Duisburg. Malermeisterin Anna Maas aus Duisburg-Walsum macht darauf aufmerksam, dass gerade Handwerker in Corona-Zeiten besonders gefährdet sind.

Wer soll wann gegen Covid-19 geimpft werden? Das ist seit Wochen Thema in der Politik. Nicht die Diskussion an sich nervt Malermeisterin Anne Maas (53) aus Alt-Walsum, die für ihre 25 Angestellten verantwortlich ist. Sie ärgert sich darüber, dass einzelne Berufsgruppen im Fokus stehen und nicht nach „sachlichen Kriterien“ entschieden wird. „Warum werden nie Handwerker in Betracht gezogen, die zwangsweise immer mit anderen Menschen zu tun haben, genauso wie Polizisten, Friseure oder Verkäuferinnen“, fragt sie. „Warum werden nicht die am meisten Gefährdeten zuerst geimpft?“

Es gehe ihr überhaupt nicht darum, eine Gruppe gegen die andere auszuspielen. „Aber Lehrer sind Pädagogen, haben zwar immer mit vielen, aber meist mit denselben Personen zu tun. Da müsste es doch möglich sein, Konzepte zu erarbeiten, die für alle Sicherheit bringen.“ Aber andere Gruppen seien einfach nicht in der Lage, immer mit den gleichen Personen Kontakt zu haben. „Ein Polizist kann einen Festgenommenen nicht bitten, in angemessenem Abstand zu folgen.“

Möglichst feste Teams bilden

Genauso schwierig sehe es bei vielen Handwerkern aus. Einige Wohnungsgesellschaften bemühten sich, immer nur ein Gewerk in einem Haus arbeiten zu lassen, bei Leerwohnungen zum Beispiel. Das sei aber meist bei privaten Auftraggebern nicht möglich. Und schon gar nicht, wenn unter Zeitdruck gearbeitet werden müsse oder dringende Reparaturen anstehen.

„Außerdem haben wir auch Mitarbeiter, die selbst zu Risikogruppen gehören, herzkrank sind, Kinder oder Partner haben, die gefährdet sind“, beschreibt Anne Maas die Situation. Manchmal könnten ihre Angestellten in Leerwohnungen tatsächlich alleine arbeiten. „Ich versuche immer, die Arbeitsgruppen so zusammenzustellen, dass sie möglichst in demselben Team arbeiten.“

Aber häufig sei es in Wohnhäusern mit Komplettsanierung so, dass in dem Gebäude Maurer, Putzer, Installateure, Fliesenleger, Elektriker und Maler aufeinanderträfen. So eine Sanierung sei oft bei den Vorgaben zeitlich gar nicht anders zu schaffen.

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„Häufig ist es auch so, dass unsere Mitarbeiter in Wohnungen kommen, in denen die Bewohner keine Maske tragen, weil sie ja in ihren eigenen vier Wänden sind“, erzählt die 53-Jährige. Dann sei es oft schwierig zu erklären, dass eine Maske zu tragen ist, weil Fremde in die Wohnung kommen. Ihre Mitarbeiter sagen dann, dass sie sich bitte in einen anderen Raum begeben sollen. „Erst dann fangen wir mit den Arbeiten an“, betont die Malermeisterin.

Ein Problem für viele Gewerke

Wenn ihre Mitarbeiter alleine im Raum sind, dürfen sie die Masken ablegen. Bei der zum Teil auch körperlich schweren Arbeit könne niemand über Stunden mit Mund- und Nasenschutz arbeiten. „Ich verstehe einfach nicht, warum nicht zuerst die Menschen geimpft werden, die diese Gesellschaft aufrecht erhalten und zwangsweise mit vielen Personen Kontakt haben.“

Dr. Frank Bruxmeier, Geschäftsführer der Handwerkerschaft und der Maler- und Lackiererinnung, ist politisch in der Richtung bisher nicht tätig geworden. „Es gibt viele Handwerker, die in die Häuser gehen müssen. Maler, Klimattechniker, Tischler, Installateure, Elektriker, Gebäudereiniger, Bestatter und andere – sie alle arbeiten auch in Privathaushalten – natürlich wäre es sinnvoll, sie zeitnah zu impfen.“ Aber es gebe zurzeit zu wenig Impfstoff. „Da reihen wir uns eben ein“, sagt Bruxmeier.

