In den Altenheimen in NRW werden die Corona-Beschränkungen deutlich gelockert. Über-70-Jährige sollen ab Mitte April geimpft werden.
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat umfassende Lockerungen für die Altenheime in Nordrhein-Westfalen nach der breit angelegten Impfaktion und dem deutlichen Rückgang der Corona-Infektionen in diesen Einrichtungen angekündigt. Die strenge Maskenpflicht in den Altenheimen werde aufgehoben, sagte Laumann am Donnerstag in Düsseldorf. Möglich seien auch wieder gemeinschaftliche Aktivitäten wie Singen, Gottesdienste, Basteln oder Kochen. Bewohner dürften auch wieder zusammen essen.
Die obligatorische Testung entfalle für Bewohner. Personal und Besucher müssten weiterhin getestet werden. Künftig dürften fünf Besucher plus Kinder unter 14 Jahren kommen. In den Altenheimen solle wieder mehr Normalität einziehen. Die entsprechende Verordnung gehe jetzt raus und werde in den nächsten Tagen in Kraft treten. „Es geht jetzt schnell.“ Laumann sprach von einer Herdenimmunität in den Alten- und Pflegeheimen, nachdem dort die Bewohner und das Personal geimpft wurden.
Während kurz vor Weihnachten rund 5000 Corona-Infektionen in den Altenheimen in NRW registriert worden seien, seien es jetzt deutlich unter 400.
Start der Impfungen von Menschen über 70 Mitte April
Die Corona-Impfungen der Menschen über 70 Jahre sollen in Nordrhein-Westfalen Mitte April starten. Ab Anfang April bekomme diese Gruppe Terminangebote für die Impfung, sagte Laumann. Die Impfgruppe werde nach Jahrgängen gestaffelt. In der Altersgruppe der über 70-Jährigen bis 79-Jährigen sollen 1,6 Millionen Menschen versorgt werden.
Hausarztpraxen werden in NRW ab Ende März mit Impfstoff beliefert
Die Hausärzte in Nordrhein-Westfalen sollen ab Ende März vom Land mit Corona-Impfstoffen beliefert werden, um schnell in die Impfung chronisch Kranker einsteigen zu können. Niemand könne sagen, ob das eine oder zwei Millionen Patienten in NRW betreffe, sagte Laumann. Die Hausärzte wüssten aber, wer geimpft werden müsse. NRW werde mit der Belieferung für einen „Vorsprung“ sorgen, bevor der Bund ab Mitte April die Versorgung der Hausarztpraxen mit Impfstoffen übernehme. Verteilt werde auf die Bundesländer nach Einwohnerzahl.
Schwere Pflegefälle werden nun zuhause geimpft
In Nordrhein-Westfalen sollen jetzt auch pflegebedürftige Menschen mit einem hohen Pflegegrad zuhause geimpft werden. Das betreffe rund 65 000 Menschen mit Pflegegrad vier und fünf, sagte der NRW-Gesundheitsminister. Zu ihnen kämen Hausärzte oder mobile Teams. Außerdem könnten Menschen in dieser Pflegestufe zwei pflegende Angehörige oder enge Betreuer bestimmen, die ebenfalls und möglichst zum gleichen Zeitpunkt gegen das Coronavirus geimpft würden.
Eine Altersbeschränkung gebe es für die mit geimpften Betreuer nicht, sagte Laumann. Diese Entscheidung liege in der Eigenverantwortung des Betroffenen, „wem er diese beiden Gutscheine gibt“.
Auch Frauen, die ein Kind erwarten, sollen zwar aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden, können aber ebenfalls zwei Menschen aus ihrem Umfeld benennen, die eine kostenlose Coronaschutzimpfung erhalten sollen. Das Angebot solle am 29. März starten und werde derzeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen organisiert, sagte Laumann.
Laumann: NRW möchte auch zusätzliche Impfdosen für Grenzregionen
Auch Nordrhein-Westfalen möchte zusätzliche Impfdosen zur Versorgung der Bevölkerung in Regionen, die an Corona-Hotspots im Ausland grenzen. In Frage komme die Grenzregion zu den Niederlanden, sagte Laumann. Das sei das Gebiet von Borken im Münsterland bis nach Heinsberg. Es gebe auch eine gemeinsame Koordinationsstelle zwischen NRW und den Niederlanden. Zunächst aber müsse die Verteilung der von der EU zugesagten zusätzlichen vier Millionen Impfdosen für Grenzregionen geklärt werden, sagte Laumann. Klar sei, dass NRW keinen Impfstoff aus den Impfzentren abziehen werde.
In den Niederlanden wurden pro 100 000 Einwohner zuletzt etwa 160 Infektionen in einer Woche registriert. In NRW lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Donnerstag bei fast 70 - mit steigender Tendenz.
NRW bleibt bei Impfzentren - keine Abkehr von Astrazeneca
Nordrhein-Westfalen will auch in den kommenden Monaten weiter an Impfzentren festhalten und nicht allein auf Hausärzte setzen. Alle Strukturen würden bis August auf jeden Fall gebraucht, sagte Laumann.
Zu Berichten, dass Dänemark nach schweren Fällen von Blutgerinnseln mit der Impfung des Mittels von Astrazeneca pausiere, sagte Laumann, er sei froh, dass der Impfstoff jüngst gerade an Vertrauen gewonnen habe und hoffe, dass es zu keinen weiteren Verunsicherungen komme. Bislang werde davon ausgegangen, das Astrazeneca ein „sehr gut zu verimpfender Stoff“ sei.
Es sei jedenfalls das Vakzin, was derzeit in den Impfzentren Nordrhein-Westfalens angeboten werde - außer für über 80-Jährige, die den Impfstoff von Biontech/Pfizer bekommen. Mittelfristig sehe er keine Möglichkeit, einen Impfstoff auswählen zu können, sagte Laumann. Gerade jetzt sei der Bedarf hoch: Am Mittwoch seien in NRW erstmals über 50 000 Dosen an einem Tag verabreicht worden.
NRW bleibe bei dem von der Kanzlerin ausgerufenen Ziel, jedem Bürger in Deutschland bis zum 21. September ein Impfangebot zu machen. (dpa)