Duisburg. Die romantische Oper von Richard Wagner kehrt nach sechs Jahren auf den Duisburger Spielplan zurück: Inszenierung mit kurzem Verfallsdatum.
Sabine Hartmannshenns Inszenierung von Richard Wagners „Lohengrin“ hatte 2014 Premiere, verschwand dann allerdings schnell vom Spielplan. Für drei Aufführungen holt die Deutsche Oper am Rhein die Inszenierung aus dem Fundus, obwohl die Inszenierung ist ein gutes Beispiel dafür ist, dass Aktualisierungsversuche von Regisseuren oft eine begrenzte Haltbarkeit haben.
Sabine Hartmannshenn siedelt die Geschichte vom Schwanenritter, die eigentlich im Umfeld der Ungarnkriege des Jahres 930 angesiedelt ist, in einer modernen Großbank an. König Heinrich ist der Vorstandsvorsitzende, der Heerrufer sein Berater und Graf Telramund der aktuelle Geschäftsführer. Aber wer glaubt schon, dass Lohengrin als Occupy-Aktivist mal so eben als neuer Geschäftsführer einer Bank installiert wird?
Das Märchenhafte der Oper bleibt auf der Strecke
Mit dem Märchenhaften der Vorlage kommt die Inszenierung sowieso nicht zurecht: Beim wundersamen Erscheinen des Schwanenritters schaut der Chor nur kollektiv in den Zuschauerraum, und der große Zweikampf zwischen Lohengrin und Telramund findet nicht statt. Auch wenn das Orchester noch so wütend tobt, auf der Bühne erhält Telramund lediglich seine Kündigung und einen Koffer mit der Abfindung, während Lohengrin als sein Nachfolger auf der Hinterbühne schon mal in feinen Zwirn gekleidet wird.
Erfreulich sind die sängerische Leistungen: Corby Welch betont als Lohengrin die Lyrik der Rolle, gestaltet sie mit farbenreichem und voluminösem Tenor. Auf die großen Heldentöne, mit denen er hier als „Siegfried“ glänzte, verzichtet er weitgehend. Und wenn er sie einsetzt wie am Ende der Gralserzählung, entfalten seine Spitzentöne ihre Wirkung umso mehr.
Fast alle Sänger meistern ihre Aufgaben vorbildlich
Auch nach vielen Jahren im schweren Wagner-Fach verfügt Hans-Peter König noch über ein schönes Bassfundament. Dem König Heinrich gibt er auch viele balsamische Töne, und zudem artikuliert er vorbildlich. Das trifft auch auf Bogdan Baciu als Heerrufer zu, der in dieser Partie geradezu eine Luxusbesetzung ist. Mit noblem und vollem Bariton gestaltet er seine kurzen Auftritte. Als Bösewicht Telramund bleibt Bariton Jürgen Linn eher blass. Zudem klingt seine Stimme sehr unausgewogen: In der Tiefe wirkt sie knorrig und unbeweglich, in der Höhe brüchig.
Einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen die Damen: Sylvia Hamvasi gibt der Elsa viele warme und schöne Töne in der Mittellage. Schwingt sich ihr Sopran aber in die höhere Lage empor, so verlieren die Töne an Präsenz. Alexandra Petersamer hat als Ortrud einen starken Auftritt am Beginn des zweiten Aktes und kostet mit großem Mezzo ihren intriganten Charakter genussvoll aus. Ihre dramatischen Attacken im Finale des Aktes wirken aber schrill und beengt.
Seine großen Szenen singt der Chor klangschön
Der von Gerhard Michalski einstudierte Chor und Extrachor der Rheinoper wird zwar von der Regie oft diffus geführt und sieht in der Hochzeitsszene des 2. Aktes aus, als ginge es gleich zum Pferderennen nach Ascot. Aber die großen Chorszenen wie „In Früh versammelt uns der Ruf“ oder „Treulich geführt“ werden klangschön und mit viel Energie über die Rampe gebracht.
Dirigent Wen-Pin Chien leitet am Pult der Duisburger Philharmoniker eine Aufführung mit Stärken und Schwächen. Das Orchestervorspiel zum ersten Akt schwebt mit geradezu ätherische Schwerelosigkeit dahin. Der düstere Beginn des zweiten Altes hat viel Atmosphäre und die Hochzeitszeremonie die nötige Spannung. Das furiose Vorspiel zum dritten Akt gerät dann sehr hastig und will zu sehr mit Lautstärke überrumpeln.