Duisburg. Tierärzte in Duisburg leiden unter hoher Arbeitsbelastung und ziehen mit Aufnahmestopps die Notbremse. Warum die Situation so angespannt ist.

Wer in Duisburg aktuell mit seinem Hund oder der Katze einen Veterinär aufsuchen möchte, braucht Geduld – oder wird möglicherweise sogar abgewiesen. Der Grund ist die hohe Arbeitsbelastung der Tierärztinnen und Tierärzte in den Praxen und Kliniken. So hat etwa das Kleintierzentrum Asterlagen in Bergheim für Tage mit einem hohen Patientenaufkommen einen „zeitlich begrenzten Aufnahmestopp“ ausgerufen.

„Wie bei vielen anderen großen Kleintierzentren und Kliniken im Umkreis sind auch unsere tierärztlichen Kapazitäten nahezu erschöpft“, teilt das Kleintierzentrum Asterlagen via Facebook mit. Die Klinik will sich über den Beitrag im sozialen Netzwerk hinaus nicht äußern – zu groß sei zurzeit die Belastung der Veterinäre vor Ort, heißt es zur Begründung. Doch die dort gewählten Worte sind eindrücklich: Seit Wochen, so die Verantwortlichen des Kleintierzentrums, seien Mitarbeiter „am absoluten Limit“.

Ein ähnliches Bild zeichnet die Tierklinik am Kaiserberg und berichtet derzeit von einem hohen Kundenaufkommen. Die Kapazitäten der Veterinäre seien deshalb schon „vor den Ferien nahezu ausgeschöpft“ gewesen, heißt es auf der Internetseite.

Aufnahmestopp bei Tierärzten: drei Gründe für die Überlastung

Die Gründe für die Überlastung der Tierärzte in Duisburg sind vielfältig: Zum einen gibt es in der Tiermedizin einen bekannten Fachkräftemangel, hinzu kommt die Urlaubszeit für Personal und Praxen, sodass nicht alle der 19 Tierarztpraxen einschließlich Klinik und Tiergesundheitspraxen im Stadtgebiet geöffnet haben.

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Ein weiterer Anlass, der die Veterinäre am Kaiserberg und in Asterlagen an die Kapazitätsgrenzen führt, sei der „Zuwachs an Haustieren durch die Corona-Pandemie“, schildert das Kleintierzentrum. Die Krise und die damit verbundene vermehrte Zeit hat die Nachfrage nach Heimtieren massiv in die Höhe schnellen lassen.

Aufnahmestopp: „Notfälle werden auf keinen Fall abgewiesen“

So berichtete Zoo Zajac im Frühjahr, dass in zwei Tagen 84 Hamster in Neumühl verkauft worden. Vor Corona waren es zehn bis 15 Tiere in der Woche, so Inhaber Norbert Zajac. Hunde werden nach wenigen Stunden zu einem Vielfachen des damaligen Preises verkauft, auch der Verband für Deutsches Hundewesen (VDH) berichtet während der Pandemie, dass auf einen Labrador-Wurf rund 120 Kaufwünsche kämen.

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Doch Mops, Beagle und Chihuahua benötigen nicht nur Auslauf und Streicheleinheiten, sondern auch eine medizinische Versorgung. Die können nicht mehr alle Tierärzte in Duisburg gewährleisten: Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung muss das Kleintierzentrum einen zeitlich begrenzten Aufnahmestopp verhängen. „Notfälle werden auf keinen Fall abgewiesen“, stellen die Verantwortlichen aber klar.

Tierklinik am Kaiserberg hat Angebot für Routineuntersuchungen reduziert

Auch in der Klinik am Kaiserberg – anders als das Kleintierzentrum Asterlagen eine der verbleibenden Stellen, die noch einen 24-Stunden-Dienst anbieten – wurden Terminangebote für Routineuntersuchungen und Operationen deutlich reduziert. „Wir bitten um Ihr Verständnis, dass wir an Tagen mit hohem Patientenaufkommen einen Aufnahmestopp beschließen“, heißt es auf der Internetseite.

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Dies gelte für Neukunden, Behandlungen ohne Termin und auch für Überweisungen, die keine Notfälle darstellen. „Das fällt uns nicht leicht und ist sicherlich für manche Kunden enttäuschend. Damit aber unsere medizinische Leistung und die Versorgung der stationären Patienten nicht leiden, sind wir zu diesem Vorgehen verpflichtet“, teilt die Klinik-Leitung mit.

Mehrstündige Wartezeiten und die Bitte um Verständnis

Auch in Asterlagen seien „mehrstündige Wartezeiten“ möglich. Der Zustand werde „zutiefst“ bedauert, doch unter den „derzeitigen gegebenen Umständen“ sehen die Verantwortlichen keine andere Möglichkeit, um dem eigenen „hohen Anspruch an die fachkundige Behandlung“ der Patienten gerecht zu werden, entschuldigen sich die Verantwortlichen bei den Patienten.

Mitarbeiter im Kleintierzentrum Asterlagen bereiten im Oktober 2020 einen Hund für eine radiologische Untersuchung im CT vor. Das Personal leidet derzeit unter dem hohen Patientenaufkommen – auch begründet durch den massiven Tierkauf in der Corona-Krise.
Mitarbeiter im Kleintierzentrum Asterlagen bereiten im Oktober 2020 einen Hund für eine radiologische Untersuchung im CT vor. Das Personal leidet derzeit unter dem hohen Patientenaufkommen – auch begründet durch den massiven Tierkauf in der Corona-Krise. © FUNKE Foto Services | Volker Herold

>> TIERÄRZTEKAMMER NORDRHEIN: LANDTIERÄRZTE DRINGENDER GESUCHT

  • Laut der Tierärztekammer Nordrhein ist die Situation im ländlichen Räumen noch angespannter, erklärt Viola Hebeler, praktizierende Tierärztin und Mitglied des Öffentlichkeitsausschusses der Tierärztekammer. Gerade bei einzeln gehaltenen Großtieren gebe es „Versorgungslücken“.
  • Gleichzeitig sei die Tiermedizin im Vergleich zu anderen europäischen Ländern in Deutschland viel zu günstig. Durch höhere Umsätze, so Hebeler, könnte auch zusätzliches Personal eingestellt und so das Problem der Arbeitsbelastung mit vielen Überstunden entschärft werden.
  • Neben einem Fachkräftemangel in der Tiermedizin sei gerade auch der „enorme psychische Druck vonseiten der Tierbesitzer“ am Arbeitsplatz (Konflikte etwa über Behandlungen und Honorare) ein ernstzunehmendes Problem für Veterinäre. Der Konflikt münde oftmals in einem „Doctor-Bashing“ im Internet, so Hebeler.