Duisburg. Nach 84 Jahren und drei Generationen ist für die Metzgerei Meinert in Duisburg-Ruhrort zum Jahresende Schluss. Das sind die Gründe für das Aus

Nach 84 Jahren schließt in Duisburg-Ruhrort mit der Metzgerei Meinert ein absoluter Traditionsbetrieb: Thomas Meinert war in dritter Generation Inhaber des Geschäfts an der Amtsgerichtsstraße. Nach über acht Jahrzehnten ist dort nun Schluss. Was in Erinnerung bleibt, sind unter anderem Meinerts Grillwürstchen mit besonderen Geschmacksrichtungen, zum Beispiel Leberwurst mit Schokolinsen.

„Ich habe inzwischen ein gewisses Alter erreicht“, nennt Thomas Meinert ein Grund für das Ende. Sechzig werde er im nächsten Jahr – eigentlich noch kein Rentenalter. „Ich habe genug gespart, um aufhören zu können“, antwortet er. Die Entscheidung sei bereits im vergangenen Jahr gefallen. „Meine beiden Söhne wollten den Laden nicht weiterführen und ich habe auch keinen Lehrling, dem ich ihn übergeben könnte.“

Metzgerei Meinert in Duisburg-Ruhrort: Grundstein wurde 1936 gelegt

Sein Vater, erzählt Meinert, sei ohnehin der bessere Ausbilder gewesen. „Ich hab da keine Geduld für“, sagt er lächelnd. Vater Werner hatte das Geschäft 1970 von Meinerts Großvater übernommen, der 1936 den Grundstein des Traditionsbetriebs gelegt hatte. In den Jahren zuvor hatte ein jüdischer Pferdemetzger in dem Geschäft, das noch sehr viel älter ist, eine Fleischerei geführt.

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Meinert selbst wollte erst gar nichts mit dem Handwerk zu tun haben, er träumte von einem Beruf als Bankkaufmann oder Journalist. „Dann aber habe ich in den Sommerferien immer wieder mal ausgeholfen, um Geld für den Führerschein zu verdienen und es hat mir großen Spaß gemacht“, sagt er.

Grillwürstchen mit Cheddar, Chili oder Spinat

1980 habe er dann eine Lehre begonnen, sei sogar Jahrgangsbester auf der Höheren Handelsschule geworden. Wann er selbst das Geschäft übernahm, weiß Meinert nicht genau. „Das ist bestimmt 20 Jahre her. Der Übergang war fließend, wie auch schon bei meinem Vater und meinem Großvater. Erst war der Sohn Angestellter, nach dem Wechsel der Vater.“

Die Metzgerei Meinert in Duisburg war seit 1936 an der Amtsgerichtsstraße zuhause.
Die Metzgerei Meinert in Duisburg war seit 1936 an der Amtsgerichtsstraße zuhause. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Seitdem machte sich auch der Jüngste der Meinerts einen Namen in Ruhrort, vor allem mit seinen Grillwürstchen-Kreationen. „Die mache ich immer wieder gerne, mit Chili und Spinat sowie mit Basilikum, Cheddar-Käse oder Pinienkernen – die fühlen sich an, als würde man auf ein Stück Knorpel beißen, aber der Geschmack ist super.“

Plötzlich stand ein Kunde aus Hamburg vor der Tür

Das Grillteam „GutGlut“ wurde 2003 mit seinen Würstchen Deutscher Amateurmeister. 2017 suchte die Redaktion der WDR-Sendung „Markt“ nach dem besten Grillwürstchen des Landes und nahm seine Produktionen in die engere Auwahl. „Da habe ich zwar nicht gewonnen, das hat mir aber einiges an Kundschaft beschert: Irgendwann stand jemand aus Hamburg mit seinem Wohnmobil vor der Tür und wollte Würstchen kaufen“, schildert Meinert.

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Seine Kunden kämen aber auch für seinen Fleischsalat, sein Mett oder seinen handgerollten Kochschinken. „In der Spargelzeit geht der besonders oft über die Theke.“ Noch immer experimentiert er gerne herum und erfüllt seinen Kunden auch den eigenartigsten Wunsch. „Eine Frau wollte mal Leberwurst mit Schokolinsen – das schmeckte übrigens gar nicht so übel“, sagt er schmunzelnd.

