Duisburg. Der Duisburger Thomas Tönshoff ist Teil der Gruppe „Extinction Rebellion“ und blockiert am Samstag eine Straße. Was ihn auf die Straße treibt.

Deutschlandweit haben am Samstagmittag um 12 Uhr rund 200 Aktivisten der Gruppe „Extinction Rebellion“ alleine den Straßenverkehr gestoppt. Unter ihnen ist auch Thomas Tönshoff. Der Duisburger ist Naturwissenschaftler und normalerweise „als Mathematiker eher nüchtern veranlagt“. Doch die Klimakrise und dass die Politik bisher nur wenig unternimmt, um den Temperaturanstieg zu stoppen, bringt ihn auf die Straße.

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„Bewaffnet“ mit einem großen Schild, einem orange-farbigen Wimpel und einem Schaumstoffkissen für die Knie, hockt er nun unübersehbar vor dem Großenbaumer Bahnhof. Autofahrer können ausweichen, müssen aber warten, wenn ihnen jemand entgegenkommt. Zehn Minuten dauert die Aktion. Gemurrt wird oft durch das offene Fenster, gehupt erstaunlich selten.

Gemischte Reaktionen bei Autofahrern und Passanten in Duisburg-Großenbaum

„Ich bin kein Draufgänger“, betont der 60-Jährige und sagt kurz vor der Aktion, dass er ein bisschen Angst habe. „Aber die Angst, dass meine Kinder und vielleicht meine künftigen Enkel keine Lebensgrundlage mehr haben, ist größer.“ Der Klimawandel beruhe auf naturwissenschaftlichen Werten - und die prognostizierten nun mal, dass es so nicht weiter gehen könne.

„Ich habe eine Scheißangst“, sagt Thomas Tönshoff vor der Aktion. Noch größer sei die Angst aber, dass seine Kinder und Enkel künftig keine Lebensgrundlage mehr haben könnten.
„Ich habe eine Scheißangst“, sagt Thomas Tönshoff vor der Aktion. Noch größer sei die Angst aber, dass seine Kinder und Enkel künftig keine Lebensgrundlage mehr haben könnten. © FUNKE Foto Services | Foto: Frank Oppitz

Tönshoff ist Mitglied bei den Grünen, stimmt in vielen anderen Themenbereichen mit der Partei überein, doch insgesamt sind ihm die großen Parteien „zu wenig radikal“. Seit etwa einem halben Jahr macht er deshalb bei der Gruppe „Extinction Rebellion“ mit. Der Software-Experte hat ein Protest-Training bekommen, gewaltfrei soll die Rebellion ablaufen. Den Kreisverkehr vor dem Großenbaumer Bahnhof hat er sich ausgesucht, weil hier einerseits Verkehr fließt, die Situation aber dennoch überschaubar ist.

„Hier erlebste wat, da brauchste gar kein Fernsehen gucken“, wundert sich die Marktfrau. Andere Passanten schütteln nur den Kopf, ohne sich die Plakate durchzulesen. Andere machen hingegen ein Foto, um Bekannten davon zu erzählen. „Ich find’s gut, es muss was passieren“, erklärt eine Frau und bewundert den Mut von Tönshoff.

Aufgebrachter Pkw-Fahrer beschwert sich bei der Polizei

Der harrt weiter seelenruhig aus. Die Reaktionen der Autofahrer reichen von „Sach ma, geht’s noch?“ bis Kopfschütteln. Kaum jemand hupt, die meisten warten, bis der Gegenverkehr durch ist und fahren um das rebellische Verkehrshindernis herum. Ein aufgebrachter Pkw-Besitzer droht mit der Polizei: „Sowat geht ja gar nicht.“

FFF- 500 Demonstranten beim Klimastreik in Duisburg Nach zehn Minuten beendet Tönshoff seinen Einsatz und wirkt ziemlich erleichtert. „Als ich da saß, ging’s eigentlich.“ Beim nächsten Mal würde ihm die Rebellion leichter fallen, „aber das ist ja kein Selbstzweck für mich. Ich mach das, damit die Politiker endlich handeln.“

Bei der Polizei Duisburg ist tatsächlich ein Hinweis von einem Autofahrer eingegangen. Wie die Sache weiter verfolgt wird, steht am Samstagmittag noch nicht fest. Tönshoff: „Dann ist das so. Ich steh dazu mit meinem Namen.“

>> Polizei erlaubte vergleichbare Aktionen in Essen

In NRW haben sich insgesamt zwei Dutzend Klimaaktivistinnen und -aktivisten von „Extinction Rebellion“ beteiligt und in neun Städten den Straßenverkehr gestoppt. Die Protestaktion fand zum zweiten Mal binnen weniger Wochen in ganz Deutschland statt.

Beispielsweise in Essen kam es in den vergangenen Wochen öfter zu aufsehenerregenden Aktionen auf Straßenkreuzungen. Die Essener Polizei hat die Autofahrer darüber aufgeklärt, dass das so genannte „Swarming“ von der Versammlungsfreiheit gedeckt und somit erlaubt sei. Thomas Tönshoff findet: „Das, was ich in Großenbaum gemacht habe, ist dagegen eine sanfte Aktion. Ich bin ja alleine.“