Duisburg. Vor 50 Jahren ist die A-40-Autobahnbrücke Duisburg-Neuenkamp/Homberg eingeweiht worden. Nach einem halben Jahrhundert wird nun neu gebaut.

Zum 50. Geburtstag ist der Lack ab: Das gilt in diesem Fall für die A-40-Rheinbrücke Neuenkamp/Homberg. Am 16. Oktober 1970 wurde die damals „modernste und längste Stahlseilbrücke der Welt“ mit Feuerwerk und einem Volksfest eingeweiht. Ein halbes Jahrhundert später wird am Fuße des mächtigen Bauwerks eifrig gewerkelt. Von Festtagsstimmung keine Spur, stattdessen geschäftiges Treiben. Derzeit werden die Fundamente für die neuen Brückenpfeiler vorbereitet. Immerhin liegen die Bauarbeiten für die neue Brücke trotz Corona im Zeitplan.

A-40-Rheinbrücke Neuenkamp: Zur Eröffnung durften Fußgänger spazieren gehen

Reinhold Stausberg mit dem Amtlichen Verkündungsblatt, in dem die Verkehrsübergabe der neuen Rheinbrücke im Jahr 1970 gefeiert wurde.
Reinhold Stausberg mit dem Amtlichen Verkündungsblatt, in dem die Verkehrsübergabe der neuen Rheinbrücke im Jahr 1970 gefeiert wurde. © FFS | Tanja Pickartz

„Zur Feier des Tages durften 1970 sogar Fußgänger über die Fahrbahn spazieren“, erinnert sich Reinhold Stausberg, der in Duisburg-Neuenkamp aufwuchs. Der 62-Jährige war damals zwölf Jahre alt und hatte die Autobahn unerlaubt schon vor der offiziellen Eröffnung inspiziert. „Das Tor war offen, und wenn die Bauarbeiter Feierabend gemacht haben, sind wir gucken gegangen. Hat keiner gemerkt.“ Und jetzt ist es ja auch zum Glück verjährt. Spannend war das für die Jungs, so nah dran zu sein.

Momentan können Passanten, die auf dem Rheindeich in Neuenkamp spazieren gehen, die Arbeiten beobachten. Und auf der Homberger Seite streunt doch tatsächlich eine Nachbarskatze zwischen den Bauteilen herum. Wenn schweres Gerät anrollt, bringt sie sich aber lieber in Sicherheit.

Doch zurück zu den damaligen Bauarbeiten. Spatenstich für das „Rekord-Bauwerk“ war bereits 1966. Alte Fotos zeigen, wie in den 1960er Jahren auch die Rheinauen zur Baustelle wurden. Die neue Brücke sollte die anderen Querungen zwischen Ruhrort und Homberg sowie zwischen Hochfeld und Rheinhausen entlasten. Für 30.000 Fahrzeuge war sie ausgelegt. Zuletzt rollten allerdings 100.000 Lkw und Pkw hinüber. Der Verkehr am Logistikstandort Duisburg hat derart zugenommen, dass 2014 gravierende Schäden entdeckt wurden. Seitdem müssen Transporter auf eine Waage, bevor sie passieren dürfen. Im Stau bleibt dann nichts mehr übrig von der Bewunderung von damals.

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Der Bau war aus verschiedenen Gründen nämlich eine (technische) Sensation. Es war die letzte Brücke, die von der Oberhausener Gutehoffnungshütte ab 1966 realisiert wurde. Kostenpunkt: rund 37 Millionen D-Mark. Die technischen Daten waren ebenso beeindruckend wie neu – mit ihren 350 Metern Spannweite und 777 Metern Gesamtlänge, so schrieb die „Zeit“ in ihrer Ausgabe vom 27. November 1970, sei sie „in der Tat zur Zeit die größte Brücke dieser modernen Bauart in der Welt und die erste dazu, die ohne das Prasseln der Niethämmer entstand.“ Sie wurde vollständig geschweißt.

