Duisburg. Der Verein Wirtschaft vor Ort erwartet klare Verantwortlichkeiten und mehr Mut in der Duisburger Verwaltung, wenn Unternehmen neue Ideen haben.

Als eine „Herausforderung und Chance zugleich“ sieht die Wirtschaft in Duisburg die neue Situation und möglichen Mehrheitsverhältnisse im Rat. „Die politische Farbenlehre ist dabei nicht unser Thema, wir schauen ausschließlich auf die Ergebnisse“, sagt Alexander Kranki, Vorsitzender des Vereins Wirtschaft vor Ort. Dabei gehe es nicht „um die Interessen einzelner Unternehmen.“ Vielmehr müsse Duisburg „finanziell wieder handlungsfähig werden. Und das geht nur mit steigenden Steuereinnahmen“, so Kranki.

Manche Unternehmen haben aus der Not eine Tugend gemacht

Steuereinnahmen, die aber in Zeiten von Corona erst einmal ausbleiben werden. Die Unternehmen gehen mit gemischten Gefühlen in den Herbst – auch, „weil sie sehr unterschiedlich von den Auswirkungen der Pandemie betroffen sind“, so Kranki, der selbst im März in seinem Digital-Unternehmen Krankikom Kurzarbeit ankündigen musste.

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Da sind die Unternehmen, die seit März kaum noch Aufträge haben, weil ihr Hauptgeschäft zum Beispiel die Veranstaltungen weggebrochen sind; gleiches gilt für die Lieferanten dieser Branchen. „Da sind aber auch die anderen, die aus der Not eine Tugend gemacht haben und sich an neuen Geschäftsfeldern versuchen, um den Umsatzrückgang zumindest ein Stück weit aufzufangen. Und da sind natürlich auch solche, die kaum oder gar nicht betroffen sind, weil ihre Produkte und Dienstleistungen gebraucht werden“, listet Kranki auf.

„Sehr oft heißt es bei der Verwaltung: Geht nicht“

Die Stadt könne hier und da sicher finanziell entlasten. Viel wichtiger sei aber, den Unternehmen „in dieser schwierigen Zeit keine weiteren Steine in den Weg zu legen.“ Sehr oft würde es bei neuen Ideen heißen: „Geht nicht.“ „Wir wünschen uns von der Verwaltung mehr Mut! „Geht nicht – gibt’s nicht!“, sagt Alexander Kranki. Dafür brauche es das Bewusstsein, Dienstleister für die Bürger und Unternehmen in der Stadt zu sein. Dass oft mehr geht, sehe man in manchen Nachbarkommunen.

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Etablierte Unternehmen in Duisburg zu halten und neue herzuholen müsse ein zentrales Anliegen der ganzen Stadt sein. „Mit den heutigen Rahmenbedingungen wird das nicht gelingen“, sagt Alexander Kranki. Ein Beispiel: Überall auf der Welt würden wirtschaftliche Ansiedlungen in strukturschwachen Gebieten mit Steuererleichterungen belohnt. „In Deutschland werden sie durch hohe Steuersätze bestraft“, sagt der Unternehmer. Das Thema könne keine Stadt alleine lösen, aber ihren Teil dazu beitragen – auf allen politischen und Verwaltungsebenen.

„Die Kommunalpolitiker müssen an einem Strang ziehen“

Aus zahlreichen Gesprächen vor der Wahl wisse der Verein, dass in allen „maßgeblichen demokratischen Parteien“ ein Verständnis für die Forderungen der Wirtschaft gegeben ist. „Nun müssen die Kommunalpolitiker über Partei- und Blockgrenzen hinweg gemeinsam an einem Strang ziehen. Das kann gelingen, wenn Mehrheit und Opposition – bei allen inhaltlichen Gegensätzen – gesamtstädtische Interessen vertrauensvoll gemeinsam vertreten“, so Kranki. Es könne aber auch gelingen, wenn mit wechselnden Mehrheiten entschieden wird.

