Duisburg. Wer zur Prio-Gruppe 3 für die Corona-Impfung zählt und noch keinen Termin hat, hat schlechte Karten. Bericht einer digitalen Odyssee.

Die Termine im Duisburger Impfzentrum sind ausgebucht bis Ende Mai. Die Frage nach einer Impfung beim Besuch in der Hausarztpraxis am 15. April wurde abschlägig beantwortet. Keine verlässliche Lieferung der bestellten Impfstoffe, deshalb gebe es auch keine Warteliste. „Rufen Sie mal im Juni an.“ Die Registrierung vor etlichen Wochen beim Impfzentrum über die Seite der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo) zeigt immer noch dasselbe Ergebnis: „Die Terminvereinbarung ist aufgrund Ihres Alters zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.“ Dabei zähle ich rein altersmäßig zur Prio-Gruppe 3. Doch die Priorisierung soll ja am 7. Juni aufgehoben werden. Stellt sich die Frage: Was tun, bevor die Dämme brechen und das Windhundrennen eröffnet wird?

Sackgasse auf der Homepage der Stadt Duisburg

Ich wähle den digitalen Weg. Stichwort: Impftermine Corona Duisburg. Ganz oben lande ich auf der Seite impfzentrum-terminvergabe-ueber60.duisburg.de und komme auf das Anmeldeportal zur Corona-Impfung. Die Seite trägt das Datum 21. April. Alle Voraussetzungen werden aufgelistet. Es steht da sogar: „Wir freuen uns auf Sie!“. Doch wer einen Termin buchen will, läuft vor die Wand. Bis Ende des Jahres ist nichts buchbar. Die Seite wurde eingerichtet für das einmalige Sonderkontingent von Astrazeneca für Ü-60-Jährige, das schnell ausgebucht war. Aber sie wurde noch nicht gelöscht. Sackgasse!

Kreisverkehr zur KVNo

Also wieder direkt auf die städtische Seite duisburg.de unter Impfungen-FAQ nachsehen. Frage angeklickt: Wie bekomme ich einen Termin? Antwort: Impfberechtigte können unter der Telefonnummer (0800 116 117 01), oder der Internetseite 116 117.de einen Termin machen. Klick auf den Link, Klick auf Terminbuchung, Klick auf Terminvergabe in ihrem Bundesland, Klick auf Nordrhein-Westfalen, Klick auf Terminbuchung in Nordrhein/Rheinland und ich lande auf der Registrierungsseite der KVNo, den Rest kenne ich schon: „Die Terminvergabe ist aufgrund Ihres Alters zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich.“

Das Impfzentrum Duisburg ist für Menschen aus der Prio-Gruppe 3, die zwar einen Anspruch auf die Impfung, aber noch keine Berechtigung dafür haben, derzeit so unerreichbar wie Kafkas Schloss.
Das Impfzentrum Duisburg ist für Menschen aus der Prio-Gruppe 3, die zwar einen Anspruch auf die Impfung, aber noch keine Berechtigung dafür haben, derzeit so unerreichbar wie Kafkas Schloss. © FUNKE FotoServices | Foto: Kerstin Bögeholz

Hatte die KVNo nicht unlängst gesagt, dass man sich alternativ auch in den Impfzentren der umliegenden Städte auf die Warteliste setzen lassen kann? Stichwort: Impfzentren in NRW. Ich lande auf der Seite 116 117.app mit der Aufforderung: „Wählen Sie das Impfzentrum in Ihrer Umgebung und buchen Sie Ihre beiden Impftermine.“ Auswahl Bundesland NRW, Auswahl Impfzentrum: Nichts wird ausgewiesen. Baden Württemberg hingegen listet zig Impfzentren auf. Also noch mal: Klick auf NRW, Klick auf „weitere Impfzentren in NRW“. Der Aufforderung „Bitte notieren Sie Ihre Auswahl!“ kann ich nicht nachkommen, es gibt keine Auswahl. Aber einen Button „Zum Impfzentrum“. Es folgt die Weiterleitung auf den eigenständigen Terminservice der Kassenärztlichen Vereinigung. Und ewig grüßt das Murmeltier.

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Die Impfzentren in den umliegenden Städten finde ich auf der Seite des NRW-Gesundheitsminsteriums mags.nrw und klicke mich nacheinander durch die Zentren in Mülheim, Oberhausen, Essen und Düsseldorf. Das Ergebnis ist stets das altbekannte „Aufgrund Ihres Alters ...“ weil alle mit der KVNo verbunden sind, über die die Terminvergabe läuft. Wartelisten, in die man sich eintragen könnte, gibt es nicht. Aber zumindest hat Mülheim ein klare Aufstellung, wer derzeit überhaupt impfberechtigt ist. Menschen über 60 Jahre: Nein!

