Duisburg. Die Wiedereröffnung des Grammatikoff in Duisburg zieht sich. Interessenten hatten ausgefeilte Kulturkonzepte - und wurden doch abgelehnt.

Seit fast einem Jahr ist das Grammatikoff am Dellplatz geschlossen. Während die Gebag weiter um Geduld bis zur Neueröffnung bittet, legen einige der abgewiesenen Mitbewerber um die Pacht des Kulturlokals offen, mit welchen kulturellen und gastronomischen Konzepten sie das Lokal betreiben wollten.

Der von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Gebag ausgewählte neue Pächter Boran Erdogan hat bislang noch kein Kulturkonzept vorgestellt. Dazu hatte die städtische Wohnungsbaugesellschaft zunächst eine Erklärung bis Jahresende 2020 angekündigt. Dann habe man sich aber entschieden, vorab „das gesamte Thema noch einmal im Kulturausschuss vorzustellen“, so Gebag-Sprecherin Gerhild Gössing. Auch die Mietvertragsverhandlungen hätten so lange geruht.

Über den Mietvertrag fürs Grammatikoff in Duisburg wird weiter verhandelt

Nachdem am 5. Februar der Kulturausschuss nicht offiziell, sondern in informeller Runde und ohne Öffentlichkeit getagt hat, seien die Mietvertragsverhandlungen wieder aufgenommen worden, „deren Abschluss wir – wie auch im letzten Jahr angekündigt – natürlich zunächst abwarten“, so Gerhild Gössing. Aktuell warte man noch auf das abschließende Angebot für die Baumaßnahmen. Auch wegen der Corona-Pandemie gebe es zeitliche Verzögerungen. Sobald es einen verlässlichen Zeitplan gebe, könne auch der Pächter seine Planung abschließen und dann gemeinsam über die Wiedereröffnung informieren.

Bei der Auswahl des Pächters hätten die Kulturkonzepte der elf Bewerber nicht die entscheidende Rolle gespielt, weil die städtischen Kulturbetriebe die Konzepte gesehen und keine wesentlichen Unterschiede festgestellt hätten, begründete die Gebag die Entscheidung. Drei Konzepte liegen nun dieser Redaktion schriftlich vor, ein Bewerber sagt offen, wie verwundert er über die Ablehnung war. „Ich bin total enttäuscht“, sagt Peter Jurjahn, der als Betreiber der Diskothek „Old Daddy“ an der Steinschen Gasse in Duisburg und des Party- und Konzertclubs Kulttempel in Oberhausen auf langjährige Erfahrungen verweisen kann.

Peter Jurjahn plante unter dem Namen „Old Mummy“

Er habe das Grammatikoff in „Old Mummy“ umbenennen wollen; musikalisch sollte es sich vom rockig orientierten „Old Daddy“ an der Steinschen Gasse abgrenzen. Neben 80er- und 90er-Jahre-Partys wollte er unter anderem Comedy, Lesungen und Akustik-Konzerte anbieten. Als Betreiber von Tonstudios habe er hervorragende Verbindungen in die Musikszene, so Jurjahn. Er habe mit den Ansprechpartnern in der Stadtverwaltung intensiv verhandelt, Ideen entwickelt und sich mit der Gebag sogar auf eine Renovierung geeinigt. „Und dann kam eine Absage in zwei Sätzen“, so Jurjahn. Es habe ihn „total überrascht“, als der „Zuschlag an eine Security-Firma“ ging.

Das Grammatikoff am Dellplatz in Duisburg soll weiter Kulturstandort bleiben, wünscht sich auch die freie Szene. Konzerte und Kabarett, Theater und Lesungen, Ausstellungen und Poetry Slams gehörten bislang zum Programm.
Das Grammatikoff am Dellplatz in Duisburg soll weiter Kulturstandort bleiben, wünscht sich auch die freie Szene. Konzerte und Kabarett, Theater und Lesungen, Ausstellungen und Poetry Slams gehörten bislang zum Programm. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Beim Blick in die Konzepte dreier weiterer Bewerber zeigen sich durchaus unterschiedliche Ansätze. Auf einer bis 19 Seiten werden die Pläne unterschiedlich detailliert vorgestellt. In einem Konzept heißt es eher allgemein, der Dellplatz stehe seit Jahren für Kunst, Kultur und Musik und das müsse weiter gelebt werden – mit Veranstaltungsreihen mit Bands und mit Kultur- und Kleinkunstveranstaltungen. Eine Kooperation mit dem Filmforum werde angestrebt.

Ein Pächter wollte sich ganz auf Kultur-Veranstaltungen konzentrieren

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Genauer formuliert es ein weiterer Bewerber, der stark in Duisburg verankert ist, mit mehreren Festivals in Duisburg und der Region kooperiert, und allein fürs Grammatikoff bereits etwa 500 eigene Veranstaltungen geplant hat, dazu Vermietungen und Kooperationen mit anderen Veranstaltern organisiert. Der Kulturbetrieb im Grammatikoff sei in der Zeit gewinnbringend betrieben worden, heißt es.

Als Pächter werde man sich ganz auf Kultur-Veranstaltungen konzentrieren. Mit zwölf Konzerten und sechs Veranstaltungen aus dem Bereich Kabarett, Comedy und Theater pro Monat sollte das Lokal eine Anlaufstelle für Musik- und Kulturinteressierte werden. Fast 20 Partner hätten bereits Kooperationen in Aussicht gestellt, heißt es weiter. Der Bewerber hatte auch sein Finanzkonzept detailliert geschildert.

Junges Team plante auch mit Raum für Start-Ups und soziale Projekte

Noch breiter wollte sich ein Team aus jungen Duisburgern aufstellen, das auch ein ausführliches Marketingkonzept erarbeitet hatte und am Dellplatz unter neuem Namen an den Start gehen wollte. Neben der Kneipe sollte im Studio ein Raum für junge Start-ups (in Zusammenarbeit mit der Uni), Künstler und soziale Projekte entstehen, während der Saal im Obergeschoss mit einem breitgefächerten Kulturprogramm von Konzerten über Comedy bis hin zu Eventkonzepten bespielt werden sollte.

Geplant war, dass Nachwuchsmusiker Kneipenkonzerte geben, an einem Abend pro Monat die freie Szene für gemischte Sessions eine Bühne bekommt und vorhandene Reihen wie Kindertheater oder Aufführungen der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen fortgesetzt werden. Das sehr detailreiche Konzept enthält auch genaue Planungen auch für die Gastronomie mit regionalen Produkten und wenig Müll.

>>EIN ANKERPUNKT AM DELLPLATZ

  • Aus der „Kulturzentrale Hundertmeister“ wurde 2011 das Grammatikoff unter der Leitung von Rolf Stanietzki. 2020 schloss er das Kulturlokal nach längeren Mietstreitigkeiten mit der Gebag.
  • Das Lokal ist ein Ankerpunkt am Dellplatz auch für die freie Szene und wichtig etwa für das „Platzhirsch“-Festival. Das Filmforum würde den Raum im Obergeschoss gern als dritten Kinosaal nutzen.