzentren für die gymnasiale Oberstufe

Den Sekundarschulen fehlt die Akzeptanz bei den Eltern. Wie geht es weiter mit dieser Schulform?

Wir können sie nur umwandeln in Gesamtschulen, wenn perspektivisch mindestens 42 Schüler für die Gründung einer Oberstufe zur Verfügung stehen. Wir würden uns wünschen, das die Bildung von Oberstufenzentren für mehrere Schulen gesetzlich möglich gemacht wird. Das würde den Erhalt eines breiteren Bildungsangebots ermöglichen. Wir wünschen uns da mehr Flexibilität, um kreative Lösungen zu ermöglichen.

Die Förderung reicht bei weitem nicht für die Sanierung der Duisburger Schullandschaft. Wird es weitere Programme geben?

Die Pandemie hat erneut das Brennglas auf die Situation der Schulen gerichtet. Ich bin deshalb zuversichtlich, dass weitere Förderprogramme aufgesetzt werden. Deutschland sollte die Bildungsausgaben erhöhen, denn das können die Kommunen nicht allein leisten.

Braucht Duisburg einen Schulentwicklungsplan?

Wir haben ja schon welche für Grund- und weiterführende Schulen. Die Förderschulen folgen jetzt. Wir haben planerische Überlegungen, auf denen Ausbau und Sanierungen erfolgen. Damit haben wir eine Perspektive über die nächsten fünf bis sechs Jahre. Viele Entwicklungen, die darüber hinausgehen, sind schwer vorhersehbar. Die Frage muss sein, wie man einen Schulentwicklungsplan definiert. Zunächst arbeiten wir an den sichtbaren Prioritäten.

DER KRITISCHE BLICK AUF DAS TEMPO DER DIGITALISIERUNG IST BERECHTIGT

Warum läuft die Digitalisierung der Schulen so schleppend?

Wir haben viele Dinge auf den Weg gebracht und sind auch nicht in einer Sonderstellung im Vergleich zu anderen. Die Mittel aus dem Digitalpakt werden wir so schnell wie möglich abrufen und einsetzen.

Duisburg ist ähnlich langsam wie alle anderen – ist das ein gutes Argument?

Es ist eine realistische Betrachtung. Der kritische Blick ist berechtigt. Die Pandemie hat einen verschärften Anspruch an die Digitalisierung entwickelt. Es ist uns gelungen, die Endgeräte in kürzester Zeit zu beschaffen. Dafür haben wir auch viel Lob bekommen. Den Breitbandausbau an den weiterführenden Schulen haben wir geschafft.

Allerdings sind digitale Endgeräte in den Schulen nicht nutzbar, wenn in vielen Gebäuden selbst die einfachste technische Infrastruktur fehlt.

Deshalb haben wir reagiert, um Access-Points zu beschaffen. Jetzt arbeiten wir an weiteren Verbesserungen. Zunächst ist wichtig, dass es im neuen Schuljahr beim Präsenzunterricht bleiben kann. Ich bin da zuversichtlich.