Duisburg. MSV-Fans haben viele Banner und Plakate in Duisburg aufgehängt. Initiative „Es lebe der Verein“ hat Forderungen zur Machtverteilung im Verein.

Das Statement der MSV-Fans war nicht zu übersehen: Plötzlich hingen weiß-blaue Banner unter anderem weithin sichtbar an der Landmarke „Tiger & Turtle“, an der Hauptfeuerwache in Duissern, der Buckelbrücke im Innenhafen und an der Fankurve am Stadion – dort, wo normalerweise die treuesten Anhänger stehen. Hinzu kamen Pappschilder und Aufkleber an Laternen und Ampeln im gesamten Stadtgebiet. „Es lebe der Verein!“, ist dort in großen Buchstaben zu lesen. Was steckt hinter dieser Aktion? Die Vertreter der gleichnamigen Initiative haben einen klaren Wunsch für die Zukunft des kriselnden Traditionsvereins.

An vielen Stellen sind die Banner schon wieder abgenommen worden, denn abgestimmt mit Eigentümern und Behörden war die Aktion nicht. Der Effekt bleibt jedoch: Vertreter von 27 Fanclubs haben sich der Bewegung mittlerweile angeschlossen. Darunter auch große Fanclubs wie die „Zebraherde“ und die Ultra-Gruppierung „Proud Generation Duisburg“.

MSV Duisburg: Nach Engagement von Capelli wollen Fans weiter mitgestalten

Sie unterstützen die zwei zentralen Punkte der Initiative. Erstens: Es sollen wieder positive Schlagzeilen um den Drittligisten, der sportlich und wirtschaftlich schon bessere Zeiten erleben hat, geschrieben werden. Zweitens: Die Anhänger wollen die Zukunft ihres Herzensvereins mitgestalten.

Gerade über die Zukunftsvisionen wird in der Fanszene heftig diskutiert, nachdem das amerikanische Unternehmen Capelli Sport sein Engagement hochgefahren hat. Der Ausrüster, der zuvor 10,1 Prozent der Geschäftsanteile an der ausgegliederten Profiabteilung des Vereins hielt, hat diese im Januar bei einer Kapitalerhöhung auf 40,1 Prozent hochgefahren. Dafür stellte die Sportartikelfirma 2,75 Millionen frisches Geld zur Verfügung, das unter anderem die Verpflichtung von Neuzugängen und des neuen Trainers Pavel Dotchev möglich machte. Außerdem verzichtete der Geldgeber auf Forderungen in Höhe von 2,7 Millionen Euro, sie wurden in Geschäftsanteile umgewandelt.

MSV-Fans haben Verständnis für Kapitalerhöhung durch Capelli

Ist dieser Einstieg also ein Alptraum für Fußball-Romantiker? „Die Notwendigkeit war da und die Entscheidung auch nachvollziehbar. Es hat wohl keine andere Möglichkeit gegeben, um den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten“, erklärt ein Sprecher der Initiative, der nicht namentlich genannt werden möchte. Hintergrund: Man habe sich noch nicht abschließend über die Aufgabenverteilung verständigt. Ein Profiverein benötige finanzstarke Partner und eine sichere Organisationsstruktur, ohne die erfolgreiches Arbeiten nicht möglich sei, heißt es auch in einem ausführlichen Statement der Initiative.

Gemeinsam zum Klassenerhalt? Auf dem Weg ins Stadion haben die Fans des MSV Duisburg ihrer Mannschaft vor dem Heimspiel gegen Unterhaching zugejubelt.
Gemeinsam zum Klassenerhalt? Auf dem Weg ins Stadion haben die Fans des MSV Duisburg ihrer Mannschaft vor dem Heimspiel gegen Unterhaching zugejubelt. © FUNKE Foto Services | Oliver Müller

Durch diese Aussagen wird deutlich: Die Fans haben Angst vor dem Sturz in die sportliche Bedeutungslosigkeit. Die Investition von Capelli machte Transfers im Januar möglich, die die Chance auf einen Verbleib in der 3. Liga wohl erhöhen. Die Initiative findet aber auch: „Mit dem neusten Anteilsverkauf an Capelli Sport hat der MSV Duisburg einen weiteren Teil seiner Souveränität eingebüßt.“

Wie soll die Zukunft des MSV Duisburg aussehen?

