Duisburg. Ärger mit der DVG um die Mitnahme eines Fahrrads: Eine stark gehbehinderte Duisburgerin (75) hofft nun auf den Petitionsausschuss des Landes.

Ingrid Reifschläger (75) ist aufgrund zahlreicher chronischer Gelenkerkrankungen stark gehbehindert. Sie kann keine größere Strecken zu Fuß zurücklegen, kein Auto fahren und ist deshalb auf Bus und Bahn angewiesen. All dies hat ihr der behandelnde Orthopäde im März 2018 schriftlich bescheinigt. Und nicht nur das. Es sei aus seiner Sicht auch erforderlich, dass die 75-Jährige ein Fahrrad als „orthopädisch-therapeutisches Hilfsmittel“ mit sich führen kann. So sei sie, erzählt die Duisburgerin, mit einem kleinen Jugendrad, das sie zum Transportieren ihrer Einkäufe brauche und um darüber hinaus mobil zu sein, bisher problemlos im ÖPNV unterwegs gewesen – nun nicht mehr.

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Der Ärger darüber ist bei ihr groß und richtet sich gegen die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG). „Ich hatte seinerzeit mit dem Kundencenter geklärt, dass ich ein solches Rad mitnehmen kann – statt einer Begleitperson, die ich ansonsten kostenlos mitnehmen dürfte. Ich bin 100 Prozent schwer behindert und habe einen entsprechenden Ausweis“, erzählt Ingrid Reifschläger. Es habe sich zwar um eine mündliche und nicht um eine schriftliche Vereinbarung gehandelt. „Aber ich sollte mir eben ein Attest besorgen, was ich ja dann auch getan habe, damit ich bei Kontrollen keinen Ärger bekomme.“

DVG-Kontrolleure brummten der Duisburgerin (75) eine 60-Euro-Strafe auf

„Es gab dann auch nie Beanstandungen – Düsseldorf nicht, wo ich häufiger unterwegs bin, und auch nicht von den Ticketprüfern der Deutschen Bahn“, sagt die Seniorin. Zuletzt allerdings schon. In Duisburg. Da brummten ihr DVG-Kontrolleure plötzlich eine 60-Euro-Strafe auf – wegen eines fehlenden Zusatztickets.

Felix zur Nieden, Sprecher des Duisburger Verkehrsunternehmens, sagt auf Nachfrage der Redaktion: „Selbstverständlich ermöglichen wir – soweit dies im normalen Betrieb möglich ist – allen Fahrgästen mit Mobilitätseinschränkungen mit entsprechender Berechtigung die kostenlose Fahrt in Bus und Bahn. Je nach Grad der Einschränkungen gehören hierzu auch die Mitnahme von Begleitpersonen oder ausgewiesenen medizinischen Hilfsgeräten.“

DVG pocht auch in diesem Fall auf ein Zusatzticket

Allerdings: Ein normales Fahrrad zähle nach den Beförderungsbestimmungen des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR) nicht dazu. Für normale Fahrräder sei ein entsprechendes Zusatzticket zu kaufen. Und: „Leider können wir von diesen Bestimmungen keine Ausnahme machen.“

Ingrid Reifschläger hat daraufhin die Schlichtungsstelle Nahverkehr in Düsseldorf eingeschaltet. Die DVG hat auch dort in ihrer Stellungnahme betont, dass „aus Gründen der Gleichbehandlung aller Fahrgäste“ keine Bescheinigung seitens der DVG AG ausgestellt werde, so dass die 75-Jährige ein „normales“ Fahrrad ohne gültiges Ticket mitnehmen kann.

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Die 60-Euro-Strafe werde zwar nicht aufrechterhalten. Es handele sich allerdings hier um eine Einzelfallentscheidung. Eine solche Kulanz könne der 75-Jährigen im Wiederholungsfall nicht gewährt werden.

Duisburgerin schaltet Schlichtungsstelle Nahverkehr ein – ohne Erfolg

Nach Prüfung hat die Schlichtungsstelle der DVG zugestimmt. „Es tut uns leid, aber der Katalog der kostenfrei mitzunehmenden Hilfsmittel ist insofern abschließend und kann nicht je nach persönlichem Bedarf erweitert werden“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme.

Ingrid Reifschläger kann darüber nur den Kopf schütteln. „Ich haben einen gesetzlichen Anspruch. Ein dreirädriges Krankenrad dürfte ich mitnehmen“, so die Duisburgerin. „Das passt aber in keine Bahn. Ich bin im Alltag auf mich selbst angewiesen. Mir geht es nicht um das Geld für das Zusatzticket, aber warum macht man mir das Leben noch schwerer, als es eh schon ist?“

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Sie hat sich auch an das Sozialreferat der Stadt Duisburg gewendet. Mittlerweile liegt ihr Fall beim Petitionsausschuss des Landtags NRW, auf dem die Hoffnungen der Duisburgerin jetzt ruhen. Eine Entscheidung steht hier aber noch aus.

>> DER PETITIONSAUSSCHUSS DES LANDTAGS NRW

• Für den Fall, dass Bürgerinnen und Bürger sich von Ämtern oder Behörden ungerecht behandelt fühlen, sieht Artikel 17 des Grundgesetzes eine besondere Anlaufstelle beim Parlament vor: Der Petitionsausschuss des Landtags hilft bei Ärger mit Behörden weiter. So ist es möglich, sich mit einer Beschwerde an das Gremium wenden.

Eine Petition darf grundsätzlich jeder einreichen. Für die Formulierung gibt es keine Vorgaben. Die Petition muss allerdings schriftlich, unterschrieben und unter der Nennung von Namen und Adresse erfolgen. Bei Sammelpetitionen genügen die Adresse und Unterschrift einer die Gruppe vertretenden Person. Auch die Abgabe einer Online-Petition auf der Internetseite des Landtags ist möglich.

• Dem Petitionsausschuss des Landtags gehören 21 Abgeordnete an. Vorsitzender ist Serdal Yüksel (SPD). Der Ausschusses legt zweimal pro Jahr einen Bericht über seine Arbeit vor.