Duisburg. Freude, aber auch große Sorge: Wie Duisburger Träger auf die von Minister Laumann angekündigten Corona-Lockerungen für Altenheime reagieren.

Das Evangelische Christophoruswerk in Duisburg begrüßt die von NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) angekündigten umfassenden Lockerungen für Altenheime. „Von den Bewohnern sind über 90 Prozent geimpft, bei den Pflegekräften sind es bei uns rund 85 Prozent. Wir sind hier auch dank der tollen Zusammenarbeit mit der Stadt an einem Punkt, wo ich das Risiko für überschaubar halte“, sagt Ulrich Christofczik aus dem Vorstand. „Die Zahl der Corona-Infektionszahlen sind in allen Heimen nur noch sehr gering.“

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So soll die strenge Maskenpflicht in den Einrichtungen wegfallen. „Wenn zum Beispiel die Oma geimpft und ihr Besuch negativ getestet ist, ist im Zimmer keine Maske mehr nötig“, sagte Laumann im Live-Interview mit WAZ-Chefredakteur Andreas Tyrock.

Pflegeheime: Christophoruswerk in Duisburg begrüßt Corona-Lockerungen

Möglich seien auch wieder gemeinschaftliche Aktivitäten wie Singen, Gottesdienste, Basteln oder Kochen. Bewohner dürften auch wieder zusammen essen und müssen demnach nicht mehr obligatorisch getestet werden. Fünf Besucher plus Kinder unter 14 Jahren sind künftig erlaubt. Die entsprechende Verordnung soll in den nächsten Tagen in Kraft treten.

„Wir sind froh, dass wir ein Stück Normalität zurückgewinnen“, sagt Christofczik, gleichzeitig Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege. Er hatte Laumann in der Vergangenheit häufiger und zum Teil heftig kritisiert – einerseits für die aus seiner Sicht fehlenden Unterstützung etwa bei den Schnelltests. Andererseits gingen ihm die Entscheidungen des NRW-Ministers oft nicht weit genug, um vor allem die Bewohner als Risikogruppe ausreichend zu schützen.

Besucher und Mitarbeiter müssen sich weiter testen lassen

„Nun halte ich die Lockerungen für vertretbar, zumal die Mitarbeiter alle drei Tage getestet werden und Besuche nur mit einem maximal 48 Stunden alten Schnelltest möglich sind“, so Christofczik, der die Stadt auch für die kurzfristige Einrichtung von 14 Schnellteststationen in Duisburg lobt. „Auf die Tests von Besuchern müssen wir weiter unser Hauptaugenmerk legen, damit das Virus nicht in die Einrichtungen getragen wird.“

Schließlich seien viele, aber noch nicht alle geimpft. „Außerdem“, so Christofczik, „ist wissenschaftlich noch nicht geklärt, ob nicht auch geimpfte Personen ansteckend sind beziehungsweise das Virus übertragen können.“

Hewag-Geschäftsführer sieht Laumanns Entscheidungen sehr kritisch

Genau diese Tatsachen sorgen dafür, dass die Begeisterung über die Lockerungen nicht bei allen Trägern groß ist. Wieland Kleinheisterkamp, Geschäftsführer der Hewag-Seniorenstifte als zweitgrößter Anbieter von vollstationärer Pflege in Duisburg, sieht Laumanns Entscheidungen sehr kritisch. „Ich habe größtes Verständnis für den Wunsch nach Normalität, aber ich bin ein bisschen überrascht“, so Kleinheisterkamp.

Die aktuellen Entscheidungen des NRW-Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann sorgen in Duisburg nicht bei allen Trägern für Begeisterung.
Die aktuellen Entscheidungen des NRW-Gesundheitsministers Karl-Josef Laumann sorgen in Duisburg nicht bei allen Trägern für Begeisterung. © dpa | Federico Gambarini

Die Virusmutationen in Verbindung mit wieder hohen Inzidenzwerten in Duisburg bereiten ihm große Sorgen. „Wir werden in unserem Pandemiestab besprechen, ob uns Laumanns Entscheidungen zu weit gehen. Und wenn das so ist, dann werden wir uns dagegen wehren“, sagt der Hewag-Geschäftsführer. Der Schutz und die Sicherheit der Bewohner und Mitarbeiter habe absolute Priorität.

Awocura-Geschäftsführer: Laumann bleibt vage und populär

Michael Harnischmacher, Geschäftsführer der Awocura, die ebenfalls zu den stadtweit großen Trägern gehört, begrüßt die Lockerungen – mit Einschränkungen. „Wir finden es gut, dass sich ein geimpfter Bewohner mit einem negativ getesteten Angehörigen im Zimmer ohne Maske treffen darf oder dass interne Veranstaltungen für die Senioren wieder möglich sind“, so Harnischmacher. „Aber da gibt es hinsichtlich der konkreten Umsetzung, was erlaubt ist und was nicht, noch einiges zu klären. Laumann bleibt sich sich da treu, bleibt vage und populär.“

So habe die Awocura bereits Anfragen aufgrund der neuen Besuchsregelungen, die aber noch in keiner Verordnung verankert seien (Stand, Freitag, 12. März, 12 Uhr). „Wir möchten die Angehörigen deshalb noch um etwas Geduld bitten“, so der Awocura-Geschäftsführer.

Außerdem verstehe er nicht, wie der NRW-Gesundheitsminister, wie jüngst geschehen, von einer Herdenimmunität in den Alten- und Pflegeheimen sprechen könne. Die allermeisten Bewohner seien zwar geimpft, „aber bei uns bisher nur zwei Drittel der Mitarbeiter“, so Harnischmacher. „Das Ansteckungsrisiko ist weiter da.“

>> NEUE HEIMBEWOHNER IN DUISBURG SOLLEN SCHNELL GEIMPFT WERDEN

  • Angesichts der angekündigten Lockerungen rückt auch die Frage von Impfungen für neue Bewohner in den Pflegeeinrichtungen stärker in den Fokus. „Sobald wir sechs Neueinzüge haben, können wir ein mobiles Impfteam anfordern“, erklärt Ulrich Christofczik, Vorstand des Evangelischen Christophoruswerks. „Vorher nicht, weil aus einer Ampulle sechs Impfdosen gezogen werden und ja möglich nichts übrig bleiben soll.“
  • Diese Mindestzahl von neuen Bewohnern komme etwa auf dem Campus des Christophoruswerks in Meiderich mit mehreren Einrichtungen schnell zusammen. Damit auch bei einzelnen Pflegeheimen niemand nach einem Einzug lange auf eine Impfung warten muss, werden laut Christofczik trägerübergreifende Lösungen angestrebt – etwa für Heime, die räumlich nicht weit voneinander entfernt liegen.