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Es gebe ja tausende von Handwerkern. Wenn sie jetzt zuerst geimpft würden, müsse man ja fragen, wen nimmt man dann dafür raus. „Dass Menschen in Heilberufen zuerst drankommen, ist richtig, aber insgesamt ist es zurzeit eine sehr schwierige Gemengelage“, erklärt Bruxmeier. „Wo will man da die Grenze ziehen?“ Bisher sei ihm kein Fall bekannt, dass aus dem Handwerksbereich irgendjemand als Superspreader aufgefallen sei.

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„Zum Glück. Denn das kann für einen Betrieb ja ganz schnell zur Existenzfrage werden, wenn er wegen eines Coronafalls schließen muss.“ Ängste in der Richtung kennt auch Anne Maas. Auch ihr Unternehmen ist bisher heil durch die schwierige Zeit gekommen. „Wir hatten bisher nicht einen Fall“, sagt sie und hofft, dass es so bleibt, bis Impfungen möglich sind.

Als Malermeisterin und Chefin noch immer eine Ausnahme

Sie ist eine Ausnahme. Immer noch. Anne Maas ist Malermeisterin und leitet den Familienbetrieb in Alt-Walsum mit 25 Angestellten. Eigentlich hatte sie von ihrem beruflichen Weg ganz andere Vorstellungen. „Ich wollte nach dem Abitur studieren und Innenarchitektin werden. Aber dafür waren meine Noten nicht gut genug“, sagt die 53-Jährige.

Also entschied sie sich, im väterlichen Betrieb eine Ausbildung zur Maler- und Lackiererin zu machen. Fast schon eine Sensation. Denn für ihren Vater, der „nur“ drei Mädchen in die Welt gesetzt hatte, stellte sich die Frage der Nachfolge. „Ja, so war das damals“, lacht die Chefin. Bereut hat sie den Schritt ins Handwerk nie und findet es bedauerlich, dass nicht mehr Frauen diesen Beruf ergreifen.

Weil sie Abitur hatte, konnte sie die Lehre in zwei Jahren abschließen und machte schon 1990 ihre Gesellenprüfung. Nach der vorgeschriebenen Zeit der praktischen Erfahrung ging sie in Bielefeld zur Meisterschule. Seit dem 1. April 2004 führt sie nun erfolgreich den Familienbetrieb.

90-jähriges Firmenjubiläum

„Im Februar 1932 sich hat mein Opa mit dem Unternehmen auf der Kaiserstraße selbstständig gemacht, nicht weit weg vom jetzigen Standort“, erzählt Anne Maas. Er zeugte zwei Jungen, die nicht viel von ihrem Vater hatten. „Denn Opa musste in den Krieg ziehen und gilt seit Kriegsende in Russland als vermisst. Bis heute hat man keine näheren Informationen.“

Eine schwere Zeit für die Oma, die aber „eine taffe Frau“ war. Sie zog die beiden Kinder alleine auf und hielt parallel den Maler- und Lackiererbetrieb aufrecht. Beide Jungen, also Vater und Onkel von Anne Maas, ergriffen den Beruf des Maler- und Lackierers. „Mein Vater ist auch heute noch im Betrieb und hilft. Das klappt ausgesprochen gut“, sagt die Chefin.

Ihre Schwester arbeitet im Büro des Familienbetriebs und auch der 24-jährige Sohn tanzt beruflich nicht aus der Reihe. „Auf das 90-jährige Firmenjubiläum im kommenden Jahr freuen wir uns jetzt schon“, sagt Anne Maas.