Duisburg. Konjunkturumfrage des Unternehmerverbandes in Duisburg: Corona verschärft die Lage in der Metall- und Elektroindustrie massiv.
Seit 2018 kämpfen die Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie mit einer Rezession und einem drängenden Strukturwandel samt digitaler Transformation. Die Auswirkungen der Corona-Pandemie kamen im abgelaufenen Jahr noch hinzu. Entsprechend pessimistisch schauen viele Unternehmen in der Rhein-Ruhr Region auf die aktuelle Situation sowie das erste halbe Jahr 2021, wie eine Umfrage des Unternehmerverbandes Rhein Ruhr zeigt.
„Dreiviertel unserer Mitglieder in der Region rechnen mit weiter zurückgehenden oder maximal gleichbleibenden Erträgen in den kommenden sechs Monaten“, sagt Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes, dessen Verbandsgebiet sich zwischen Duisburg, Mülheim, Oberhausen, Emmerich und Bocholt erstreckt.
Mettall- und Elektrofirmen: Sinkende Erträge befürchte
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl derer, die mit sinkenden Erträgen rechnen, um zwölf Prozentpunkte gestiegen. Mit Blick auf das niedrige Ausgangsniveau bezeichnet immerhin jedes vierte Unternehmen die aktuelle Geschäftslage als gut (2019: 18 Prozent). „Die Unternehmen sind 2020 vom Regen in die Traufe gekommen – für 2021 schaut es leider so aus, als schwinge das Pendel lediglich wieder zurück.
Unternehmerverband wehrt sich gegen Pflicht zum Homeoffice Unternehmerverband wehrt sich gegen Pflicht zum HomeofficeDie Auswirkungen des verschärften Lockdowns sind in diesen Zahlen nämlich noch nicht berücksichtigt. Die Situation ist für viele dramatisch: Die Unternehmen der M+E-Industrie versuchen alles, gleichzeitig sind sie an der Grenze ihrer Belastungsfähigkeit angekommen", erklärt Wolfgang Schmitz.
Homeoffice-Regelungen werden derzeit nicht verhandelt
Die Metallarbeitgeber und die IG Metall warnen vor einem Herunterfahren der Industriebetriebe zum Schutz vor Corona-Infektionen. Die Fabriken seien keine Corona-Hotspots, sagte der NRW-Bezirksleiter der IG Metall, Knut Giesler, am heutigen Montag vor Beginn der zweiten Runde der Tarifverhandlungen für die rund 700.000 Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie in NRW. Home-Office-Regelungen werden in den Verhandlungen kein Thema sein. Das sei im Moment nicht das drängende Problem, sagte Giesler.
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In der zweiten Runde der Tarifverhandlungen sollte es um die Forderung der Gewerkschaft nach Zukunftstarifverträgen gehen. Die IG Metall will beim Umbau der Betriebe unter den Bedingungen der Digitalisierung stärker mitreden. Giesler betonte, es gehe dabei nicht um einheitliche Regelungen. „Wir können kein Paket schnüren, das für alle Betriebe passt.“
Unternehmerverband: "Jede Steigerung der Arbeitskosten werde Arbeitsplätze kosten"
Ein erneuter Lockdown für die Betriebe hätte schwerwiegende Folgen, warnte auch der Präsident von Metall NRW, Arndt G. Kirchhoff. Nach dem ersten Produktionsstopp im Frühjahr 2020 sei das Wiederhochfahren der Betriebe sehr schwierig gewesen. Das brauche viel Zeit. Er rate deshalb dringend, „die Industrie weiterarbeiten zu lassen“.
