Duisburg. Unter 116117 landeten 2020 über eine Million Anrufe - in Duisburg, im NRW-Callcenter der Kassenärzte. Es hat wegen Corona 1000 Telefonisten mehr.

Dieser Sturm kann mit hundertprozentiger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden: Am 25. Januar wird die Rufnummer 116117 die Telefondrähte glühen lassen. Gehen doch in der kommenden Woche in Nordrhein-Westfalen die Briefe mit der Einladung zur Corona-Impfung an die Über-80-Jährigen raus. Die Zahl der Anrufe dürfte alles übersteigen, was das zuständige, vor zehn Jahren in Duisburg eröffnete Callcenter je zu bewältigen hatte.

Mit den regulären 200 Mitarbeitern, die wegen der Pandemie jetzt nicht im Großraumbüro im Hoist-Haus am Duisburger Hauptbahnhof sitzen, sondern überwiegend im Homeoffice arbeiten, könnte der Ansturm nicht ansatzweise aufgefangen werden. Deswegen hat Dr. Michael Klein, der das zentrale Callcenter als Tochtergesellschaft der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippe seit Beginn in Duisburg leitet, einen externen Partner dazu geholt.

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Mindestes 1000 Mitarbeiter der Firma Sitel in Düsseldorf, mit der man schon in der ersten Phase der Pandemie gute Erfahrungen gemacht habe, beantworten die Terminanfragen der 850.000 Senioren, die dann Post vom NRW-Gesundheitsminister bekommen haben.

Corona-Impfung: Jeder bekommt einen Termin, nur nicht sofort

"Im schlimmsten Fall" rufen alle in den ersten Tagen an, so Klein, dem eines ganz wichtig ist: "Es ist nicht wie beim Ed-Sheeran-Konzert, bei dem es einen Run auf die Karten gibt und dann alle weg sind. Jeder bekommt einen Termin."

Nur nicht sofort. Bis Mitte April, schätzt die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNo), wird es dauern, bis alle Menschen dieser Altersgruppe, die nicht in Heimen leben, geimpft worden sind. Heimbewohner sind bekanntlich vorher dran. "Ich hätte es begrüßt, wenn der Briefversand etwas gestreckt würde, aber das war wohl rechtlich nicht möglich", sagt Klein. "Technik und Personal stehen schon, das ist eine gewisse Beruhigung, wenn's heiß hergeht."

Vergeben werden mit einem Anruf die beiden Termine, die für den Impferfolg wichtig sind. NRW habe aus den Erfahrungen etwa in Baden-Württemberg gelernt, wo zunächst nur der erste Impftermin vergeben wurde. Das habe eine Menge Mehraufwand bedeutet, so Klein. Insofern sei es nicht schlecht, dass NRW erst mit dem Impfen beginnt, wenn alles gesichert ist - vor allem der Impfstoff ausreicht, damit die Menschen nicht ins Leere laufen. "Das wäre schlimm", sagt Klein und appelliert: "Immer mit der Ruhe, alle kommen dran."

Online-Termine sind gefragt: Kinder und Enkel im Einsatz

Der Volkswirt rechnet damit, dass mehr Termine online vergeben werden als von vielen erwartet wird. Auch das eine Erfahrung aus anderen Bundesländern: Das Verhältnis von Online zu Anruf liege bei drei zu eins, weil sich viele Kinder und Enkel um die Impftermine für die Großeltern kümmern.

Außerdem gibt es zwei zusätzliche Telefonnummern. Wie Klein erläutert, landen normalerweise Anrufer aus ganz Deutschland bei einer Maschine, die die Calls anhand der Vorwahlen ins jeweilige Bundesland weiter leitet, bei Handy-Anrufen wird nach der Postleitzahl gefragt.

Jetzt gibt es zwei Nummern, die direkt nach Nordrhein oder Westfalen-Lippe führen: die 0800 116 117 plus 01 für Rheinland, also auch Duisburg, für Westfalen wird die 02 angehängt.  

Das Callcenter in Duisburg wurde schon Anfang 2020 überrollt

Klein verteidigt die zentrale Organisation des Impfprogramms in NRW. In Bayern bereite die dezentrale Organisation mit über 100 Rufnummern "ein Riesenproblem". Bedeute das doch, für 100 Nummern eine eigene Infrastruktur aufbauen zu müssen. Da werde es zum Beispiel schon schwierig, weil sich Mitarbeiter etwa im Krankheitsfall nicht gegenseitig vertreten können. Da komme man auch an Grenzen.

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"Überrollt" worden sei das KV-Callcenter schon zu Beginn der Pandemie, sagt Klein. Eingerichtet vor zehn Jahren, um den kassenärztlichen Notdienst der Kassenärztlichen Vereinigungen zentral zu organisieren, kamen Anfang 2020 neue Aufgaben hinzu, darunter als Terminservicestelle für die Vermittlung von Facharzt-Terminen. "Corona hat die interne Struktur total verändert", sagt Klein mit Blick auf die Umstellung zum Homeoffice.

>> ÜBER EINE MILLION ANRUFE IM DUISBURGER CALLCENTER DER KASSENÄRZTE

- Im März kam die erste Corona-Welle: Vom 9. bis 22. März gab es jeweils 11.000 Anrufe pro Woche, die sich ums neue Virus drehten, so Klein.

- Nach den Sommerferien - mit im Juli weniger als 1000 Anrufen pro Woche - haben die Zahlen mit den Reiserückkehrern ab dem Anfang August wieder zugenommen und lagen bei 3000 bis 5000 pro Woche. "Der Anteil der Corona-Anrufe am Gesamtanrufvolumen liegt zwischen 15 und 20 Prozent." 

- Bis zum 6. Dezember gab es 2020 insgesamt über eine Million Anrufe im Duisburger Center, von denen 122.000 Anrufe zum Thema Corona waren.

- Wie es weitergeht, wenn die Menschen über 80 geimpft sind - bis 13. Januar waren es bundesweit 215.587 - und dann die Über-70-Jährigen an der Reihe sind, entscheide die Landesregierung, so Michael Klein. "Wir hoffen, dass das Impfen bald auf die Arztpraxen übergeht - wie die jährlich Grippeimpfung."

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