Duisburg-Wanheimerort. Nach dem Einsatz einer Polizei-Hundertschaft bei einer Sinti-Beerdigung in Duisburg kritisiert die Familie des Toten das Vorgehen der Polizei.

Mehr als viermal so viele Trauergäste wie aktuell erlaubt, haben am Montag (17. Mai) eine Beerdigung auf dem Waldfriedhof in Wanheimerort besucht: 130 Teilnehmer hatten sich dort zu einer Trauerfeier versammelt. Die Polizei war mit einer Hundertschaft im Einsatz. Jetzt meldet sich die betroffene Sinti-Familie zu Wort – mit Kritik.

Auch interessant

Wie die Stadt Duisburg am Dienstag auf Nachfrage bestätigt hat, informierte die Polizei am Montag den städtischen Außendienst (SAD) des Ordnungsamtes darüber, dass auf dem Waldfriedhof eine Beerdigung mit vielen Teilnehmern stattfindet.

Stadt Duisburg: Bei Beerdigungen sind wegen Corona nur 30 Teilnehmer erlaubt

Um 13.30 Uhr fuhren SAD und Polizei den Friedhof an. Laut ihren Angaben fanden sie dort 130 Teilnehmer einer Trauerfeier vor – aktuell sind wegen Corona in Duisburg höchstens 30 Gäste bei einer Beerdigung oder Trauerfeier erlaubt. „Sowohl für die Beerdigung als auch für die Zusammenkunft nach der Beerdigung dürfen maximal 30 Personen zusammenkommen“, schreibt die Stadt in ihrem Corona-FAQ auf ihrer Homepage.

[Nichts verpassen, was in Duisburg passiert: Hier für den kostenlosen Duisburg-Newsletter anmelden.]

Südosteuropäer- Kaum Impfskepsis, aber Ängste und Fake News Dem widerspricht die betroffene Familie, deren Mitglieder nach eigenen Angaben „deutsche Sinti“ sind, „seit 1430 in Deutschland“.

Bei der Anmeldung der Beerdigung habe die Stadt darauf hingewiesen, dass sich in der Trauerhalle nur 30 Menschen aufhalten dürften. Unter freiem Himmel gebe es auf dem Friedhof aber keine Beschränkung, habe man ihm gesagt, sagt Günter Richter, nach eigenen Angaben ein Neffe des Verstorbenen: „Die Stadt hat gesagt, das ist egal.“

Polizei sperrt Waldfriedhof Duisburg vorübergehend wegen großer Sinti-Beerdigung

Leiche verwechselt – falsche Tote ohne Abschied eingeäschert Richter sagt weiter: „Da sind Leute gekommen, die hatten 1000 Kilometer Anfahrt.“ Trotzdem hätten sie nicht hinter dem Sarg zum Grab laufen dürfen, „der ganze Friedhof war gesperrt“, nur 30 Menschen hätten den Weg zum Grab gehen dürfen. Die übrigen Trauergäste hätte die Polizei „vom Friedhof geworfen“, so Richter.

Polizeisprecher Jonas Tepe widerspricht: Die Polizei habe den Friedhof zwar vorübergehend gesperrt, das aber „nicht lange, wir sprechen hier eher von Minuten“. Man habe „niemandem verwehrt, zum Grab zu gehen.“ Die kurzfristige Sperrung des Friedhofs habe dazu gedient, mögliche Verstöße gegen die Coronaschutzverordnung zu verhindern.

Sinti-Beerdigung: Duisburg nennt Trauergemeinschaft „einsichtig und kooperativ“

Vergleichbar argumentiert auch die Stadt. Zwar gebe es keine Besucher-Höchstzahl für Friedhöfe, aber: „Es gibt eine Personenbeschränkung auf 30 Personen pro Beerdigung“, stellt ein Sprecher klar, „gleiches gilt auch für den Gang zum Grab.“ Das sei den Angehörigen vorab mitgeteilt worden. Zudem gelte auch auf Friedhöfen die wegen Corona derzeit vorgeschriebenen Kontaktbeschränkung sowie Maskenpflicht und Mindestabstandsgebot.

In der Trauerhalle hatten sich nach Angaben der Stadt 30 Trauergäste aufgehalten, die übrigen Teilnehmer seien draußen gewesen, „unter Einhaltung der Mindestabstände und Maskenpflicht“, so ein Stadtsprecher. Die Trauergemeinschaft habe sich „sehr einsichtig und kooperativ“ gezeigt.

„Normalerweise wären das über 2500 Menschen gewesen“

Ausstellung beleuchtet Lebenswege Duisburger Sinti und Roma Die Hundertschaft der Polizei wurde nach Angaben der Stadtverwaltung hinzugebeten, damit nicht noch mehr Menschen zur Trauerhalle kommen konnten.

„Es waren 400 Mann in Duisburg“, sagt Günter Richter, viele davon seien aber nicht auf den Waldfriedhof gekommen. Nach seinen Angaben wäre die Beerdigung zu Nicht-Corona-Zeiten noch wesentlich größer ausgefallen: „Normalerweise wären das über 2500 Menschen gewesen, aber die haben abgesagt, weil sie Angst vor Corona haben.“

Vorwurf: Sohn des Toten durfte nicht mehr in die Trauerhalle – Polizei widerspricht

Richter wirft der Polizei vor, den Sohn des Toten nicht mehr in die Trauerhalle gelassen zu haben, nachdem dieser sie kurzfristig verlassen hatte. „Er durfte nicht mehr rein“, sagt Richter. Das bestätigt die Stadt – bei der wegen der Coronaschutzverordnung in diesem Fall die Zuständigkeit liegt – nicht: „Davon ist uns nichts bekannt.“ Die Mitarbeiter des Ordnungsamtes seien „weder durch den Sohn des Verstorbenen noch durch andere Trauergäste darauf angesprochen“ worden.

Die Polizei betont in Person von Sprecher Jonas Tepe: „Wenn die Hundertschaft eingesetzt wird, sind nicht automatisch hundert Polizisten vor Ort.“ Konkrete Zahlen zu Beamten bei Einsätzen nennt die Polizei grundsätzlich nicht. Wegen der Sinti-Beerdigung auf dem Waldfriedhof seien aber „wesentlich weniger“ als 100 Polizisten im Einsatz gewesen.

>> KEINE FESTNAHMEN, KEINE ORDNUNGSWIDRIGKEITSVERFAHREN

■ Der Einsatz auf dem Waldfriedhof war um 15 Uhr beendet, bis dahin hatten die meisten Trauergäste den Ort verlassen. Es gab nach Angaben der Behörden weder Festnahmen, noch wurden Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet.