2020 wird der Leihvertrag für die Köhler-Osbahr-Sammlung für 30 Jahre verlängert. Andrea Gropp erarbeitet dafür ein neues Ausstellungskonzept.

Natürlich war auch er in Corona-Zeiten nicht möglich, der große Festakt am 8. November zur Verlängerung des Dauerleihvertrages zwischen der Köhler-Osbahr-Stiftung und der Stadt Duisburg. Besiegelt wird er dennoch in diesem Monat, nur zwangsläufig weit profaner als es seiner Bedeutung gebührt – schreibt er doch fest, dass die etwa 60.000 Objekte umfassende Sammlung des Stifter-Ehepaares Dr. Herbert Köhler und Ingeborg Köhler-Osbahr für die nächsten 30 Jahre im Kultur- und Stadthistorischen Museum Duisburg verbleibt.

Roter Faden fehlte

Diese Trink- und Mischgefäße aus dem antiken Griechenland waren der Aristokratie vorbehalten. Genutzt wurden sie bei Symposien.
Diese Trink- und Mischgefäße aus dem antiken Griechenland waren der Aristokratie vorbehalten. Genutzt wurden sie bei Symposien. © Ffs | Foto: Michael Dahlke

Seite 1990 werden die Antiquitäten, Schmuck, Münzen und andere Zahlungsmittel aus aller Welt im Museum präsentiert. Höchste Zeit also für Dr. Andrea Gropp, die seit 2015 die Sammlung betreut, eine neue Konzeption für die Präsentation der Preziosen zu entwickeln, denn die derzeitige ist bereits 30 Jahre alt. „Dauerausstellungen werden in der Regel im 10- bis 15-Jahre-Rhythmus erneuert, auch weil sich die Seh- und Rezeptionsgewohnheiten der Besucher verändern“, erklärt Andrea Gropp.

Die Verlängerung des Leihvertrages ist für sie „ein schöner Anlass“ für einen solchen Wechsel. Ihre Idee indes, die Objekte anders zu ordnen und zu präsentieren, wuchs bereits heran, nachdem sie 2015 die Stelle übernommen hat. „Das Problem unserer Ausstellung ist, dass die Objekte unverbunden nebeneinander stehen, lediglich den Weltregionen zugeteilt, also nach Herkunftsorten sortiert sind“, beschreibt Gropp den fehlenden Roten Faden. Den sieht sie in dem Wert der einzelnen Stücke, und zwar nicht nur in ihrem materiellen, sondern auch in dem sozialen und sakralen.

Keine Münzausstellung

Eine „Kulturgeschichte des Geldes“ schwebt ihr deshalb vor, die sie anhand ausgewählter Objekte in einem neu gestaltetem Raum anschaulich erzählen will. „Es wird keine Münzausstellung“, wehrt Andrea Gropp schon im Vorfeld eine nahe liegende Vorstellung ab, denn zur Köhler-Osbahr-Sammlung gehört auch ein umfangreicher Schatz antiker Münzen aus Griechenland, Indien, China und Rom.

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Aber Köhler hat auch vormünzliche Zahlungsmittel gesammelt und Objekte, die in den jeweiligen Kulturen einen hohen Wert besaßen und besitzen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht sichtbar ist. Wie etwa die Muschelschnüre (Tambu) vom Volk der Tolai auf der Insel Neubritannien, die zum Bismarck-Archipel gehört. Die aufwendig herzustellenden Schnüre aus kleinen Nassa-Schnecken, die zu großen Reifen aufgezogen wurden, sagten viel über den sozialen Status ihrer Besitzer aus. „In bestimmten Banken Melanesiens können sie noch heute in Geldscheine getauscht werden“, erzählt Gropp. „Zudem werden mit ihnen Brautpreise und Sühnegelder bezahlt. Mit normalem Geld geht das nicht.“

Spannende Geschichten hinter den Objekten

Dieser Lehmziegel aus Mesopotamien (3. Jtsd. v. Chr.) war verbaut in einem Tempel für den Weisheits- und Wassergott Enki.
Dieser Lehmziegel aus Mesopotamien (3. Jtsd. v. Chr.) war verbaut in einem Tempel für den Weisheits- und Wassergott Enki. © Ffs | foto: Michael Dahlke

Eher unscheinbar ist auch ein mit sumerischer Keilschrift versehener Lehmziegel aus Mesopotamien aus dem 3. Jahrtausend vor Christus. Er stammt laut Inschrift aus einem Tempel, den König Amarsin (2046-2038 v. Chr.) für den Weisheits- und Wassergott Enki errichten ließ.

Es sind diese Geschichten, die den Sammlungsobjekten Bedeutung geben und sie wertvoll machen über die reine Ästhetik hinaus. Und die will Andrea Gropp den Museumsbesucher näherbringen: „Ich möchte die Besucher für einzelne Stücke und deren Schönheit begeistern. Die Schönheit der Objekte wächst ja, wenn man mehr über sie weiß.“ Deshalb sieht ihre neue Ausstellungskonzeption auch vor, die Zahl der Exponate drastisch zu reduzieren. Gropp: „Vielleicht werde ich acht Münzen zeigen. Ich möchte die Leute nicht überfordern mit schierer Menge.“

Die Bedeutung des Geldes

Beginnen soll die neue Präsentation mit den vormünzlichen Zahlungsmitteln wie etwa Kaurischnecken, Salz-, Eisen- oder Spatengeld. So sollen Besucher nach dem Wunsch der Sammlungsbetreuerin direkt eingangs sehen, das Geld viele verschiedene Formen und Funktionen hat. Sowie Aspekte, „die unserem Geld nicht mehr eigen sind“. Es geht Andrea Gropp um nichts weniger als das große Ganze: „Es soll eine Ausstellung werden über Geld und was es uns bedeutet.“

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Dabei hat sie nicht nur die Ausstellung im Sinn, sondern auch ein langfristiges Begleitprogramm, dass Geld unter den verschiedensten Fragestellungen behandelt: Wer druckt unser Geld? Wie funktioniert die Börse? Gab es jemals Tauschhandel in Gesellschaften? Wie sieht Geld der Zukunft aus?

Bis die neue Präsentation der Köhler-Osbahr-Sammlung eröffnet wird, müssen sich Besucher noch zwei bis drei Jahre gedulden. Aber vielleicht ist dann ja wieder ein würdiger Festakt mit großem Publikum möglich. Angemessen wäre er zu diesem Anlass.

Finanzierung der Neukonzeption

Für die Umsetzung der neuen Konzeption der Köhler-Osbahr-Stiftung erhält das Museum jetzt 35.000 Euro Förderung vom Landschaftsverband Rheinland (LVR). Das Geld soll in die Gestaltung der Ausstellung fließen.

Die Seniorenstiftung der Sparkasse Duisburg fördert die Umsetzung der Konzeption zusätzlich mit 100.000 Euro. Beantragt hat diese Förderung die Awo, weil Dr. Andrea Gropp die Ausstellung so konzipiert hat, dass sie auch die Begegnung von jungen und älteren Menschen ermöglichen soll.