Ruhrort hat bald keinen Metzger mehr

Die Meinert ist die letzte Metzgerei in Ruhrort.
Die Meinert ist die letzte Metzgerei in Ruhrort. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Mit der Metzgerei Meinert schließt auch die letzte Fleischerei in Ruhrort. Vor den Weihnachtstagen stehe er den Kunden aber noch wie gewohnt zur Verfügung. „Danach freue ich mich außerdem, öfter Schach spielen zu können. Außerdem werde ich nächstes Jahr zum ersten Mal Opa“, sagt er. Die neugewonnene Freizeit soll dem Schalke-Fan auch den ein oder anderen Besuch im Stadion ermöglichen. „Ob in der ersten oder zweiten Liga.“

>>NUR NOCH 14 METZGEREIEN MITGLIED DER DUISBURGER INNUNG

In Duisburg müssen immer mehr Metzgereien schließen. Das Hauptproblem sind nicht etwa die ausbleibenden Kunden, sondern der fehlende Nachwuchs. Dass mit der Schließung von Thomas Meinerts Metzgerei ein Stück Tradition aus Ruhrort verschwindet, hat nicht nur persönliche Gründe. Wie vielen Betreibern fehlt ihm ein Nachfolger, der seinen Laden übernehmen könnte. „So eine Metzgerei ist kein Schuhgeschäft, das man auf und zu machen kann, wie man will – die Ware muss ständig nachproduziert und verkauft werden“, schildert Meinert.

Nur drei Fleischfachverkäuferinnen und drei weitere Verkäuferinnen stehen für ihn hinter der Theke, während er unten, ein Halbgeschoss tiefer, Brät in Tierdärme stopft und Fleisch zerlegt – allein. „Ich arbeite an sechs Tagen in der Woche, 52 Wochen im Jahr und habe schon ewig keinen Urlaub mehr gemacht. Früher war mir das egal, aber heute macht es mich kaputt, ich bin erschöpft“, klagt er.

„Ich würde ja einen Nachfolger einarbeiten und hätte auch Lust, noch zwei bis drei Tage die Woche mitzuhelfen, aber den Beruf will heute keiner mehr machen – den letzten Azubi hatte ich vor zwölf Jahren“, fügt er hinzu.

Seit 35 Jahren hat in Duisburg kein Metzger mehr eröffnet

Franz-Josef van Bebber, Obermeister der Duisburger Fleischerinnung, weiß von den Problemen der Branche. „Früher haben viele Betriebe familiär weitergemacht, heute haben sie Probleme, junge Meister zu finden“, sagt er. Nur noch 14 Metzgereien gehörten der Innung nach Meinerts Schließung an, auch generell seien nicht mehr viele Geschäfte übrig im Stadtgebiet.

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Das letzte Mal, dass in Duisburg eine Metzgerei eröffnet wurde, ist 35 Jahre her. „Der Beruf ist auch heute noch mit viel Arbeit verbunden, 60 bis 70 Stunden die Woche sind die Regel“, sagt van Bebber. „Und dann braucht man als junger Meister auch noch Geld für die Übernahme – selbst mit guten Bilanzen ist es gar nicht so einfach, einen Kredit bei der Bank zu erhalten.

Metzger schlachten oft nicht mehr selber

Dabei geht es Fleischereien finanziell gar nicht schlecht: „Zur Zeit wollen viele Leute regionales Fleisch kaufen, weil sie wegen Corona selbst kochen müssen. Außerdem legen die Kunden mehr Wert aufs Tierwohl und sind bereit das zu honorieren.“

Selbst schlachten müsse übrigens kein Metzger mehr, auch Meinert hat das nie getan. „Ich könnte es zwar, aber es geht viel mehr um das Schneiden und die Zubereitung des Fleischs. Man kann in dem Handwerk sehr kreativ sein – es ist ein schöner Beruf“, sagt er.