Duisburg. Das erste Konzert des Opernchors seit sieben Monaten steht unter Corona-Vorzeichen. Maximal 24 Sänger stehen luftig auf der Duisburger Bühne.

Bei der „Lohengrin“-Vorstellung am 11. März stand der Chor der Deutschen Oper am Rhein zuletzt auf der Bühne des Duisburger Theaters. Am Freitag meldete sich das stimmgewaltige Kollektiv wieder zurück. In dem 70-minütigen Konzert „Schicksalslied“ stand der von Gerhard Michalski geleitete Chor ganz im Mittelpunkt und sang Stücke, die sonst nicht auf der Opernbühne erklingen.

Für Corona-Verhältnisse ist das große Haus gut verkauft, aber natürlich gibt es zwischen den Zuhörern viele freie Plätze. Genauso ist es auf der Bühne, denn alle Sängerinnen und Sänger müssen drei Meter Abstand halten, maximal 24 Choristen dürfen gleichzeitig auftreten. Da der Chor aber doppelt so groß ist, singt jedes Chormitglied nur zwei Stücke des vierteiligen Programms. So kommen alle zum Einsatz.

Corona-Vorgaben sorgen im Duisburger Theater für viele Zwischenräume

Als Zuschauer freut man sich, viele bekannte Gesichter wiederzusehen, denen man sonst regelmäßig auf der Opernbühne begegnet. Chorleiter Gerhard Michalski arbeitet mit seinen Damen und Herren sonst im Chorsaal und kommt nur bei Premieren zum Schlussapplaus auf die Bühne. Nun steht er den ganzen Abend am Dirigentenpult und man kann den Musiker, der den Chor jetzt schon seit 20 Jahren leitet, einmal bei der Arbeit beobachten.

Mit großen Gesten und klarer Schlagtechnik leitet er das Konzert. Warm und tröstlich klingt das „Schicksalslied“ von Johannes Brahms. Alle Beteiligten ordnen sich dem Gesamtklang unter. Dennoch kann man in den vorderen Reihen des Parketts einzelne Stimmen heraushören, weil aufgrund der großen Abstände die Richtung, aus der eine Stimme kommt, klar zu erkennen ist. Und auf den Seitenplätzen behindern Konzertflügel, Harfe oder Orgel die Sicht. Bei diesem Konzert sind Besucher, die in den Rängen sitzen, akustisch und optisch im Vorteil.

Strawinskys „Psalmensinfonie“ gewinnt im kammermusikalischen Gewand

Mit der „Psalmensinfonie“ von Igor Strawinsky steht ein Werk auf dem Programm, das der Opernchor tatsächlich schon im Theater gesungen hat: im Rahmen des Ballettabends „b.10“ von 2011 zur Choreographie von Jiri Kylian. Die Klavierbegleitung, die von Laura Poe und Jason Tran punktgenau musiziert wird, wirkt bei Strawinsky mit ihrem rhythmischen Pfiff stilechter als bei Johannes Brahms, obwohl Brahms selbst die Klavierfassung geschrieben hat.

Aufgrund der kleineren Chorbesetzung fehlen in diesem Konzert die Überwältigungsmomente, die sich sonst allein durch die große Wucht der gebündelten Singstimmen ergibt. Im kammermusikalischen Gewand wirkt Strawinskys Komposition aber wesentlich gewitzter als sonst. Mit den ungewohnten harmonischen und melodischen Verläufen in der „Psalmensinfonie“ hat der Chor natürlich keine Probleme. Da sitzt jeder Ton und man hat das Gefühl, dass die Sänger in Strawinskys getrübten Harmonien nachdenklich auf eine große Katastrophe zurückschauen.

Chor singt Bernsteins „Chichester Psalms“ mit viel Energie

In Edward Elgars „Lux aeterna“ wird der Hörer melodisch geradezu umarmt, handelt es sich doch um ein A-cappella-Arrangement des berühmten Nimrod-Satzes aus den Enigma-Variationen. Den Abschluss bildet mit Leonard Bernsteins „Chichester Psalms“ ein beliebtes Sakralwerk. Der Chor singt mit viel Energie und rhythmischem Druck. Im lyrischen Mittelteil singt Martina Ramin ihr Solo mit viel Gefühl, und zeigt stellvertretend für das ganze Ensemble, über welche solistischen Qualitäten die Chormitglieder verfügen.

Instrumentale Unterstützung bekommt der Chor bei Bernstein von Verena Plettner an der Harfe, Kersten Stahlbaum am Schlagwerk und Christian Damman an der Orgel. Bei deren Wucht hat die Harfe einen schweren Stand. Vom Publikum, das sich freut den Opernchor wieder einmal hören zu können, gibt es viel Beifall.

>>WEITERE AUFGABEN FÜR DEN CHOR

  • Das Konzert mit dem Chor der Deutschen Oper am Rhein ist im Theater Duisburg noch einmal am 19. November zu hören.
  • In der laufenden Saison ist der Opernchor auch in Boris Blachers Oper „Romeo und Julia“ (ab 6. November), in der Collage „Vissi d´arte“ (ab 26. November) und im ersten Akt von Wagner „Tristan und Isolde“ (ab 17. Dezember) beteiligt.