Nun gehe es aber nach Ansicht der Fan-Initiative darum, wie man mit diesen Fakten die Zukunft gestaltet. „Und vor allem darum, wie ich das als Mitglied des eingetragenen Vereins machen kann“, konkretisiert der Sprecher. Die entscheidende Frage dabei: Wie entwickeln sich durch die Erhöhung des Capelli-Anteils an der Profiabteilung die Machtverhältnisse?

Kay Mourheg vom US-Unternehmen Capelli Sports sitzt auch im Aufsichtsrat des MSV Duisburg.
Kay Mourheg vom US-Unternehmen Capelli Sports sitzt auch im Aufsichtsrat des MSV Duisburg. © Michael Dahlke

Die US-Amerikaner sind der einzige Investor, der Anteile an den „Zebras“ hält. Er ist in Person von Europa-Chef Kay Mourheg im Aufsichtsrat vertreten, den DVV-Geschäftsführer Marcus Wittig anführt. 59,9 Prozent der Anteile am Profibetrieb liegen weiterhin beim Verein. Und das soll nach Meinung von „Es lebe der Verein“ auch so bleiben. Deshalb fordern sie vom Verein weiterhin ein klares Bekenntnis zur 50+1-Regel der Deutschen Fußball Liga, die eine Komplettübernahme durch einen Investor theoretisch ausschließt und Vereinen die Entscheidungsgewalt sichern soll. Bislang haben die Vereinsverantwortlichen in Duisburg sich stets klar für deren Einhaltung ausgesprochen.

Anhänger pochen auf Mitgliederversammlung im Jahr 2021

Außerdem pochen die Unterstützer der Bewegung auf die Durchführung einer Mitgliederversammlung. Sie ist nach ihrer Ansicht das „oberste Organ des MSV Duisburg“. Im Jahr 2020 fand keine Versammlung statt. „Aus den bekannten Gründen“, wie MSV-Sprecher Niklas Ehrmut mit Verweis auf die Corona-Pandemie sagt.

In welcher Form es in diesem Jahr eine Mitgliederversammlung geben wird, ist noch unklar. Im besten Fall geschehe dies in der gewohnten Form als Präsenzveranstaltung. „Wir tauschen uns aber auch mit anderen Vereinen über Alternativen aus“, berichtet Ehrmut.

MSV-Präsident Ingo Wald bis 2023 gewählt

So oder so: Bei einer solchen Versammlung können die Mitglieder direkten Einfluss nehmen und Entscheidungsträger wählen, die die Arbeit in der Profiabteilung, laut Satzung einer Tochtergesellschaft des Vereins, maßgeblich beeinflussen. So können die Mitglieder nicht über den Posten eines Sportdirektors, Geschäftsführers und Trainers entscheiden, die für die Tochtergesellschaft arbeiten. Aber: Sie wählen den Vorstand, der die Geschäftsaktivitäten in dieser Tochtergesellschaft beaufsichtigt und kontrolliert.

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2019 wählten die MSV-Mitglieder Ingo Wald zum Präsidenten. Sein Stellvertreter ist Robert Philipps. Udo Steinke komplettiert den Vorstand. Wald trat zuletzt gerade in der Diskussion um den in die Kritik geratenen Sportdirektor Ivica Grlić in den Vordergrund, stärkte ihm intern und öffentlich den Rücken.

Vorstandswahlen stehen turnusgemäß beim MSV erst wieder im ersten Quartal 2023 an. Schon vorher möchte die Initiative aber aktiv eingreifen. Sie kündigt an: „Auf Forderungen müssen Handlungen folgen. Wir möchten mit anpacken – und zwar an allen Fronten. Denn aktive Vereinsarbeit hat ihre Grenzen nicht am Stadiontor oder in den Mitgliederversammlungen.“

>>MITGLIEDERZAHL IST GESUNKEN

  • Auf den Plakaten, Bannern und Aufklebern wirbt die Initiative „Es lebe der Verein“ auch dafür, Mitglied beim MSV Duisburg zu werden.
  • Die „Zebras“ hatten zuletzt – auch durch den Ärger über die Verpflichtung des bei den Fans unbeliebten Trainers Gino Lettieri – einen Rückgang in der Mitgliederzahl zu verzeichnen. Zum 31. Januar zählte der Verein 8439 Mitglieder. Der Mitgliedsbeitrag für einen Erwachsenen liegt bei 61 Euro im Jahr. Für Familien gibt es Sondertarife.