Duisburg. Ein breites Bündnis richtet einen offenen Brief an den Duisburger Oberbürgermeister und den Rat. Was die Unterzeichner von der Stadt fordern.
Vor der nächsten Ratssitzung am 19. April reißt die Kritik an den jüngsten Einsätzen der Task Force „Schrottimmobilien“ der Stadt Duisburg nicht ab. Am 4. März hatte diese an der Gravelottestraße in Duisburg-Hochfeld drei Mehrfamilienhäuser mit Verweis auf Brandschutzmängel geschlossen. 66 Bewohner mussten sich daraufhin eine neue Bleibe suchen. Unter der Überschrift „Jeder Mensch braucht ein Zuhause“ haben nun Hendrik Thome (Linke) und zahlreiche Mitstreiter einen Appell an Oberbürgermeister Sören Link und die Mitglieder des Rates verfasst.
In diesem fordern sie, „dass die Vorgehensweise bei der Räumung schnell und lückenlos aufgeklärt wird.“ Bisher haben rund 70 Personen aus sämtlichen Stadtteilen den offenen Brief unterzeichnet – darunter der ehemalige Leiter des Jugendamtes, Bernd Fastabend, Künstler, Sozialarbeiter, ehemalige Bewohner der betroffenen Häuser und SPD-Mitglieder – dabei hatten führende Sozialdemokraten dem Oberbürgermeister nach dem Task Force-Einsatz noch den Rücken gestärkt.
Duisburger Bündnis: Mit Betroffenen und Nachbarn nach besseren Lösungen suchen
„Wir appellieren an Sie, den genannten Antrag nicht vorschnell abzulehnen, sondern zumindest einen Prüfauftrag an die Verwaltung auszusprechen. Uns geht es darum, die Verfahrensweisen zu verbessern. Lassen Sie uns gemeinsam mit den Betroffenen und ihren Nachbarn nach besseren Lösungen suchen“, erklären die Unterzeichner.
Einigen von ihnen trafen sich nun online, um das weiter Vorgehen zu besprechen. „Wir haben nun zehn Jahre zugeschaut. Da wurde viel hingenommen, doch jetzt ist es an der Zeit, etwas zu ändern“, betont Jurist Hendrik Thome. Er hat in unterschiedlichen Netzwerken für seinen Vorstoß geworben und habe etwa auch von SPD-Mitgliedern immer wieder Zustimmung erfahren. Deshalb glaubt er, könne es gut sein, dass die Arbeit der Task Force kritisch unter die Lupe genommen werde. Bernd Fastabend betont: „Die Verwaltung muss das ausführen, wozu die Politik ihr den Auftrag gibt. So habe ich es in all den Jahren gelernt.“
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Lena Wiese vom Netzwerk Hochfeld gehörte zu denen, die die erste Kundgebung nach der Räumung in Hochfeld mit organisiert hat. Das Netzwerk hat sich vor einem Jahr gegründet, als klar war, dass der Rheinpark im Jahr 2027 Schauplatz der Internationale Gartenschau werde. Die Stadtforscherin und die anderen Gruppenmitglieder wollen darauf achten, dass Hochfeld von den Veränderungen profitiere. „Niemand kann eigentlich besser über die unmittelbaren Folgen einer unangekündigten Zwangsräumung berichten, als die geräumten Bewohner selbst. Auch deshalb haben wir uns als ,Netzwerk Hochfeld’ zunächst zurückgehalten, da schon lange genug über die Köpfe der am ehesten von Verdrängung betroffenen Bewohner hinweg geredet und entschieden wurde. Für uns war es zentral, dass wir zunächst unsere Ressourcen zur Verfügung stellen, um den Erfahrungen und Forderungen unserer Nachbarn eine Plattform zu ermöglichen, damit sie angehört, gesehen und ernst genommen werden“, erklärt Lena Wiese stellvertretend für das Netzwerk.
Initiative formuliert Ideen und Forderungen in Richtung Politik und Verwaltung
Karl-August Schwarthans, ehemaliger Geschäftsführer der Awo-Integration und mit den Themen bestens vertraut, weiß, dass die Zugewanderten auch früher schon aktiv wurden, wenn sie um ihre Existenz kämpften. „Mit den Räumungen wurden sie abgemeldet, mussten zum Beispiel Gelder neu beantragen und sich Wohnungen suchen“, weiß er. Das erfordere viele Ressourcen.
Lena Wiese findet: „Die Debatte um die Task Force wird zu oft mit Sicherheitsfragen verknüpft. Man müsste viel mehr die Betroffenen in den Fokus nehmen.“ Das Netzwerk Hochfeld hat einen eigenen offenen Brief formuliert und fordert einen „längst überfälligen Paradigmenwechsel der Stadtentwicklungspolitik in Duisburg.“
Die Unterzeichner des Appells von Hendrik Thome wollen es deshalb nicht bei dem Wunsch nach Aufarbeitung belassen. Sie formulieren Vorschläge und Forderungen, darunter: „Die Verwaltung ist für alle Einwohner unserer Stadt da. Auch Menschen, die in letzten Jahren nach Duisburg gekommen sind, haben ein Anrecht auf gesunden und bezahlbaren Wohnraum.“ Mit Blick auf Baumängel wird betont: „Der Schutz vor Brandgefahren und gesunde Wohnverhältnisse sind für uns wichtige Ziele. Wir wollen die Bewohner ihrer Häuser dazu ermächtigen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten und ihrer Verantwortung zu einem effektiven vorbeugenden Brandschutz beizutragen, durch Aufklärung, Information und Beratung in allen maßgeblichen Sprachen und durch die Benennung von Verantwortlichen für die Hausgemeinschaften.“ So seien Brandwachen eine Möglichkeit, dass die Bewohner nicht direkt ausziehen müssten.
Um ins Gespräch zu kommen, soll ein Runder Tisch eingerichtet werden. Betroffene, Nachbarn, Vertreter der jeweiligen Ämter, Vermieter und Wohlfahrtsverbände, sollen, möglichst unter Anleitung eines Mediators, nach Lösungen suchen. Mit ähnlichen Treffen habe der Runde Tisch „Offenes Rheinhausen“ bereits gute Erfahrungen gemacht. Dieser war bereits aktiv, als die Debatte um die Häuser „In den Peschen“ lief.