Über die Forderung der Gewerkschaft nach einer Entgelterhöhung im Volumen von 4 Prozent soll in einer späteren Runde verhandelt werden. Für diese Forderung findet Wolfgang Schmitz, Hauptgeschäftsführer des Unternehmerverbandes Rhein Ruhr, deutliche Worte: „Jede Steigerung der Arbeitskosten, jeder Prozentpunkt mehr Lohn, jeder Tag Arbeitszeitreduktion – auch nur mit teilweisem Lohnausgleich – wird Arbeitsplätze kosten. Viele Arbeitsplätze.“
Ansage an Politik: "Das Geld muss verdient werden"
Auch mit Blick auf die Politik spart Schmitz nicht mit Kritik: „Forderungen nach höheren Steuern, steigender Mindestlohn, Erhebung einer Vermögenssteuer, steigende Energiekosten, Homeoffice-Zwang und vieles mehr. Vor jeder neuen Belastung in Richtung Wirtschaft sollte sich die Politik besinnen und sich klar darüber werden, an welchem zentralen Ast – wenn nicht gar Stamm – unserer Gesellschaft sie einmal mehr die Axt anlegt. Das Geld, um all die großen Herausforderungen zu bezahlen, fällt nicht vom Himmel. Es muss verdient werden.“
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Zwar habe das dritte Quartal 2020 die dramatischen Auswirkungen des wirtschaftlichen Einbruchs zu Jahresbeginn etwas gelindert, so Schmitz, die Jahresbilanz der Geschäfte weise allerdings ein dickes Minus aus. „Viele Betriebe hatten vergangenes Jahr mit gravierenden Liquiditätsengpässen zu kämpfen.“ Außerdem habe der massive Verzehr
von Eigenkapital wegen fehlender Umsätze unternehmerische Substanz gekostet. „Nur der enorme Kapitaleinsatz der Betriebe im Verbund mit der Ausweitung der Kurzarbeit hat dazu geführt, dass die Beschäftigung bisher weitgehend stabil gehalten werden konnte.“ 2021 werde nicht nur deshalb eine echte Herausforderung.
24 Prozent der Unternehmen erwarten rückläufige Erträge
Die Ergebnisse der Umfrage im Einzelnen:
- Die aktuelle Wirtschaftslage bewerten die M+E-Unternehmen an Niederrhein und Ruhr weiterhin sehr schlecht: 77 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnen ihre gegenwärtige Geschäftslage als „schlecht“ oder „befriedigend“. 2019 waren es 82 Prozent.
- 24 Prozent der Unternehmen erwarten rückläufige Geschäfte, die Auftragslage verharre auf einem sehr niedrigem Niveau. Für das erste Halbjahr 2021 rechnen die M+E-Unternehmen nicht mit einer Besserung. Bei den Inlandsaufträgen erwarten 24 Prozent eine Verschlechterung (2019: 24 Prozent). An eine Verbesserung glauben derzeit 18 Prozent, genau soviel wie 2019.
- Skeptisch blicken die Unternehmen der Metall- und Elektrobranche auf die Erträge der nächsten sechs Monate. 41 Prozent rechnen mit rückläufigen Erträgen, 2019 waren es 29 Prozent.
Corona-Krise: Zurückhaltung bei Neueinstellungen
Das angespannte Geschäftsklima wirkt sich auch auf die Beschäftigung aus. Die Unternehmen halten sich mit Neueinstellungen zurück, 29 Prozent der befragten Unternehmer planen in den kommenden sechs Monaten neue Mitarbeiter einzustellen. In den vergangenen sechs Monaten haben sechs Prozent der Unternehmen Mitarbeiter entlassen bzw. Stellen abgebaut. Sechs Prozent der Firmen rechnen auch in den kommenden Monaten mit einem Beschäftigungsabbau. Der Anteil der Unternehmen mit Kurzarbeit lag in den vergangenen sechs Monaten bei 59 Prozent, für die nächsten sechs Monate planen 41 Prozent mit diesem Instrument.
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Nach wie vor wollen die Betriebe aber ausbilden. 18 Prozent der Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie im Verbandsgebiet zwischen Duisburg, Mülheim, Oberhausen, Emmerich und Bocholt wollen 2021 mehr Ausbildungsplätze anbieten (2019 waren es 6 Prozent). Zwölf Prozent werden ihre Ausbildungslätze aber voraussichtlich reduzieren (2019: 24 Prozent). Bei allen Zahlen, die im November/Dezember erhoben wurden, gilt aber: Die Auswirkungen des zweiten harten Lockdowns sind nicht enthalten. (mit dpa)