Duisburg. Gaye Sevindim hat schon als Jugendliche von einem Leben als Textildesignerin geträumt. Nun hat die Duisburgerin das Label „Skarabea“ gegründet.
Es hat ein paar Jahre gedauert, bis Gaye Sevindim sich ihren Traum vom eigenen Modelabel erfüllte. Schon als Jugendliche wollte die heute 44-Jährige Textildesign studieren, doch im Berufsinformationszentrum riet man ihr davon ab, „denn damit ließe sich kein Geld verdienen“, hieß es damals. Also schaffte sie sich privat eine Nähmaschine an, bekam als Jugendliche sogar schon ihre ersten Aufträge und nähte beispielsweise für Kneipenpersonal individuelle Bauchtaschen. Doch nach dem Abi studierte sie erst einmal Wirtschaft.
Eine Fernsehreportage, die sie Jahre später sah und die Kinder in Afrika zwischen Kleiderbergen zeigte, brachte sie schließlich auf die Idee für ihre Modemarke „Skarabea“.
Der Name des neuen Duisburger Labels bedeutet übersetzt „Mistkäfer“
„Der Name stand relativ schnell fest. Als Kind wurde ich immer Karaböcek genannt. Das bedeutet auf Türkisch Mistkäfer. Ich war immer die Dunkelste von uns Geschwistern und hatte oft Unsinn im Kopf. Skarabea ist die Übersetzung“, erklärt Gaye Sevindim und steigt hinab in den Keller einer alten Druckerei. Hier lagern Tonnen, ja, wirklich Tonnen, alter Jeans. „Blauzeug“ nennen Recyclingunternehmen die Ware.
Nachdem die Duisburgerin recherchiert hatte, was mit den Klamotten passiert, die in Altkleidercontainern entsorgt werden, stieß sie auf wenige Unternehmen in der Bundesrepublik, die die Sachen verwerten. Je nach Zustand geht ein Teil an Second-Hand-Geschäfte. Aus gut erhaltenen Fetzen werden manchmal Putzlappen. Der Rest wird anderem Müll beigemischt und „thermisch verwertet“, wie es die Industrie umschreibt – also schlicht verbrannt.
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„Da sind echt noch gute Sachen bei. Ich finde es schade, wenn man so mit Rohstoffen umgeht“, erklärt die Gründerin die nachhaltige Idee. Als sie Kontakt mit den Firmen aufnahm, bekam sie allerdings einen Schreck. Statt der paar Kilo, an die sie zunächst gedacht hatte, wurden Mindestabnahme-Mengen von mehreren Tonnen aufgerufen. Gaye Sevindim dachte kurz nach – und sagte zu. Das Unternehmen sortierte für sie Jeans in unterschiedlichen Blautönen und lieferte den Stoff nach Duisburg.
Prototypen werden von einer polnischen Näherei in Serie produziert
Was die Menge umgerechnet in Jeans bedeutete, wurde ihr allerdings erst so richtig klar, als der Lkw vorfuhr – und nicht bis zur Haustür lieferte, sondern nur bis zur Bordsteinkante. „Da habe ich panisch ein paar Leute angerufen. Mein Mann und Freunde haben geholfen, die Sachen von der Ladefläche zu treten. Dann mussten wir alles wieder zusammenpressen und in den Keller bugsieren.“ Es ist nicht so, als hätten sie dabei gar kein Spaß gehabt. Zwischendurch wurden Röcke anprobiert und die eine oder andere Jeans für den Eigenbedarf gesichert. „Aber, wenn ich jemals ein bisschen Geld damit verdiene, dann bekommen auf jeden Fall erstmal alle etwas ab, die mir geholfen haben.“
Angesichts der Paletten wurde ihr jedoch auch bewusst, dass sie die Menge so schnell nicht alleine verarbeiten kann. Also suchte die kreative Duisburgerin Nähereien, die ihre Prototypen in Serie produzieren können. „Ich habe einen sehr netten Kontakt zu einer im süddeutschen Raum, aber die machen eher exklusive Teile. Über einen Tipp bin ich dann in Polen gelandet. Der Chef ist selbst noch recht jung und meinte: Ich mag Müll.“ Zunächst machte ihr Corona einen Strich durch die Reisepläne, doch schließlich schaffte es die Mutter von zwei Kindern doch, den Betrieb zu besuchen – und hatte einen guten Eindruck. „Mir sind die Arbeits- und Produktionsbedingungen wichtig und dass nicht so viel CO2 beim Transport anfällt.“
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Bei den Produkten, die aus den Jeans hergestellt werden, ist sie flexibel. Die Fahrradkuriere der Pony Riders haben sich Kappen gewünscht – und bekommen. Eine ist nach „Max“ benannt. Aus dem Hosenbund werden Henkel für Taschen. Hell- und dunkelblaue Quadrate ergeben wahlweise einzeln Getränke-Untersetzer oder zusammengesetzt Bezüge für Kissen.
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Momentan kann man die Accessoires über die Internetseite www.skarabea.de beziehen. Das Platzset „Edel“ kostet etwa 15,90 Euro, Kissen 24,90 Euro und die Kochschürze „Dirkious“ gibt’s, je nach Modell, ab 39,90 Euro. Bartender und Cocktail-Aficionado Dirk Bremmenkamp stand übrigens für dieses Kleidungsstück Pate. Mittelfristig will Gaye Sevindim allerdings auch mit verschiedenen Einzelhändlern ins Gespräch kommen, um ihre Ware an die Design-Liebhaber zu bringen.