Hobby-Historiker baut die alte Brücke im Maßstab 1:100 nach

Im „Amtlichen Verkündungsblatt der Stadt Duisburg“ aus dem Jahr 1970 formuliert der leitende Landesbaudirektor, Diplom-Ingenieur Hans Daniel, fast philosophisch folgende Gedanken: „Das Interesse an der Brücke kann verschieden sein: Geht es dem einen um die Verkürzung seines täglichen Weges, dem anderen allgemein um die Verkehrsverbesserungen, so schätzt ein dritter den wirtschaftlichen Nutzen. Soweit nüchterne Gedanken. Das Bewusstsein als Bürger wird geweckt; etwas Stolz, eine neue und dritte Rheinbrücke wird sich regen. Findet die Brücke Gefallen und besteht sie auch vor kritischen Augen, kann man von einem vollendeten Bauwerk sprechen.“

Zur Feier des Tages wurde vor 50 Jahren eine Postkarte mit Sondermarke herausgegeben.
Zur Feier des Tages wurde vor 50 Jahren eine Postkarte mit Sondermarke herausgegeben. © FFS | Tanja Pickartz

Reinhold Stausberg ist nach wie vor fasziniert von der Ingenieurkunst. Sein Corona-Projekt ist es, im Jubiläumsjahr die alte Brücke zu Hause nachzubauen. „Ich habe mir Baupläne im Stadtarchiv angeschaut und dann mithilfe von Holzleisten die Brücke nachkonstruiert. Ich bin aber erst zur Hälfte damit fertig.“ Der Lokalhistoriker, der sich auch in der Zeitzeugenbörse engagiert, besitzt zudem gut 17.000 Postkarten. Einige zeigen Luftaufnahmen. Zur Einweihung der „größten freitragenden Hängebrücke der Welt über den Rhein“ wurde sogar eine Sonder-Postkarte herausgegeben. Wenn sein Modell fertig ist, könnte es auch ausgestellt werden.

Radwege-Rampe in Homberg fertiggestellt

Hans-Wilhelm Thoenihsen ist gewissermaßen sein Pendant bei der künftigen Rheinbrücke. Thoenihsen und sein Team sind zuständig für die Bauüberwachung und kontrollieren, ob alle Arbeitsschritte ordnungsgemäß ausgeführt werden. Derzeit bereiten die Tiefbauer die Fundamente für die riesigen Stützen vor. Dazu werden Bohrpfähle 24 Meter tief in die Erde gebohrt und mit Beton verfüllt. „Die benachbarten Spundwände werden einvibriert und nicht gerammt. Das ist viel schonender, und der Unterschied ist: Wenn wir so arbeiten, gibt’s weniger Erschütterungen.“ Konflikte habe es mit den Anwohnern bisher keine gegeben. „Wir sind im guten Austausch, schließlich müssen wir einige Jahre miteinander auskommen.“

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Ein Sprecher der Infrastruktur-Gesellschaft Deges teilt mit: „Die Arbeiten am Ersatzneubau der Rheinbrücke Neuenkamp liegen im Zeitplan.“ Die Radwegrampe am linksrheinischen Leinpfad ist fertiggestellt, ebenso die Umlegung der Wilhelmallee. „Seitdem konnte ein Großteil der Gründungsarbeiten für das südliche Teilbauwerk fertiggestellt werden.“ Zunächst wird südlich neben der bestehenden Brücke das erste neue Stück Brücke errichtet. In der zweiten Bauphase folgen der Abriss der alten Querung und der Neubau des zweiten Teilbauwerks. Anschließend wird die erste über eine Entfernung von 14 Metern in die endgültige Position gebracht. Auf Youtube kann man sich übrigens schon anschauen, wie die Brücke einmal aussehen soll.

Die Eisengitternetze, von Fachleuten auch Bewehrungskorb genannt, werden zur Stabilisierung in den Brückenpfeilern verbaut und mit Beton verfüllt.
Die Eisengitternetze, von Fachleuten auch Bewehrungskorb genannt, werden zur Stabilisierung in den Brückenpfeilern verbaut und mit Beton verfüllt. © FFS | Tanja Pickartz

2026 soll alles fertig sein und der Neubau nicht weniger spektakulär ausfallen, als er 1970 war. Verkehrsminister Scheuer sprach beim Spatenstich 2019 gar von einem „weiteren Wahrzeichen“ für Duisburg. Über die achtspurige Autobahn sollen dann bis zu 126.000 Pkw und Lkw täglich rollen können. Zur Einweihung gibt’s dann bestimmt auch wieder eine Party.

>>Spektakuläre Maße

  • Die neue Autobahnbrücke wird höher, länger und breiter sein als die bisherige: 75 Meter hoch, 802 Meter lang und 68,25 Meter breit.
  • Weil so ein Bau nicht alltäglich ist, wird sogar ein Besucherzentrum eingerichtet, in dem sich Fachleute und Interessierte informieren können.