Duisburg. Am ersten Wochenende der „Offenes Ateliers“ begegnen Besucher in Duisburg einer Vielfalt an Konzepten. Corona bremst Kunstinteresse kaum aus.

Schon die Zahl ist beeindruckend: Rund 160 Künstlerinnen und Künstler nehmen an der Aktion „Offenes Atelier“ teil. Doch wichtiger als die Zahl ist die Vielfalt der Begegnungen, ästhetischen Konzepte und Persönlichkeiten, die diese Wochenenden in Duisburg am 26./27. September und 3./4. Oktober ermöglichen.

Manches ist anders im Corona-Jahr. Es gibt Beschränkungen der Besucherzahlen je nach Größe der Ateliers, Listen mit Kontaktdaten, die beliebten Bus-Rundfahrten der Volkshochschule finden nicht statt. Dennoch spürte man schon kurz nach dem Start am Samstag: Das Interesse an der Kunst und ihren Akteuren ist ungebrochen.

Liselotte Bombitzki verlässt ihr Atelier in Duisburg-Duissern

Dass künstlerische Konzepte sich gleichzeitig in völlig verschiedene Richtungen entwickeln können, sieht man selten so deutlich wie bei der Malerin Liselotte Bombitzki. Auf der einen Seite ihres Ateliers hängen präzise gemalte gegenständliche Bilder. Da glaubt man, den Schnabel seiner Möwe fast zu spüren, und ein Salamander scheint aus dem Bild herausspringen. Auf der anderen Seite formt gegenstandslose Malerei einen Kontrast. Für Liselotte Bombitzki sind diese Pole der Reiz an ihrer künstlerischen Arbeit. Sie will einerseits die große Freiheit der abstrakten Malerei nutzen und andererseits die Genauigkeit der „altmeisterlichen Malerei“ erforschen.

Die in Duisburg geborene Künstlerin nimmt zum letzten Mal am „Offenen Atelier“ statt. Sie verlegt ihren Wohnort nach Minden. Und noch ein weiterer Einschnitt steht ihr in den nächsten Tagen bevor. Im Rentenalter hat sie ein Studium an der Hochschule für bildende Künste in Essen begonnen, das jetzt unmittelbar vor dem Abschluss steht.

Bildhauerin Ulla Bonn-Engler übernimmt

Ihr Atelier, ein ehemaliges Ladenlokal an der Moltkestraße in Duissern, übernimmt dann die Bildhauerin Ulla Bonn-Engler. Ihr bevorzugter Werkstoff ist zurzeit Modellgips. Als Gast zeigt sie schon ein paar ihrer Plastiken, die vom klassisch anmutenden Torso bis zum Fabelwesen reichen. Gemeinsam sind ihnen bewusst haptisch angelegte Oberfläche, die malerische Gestaltung und ein verblüffende bis komischer Ausdruck.

Unterschiedliche künstlerische Handschriften sind bei der Ateliergemeinschaft BeMaLo selbstverständlich. In der angenehm klaren Architektur der Räume in einem Hof an der Neudorfer Mozartstraße arbeiten Margitta Geyer, Oliver Hölzken und Beatrix Peschke. Mit Porträts setzt sich die Malerin Beatrix Peschke auseinander. Sie sucht nicht nach einem genauen Abbild, sondern fängt ein Übereinander von Stimmungen und Blickwinkeln ein.

Gedruckte Variationen vom Mallorca-Motiven

Auch wenn die Arbeiten von Margitta Geyer meistens gegenstandslos sind, so wecken sie doch Assoziationen an urbane oder natürliche Landschaften. Manchmal kann das recht direkt sein, wie bei jüngeren Bildern in leuchtenden Farben und nur wenig gebrochenen geometrischen Formen. Andere wirken durch ihre Überlagerungen von Farben und Linien schwereloser, aber auch geheimnisvoller. Die traditionelle Drucktechnik der Monotypie – auch kombiniert mit Malerei – ist eine zentrale Technik von Oliver Hölzken. So entstehen Variationen von Motiven – oft von seiner „zweiten Heimat“ Mallorca.

Eugen Schilke hat vor wenigen Monaten ein Atelier im Kultur- und Freizeitzentrum in Duisburg-Rheinhausen bezogen und zeigt beim „Offenen Atelier“ die Ausstellung „Outbreak“.
Eugen Schilke hat vor wenigen Monaten ein Atelier im Kultur- und Freizeitzentrum in Duisburg-Rheinhausen bezogen und zeigt beim „Offenen Atelier“ die Ausstellung „Outbreak“. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Auf den ersten Blick versprüht das Kultur- und Freizeitzentrum Rheinhausen wenig künstlerische Ambition. Das Gebäude an der Schwarzenberger Straße war über Jahrzehnte eine Schule. Jetzt arbeiten rund ein Dutzend Künstlerinnen und Künstler in den Klassenzimmern. Erst seit ein paar Monaten hat Eugen Schilke hier sein Atelier. Nach dem Studium an der Kunsthochschule Braunschweig ist er nach Duisburg zurückgekehrt und will seinem Raum für Arbeit und Ausstellungen nutzen.

Eugen Schilke in Rheinhausen arbeitet auch mit Schwarzenegger-Film

Erinnerungen, auch die medial über Filme vermittelten, sind ein wesentliches Thema seiner Videoarbeiten. Aus „Total Recall“, einem Science-Fiction-Film mit Arnold Schwarzenegger, hat er aus einer Sequenz Standbilder abfotografiert, bearbeitet und zu einem Loop verbunden. Auch ohne Kenntnis des ursprünglichen Films wird er in seiner ständigen Wiederholung zu einer Meditation über Angst und Auflösung.

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In einer Video-Installation zum Kurzfilm „Am Rande des Rollfelds“ thematisiert er eine beklemmende Mischung von Erinnerung und Zukunft. Als Gast hat Schilke seinen Studienkollegen Christian Hapke eingeladen. Auf der Grundlage eines Videospiels hat eine Insel entwickelt, in die man mittels Kopfhörer und Computerbrille eintauchen kann. Entstanden eine künstliche Welt in Zeiten des Corona-Virus und ein Nachdenken über Isolation, gespickt mit privaten und politischen Assoziationen.

>>DAS ZWEITE WOCHENENDE

  • Das „Offene Atelier“ geht am 3. und 4. Oktober weiter. Dann beteiligen sich Ateliers in Wehofen, Neumühl, Hamborn, Baerl Homberg, Meiderich, Ruhrort und Neuenkamp sowie in der Altstadt und im Dellviertel.
  • Geöffnet sind sie am Samstag von 14 bis 20 Uhr und am Sonntag von 12 bis 18 Uhr. Informationen über alle beteiligten Ateliers, Künstlerinnen und Künstler auf der Homepage www.kulturbeutel-duisburg.de/oa