Irrweg durch den Paragraphendschungel

Das sieht die Impfbrücke Duisburg anders. Auf der Seite duisburg.impfbruecke.de steht, dass Restimpfstoffe nur an die Priorisierungsgruppen 1, 2 und 3 der aktuellen Impfverordnung vermittelt werden. Der Klick auf den Link Prio-Gruppen führt wieder auf die Seite des Gesundheitsministeriums. Dort beginnt die nächste Odyssee. Wer als Suchbegriff „Impfverordnung“ eingibt, erhält eine Reihe von Pressemitteilungen, aber nicht die Verordnung selbst.

Zurück in die Suchmaske, Stichwort: Impfverordnung Corona. Auf der Seite des Bundesgesundheitsministeriums kann die Verordnung als PDF runtergeladen werden, strotzt vor Paragraphen und ist vom 31. März 2021. Wer will findet noch einen Referentenentwurf vom 19. Mai dieses Jahres, der auch nicht erhellender ist. Die Homepage der Bundesregierung hingegen eröffnet die Möglichkeit: „Corona-Impfung: Wer kann sich wann impfen lassen?“ Ein Klick: Es erscheint die übersichtliche Einteilung in Priorisierungsgruppen. In der 3. steht „u.a. 60-70-Jährige“ und weiter unten unter der Fragestellung „Wo erfahre ich, ob ich mich impfen lassen kann?“ der Hinweis auf die Terminvergabe der KVNo für die Impfzentren und in den Hausarztpraxen direkt. Danke, habe ich beides schon ausprobiert, ohne Erfolg.

Anspruch oder Berechtigung

Langsam dämmert mir, dass die Verwirrung darüber, ob man als Angehöriger der Prio-Gruppe 3 nun einen Termin buchen kann oder nicht, daher rührt, dass nicht eindeutig zwischen Anspruch und Berechtigung unterschieden wird. Zurück bei der Impfbrücke werde ich anstandslos registriert, denn hier gehöre ich in meinem Alter zu den „Berechtigten“.

Bringt mir aber immer noch keinen buchbaren Termin ein. Nächste Möglichkeit: andere Hausärzte suchen. Das Portal doclib.de bietet Hilfe dabei an. Praxen melden hier, wann sie freie Impftermine haben. Und es gibt auch genaue Filter wie Erstimpfung oder Zweitimpfung und die Kombination mit verschiedenen Impfstoffen. Das Ergebnis bei der Eingabe Erstimpfung ist allerdings niederschmetternd. Die einzigen beiden Ärzte, die am 31. Mai und 1. Juni noch Termine frei haben, akzeptieren keine Onlinebuchungen für Neupatienten. Alle anderen Verfügbarkeiten sind ausgebucht in den aufgelisteten Praxen in Dinslaken, Düsseldorf, Haltern am See, Hünxe und Wegberg (wo immer das auch liegt). Eine Praxis in Düsseldorf hat den nächsten freien Termin am 11. Oktober (!) und eine in Marl am 12. August.

Endlich ein Platz auf der Warteliste

Die Mühe, zu prüfen, ob wenigstens die beiden Praxen bereit sind, Neupatienten zu impfen, erspare ich mir nach dieser so ermüdenden wie erfolglosen Suche. Ebenso wie meine Registrierung auf der Anfang Mai an den Start gegangenen Webseite sofort-impfen.de, die kurzfristige Termine von Hausärzten in der Nähe vermittelt. Denn kaum habe ich meine Postleitzahl angegeben, wirft mir die Seite meine private Mailadresse aus, obwohl ich die auf diesem Portal noch nie eingestellt habe. Da fragt man sich, wo die meine Daten herhaben und vor allem, wie sie weiter damit umgehen, wenn ich mich registriere? Nicht mein Ding.

Ich breche die Registrierung und meine Suche ab. Stattdessen versuche ist es noch mal auf altmodische Art, greif zum Telefon und rufe meinen Hausarzt an, obwohl es noch nicht Juni ist. Kurz vor Sprechstundenschluss komme ich auch sofort durch. Ergebnis: „Wir bekommen derzeit keinen Impfstoff. Rufen Sie mal im Juli an.“ Aber zumindest stehe ich da jetzt auf einer Warteliste.