Wirtschaft für Duisburg“ setzt viele Erwartungen in die neue Wirtschaftsförderung, die nicht nur „klare und authentische Ziele, eine stringente Strategie, viel Kreativität und Kontinuität“, brauche, so Kranki, „sondern auch eine sehr gute finanzielle und personelle Ausstattung sowie die Rückendeckung der Politik und der Verwaltung.“

Duisburg braucht Bewegung und Veränderung

Der erste Schritt sei nun mit Ratsbeschluss am Dienstag gemacht worden, der vorsieht, dass die Wirtschaftsförderung zu einer kommunalen Gesellschaft umgebaut wird. Weitere Schritte müssten nun folgen.

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Die Konkurrenz schlafe nicht. Duisburg schneidet im zukunftsorientierten Dynamik-Ranking des Instituts der deutschen Wirtschaft besser ab als im eher rückblickenden Standort-Ranking, „aber es bleibt viel mehr Weg zu gehen, als hinter uns liegt; wir sind gerade erst aufgebrochen“, sagt Alexander Kranki.

Die in den letzten Jahren erreichte Geschwindigkeit bei den wichtigen Projekten dürfe nicht nachlassen, im Gegenteil: „Sie muss noch deutlich erhöht werden. Unsere Stadt braucht Bewegung und Veränderung.“

Zehn Punkte-Programm:

Der Verein Wirtschaft vor Ort hat ein Zehn-Punkte-Programm mit Forderungen an Politik und Verwaltung aufgestellt.

1. Es müsse ein neues Grundempfinden für die Bedeutung einer starken regionalen Wirtschaft und klare Verantwortlichkeiten für wirtschaftliche Themenstellungen in der Verwaltungsstruktur geben.

2. Die Verwaltung müsse sich mehr denn je als serviceorientierte Dienstleister verstehen, um die Unternehmen schnell und unbürokratisch zu unterstützen. Insbesondere zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren seien ein zentraler Standortfaktor für Investitionen und Arbeitsplätze.

3. Auf die Kommunen kommen durch höhere Kosten und sinkende Einnahmen in Folge der Corona-Krise erhebliche finanzielle Belastungen zu. Es brauche Konzepte zur Entschuldung der Kommunen. Und die Kommunen müssten stärker Prioritäten setzen. Es gelte, Schwerpunkte zugunsten von Investitionen zu setzen und konsumtive Ausgaben zurückzufahren.

4. Duisburg müsse eine langfristige und bedarfsgerechte Flächenstrategie entwickeln. Insbesondere gelte es, attraktive Einzelhandels- und Gastronomiestandorte zu fördern.

5. Die Stadt müsse einen attraktiven Rahmen für Wohnen und Arbeiten schaffen – mit hochwertigen Infrastruktur- und Dienstleistungsangeboten wie etwa eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung.

6. Beste Bildung müsse zum Aushängeschild werden. Es müsse sichergestellt sein, dass Schulen modern ausgestattet sind. Defizite bei der digitalen Ausstattung müssen beseitigt werden – auch durch zügigen Abruf von Landes- und Bundesmitteln. Das Ganztagsangebot gilt es weiter auszubauen.

7. Die Digitalisierung muss vorangetrieben werden. Die Corona-Krise zeige, dass die Kommunen, auch Duisburg, zukünftig noch deutlich digitaler denken müssen. Insbesondere in der Verwaltung müsse das Digitalisierungspotenzial ausgeschöpft und E-Government flächendeckend verankert werden. Ein zügiger Ausbau von Gigabitanschlüssen und flächendeckendem 5 G-Standard sind dabei die unverzichtbare Basis, damit die Digitalisierung vor Ort gelingt.

8. Die Sanierung, Modernisierung sowie der Auf- und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur müsse erkennbar an Fahrt aufnehmen.

9. Kultur- und Freizeitangebote müssen standortfördernd ausgebaut werden. Die Einschränkungen während der Corona-Krise haben die Betriebe in Hotellerie und Gastronomie besonders hart getroffen. Die Kommunen müssen die Betriebe auch nach dieser schwierigen Zeit unterstützen – etwa durch Erleichterungen bei der Außengastronomie.

10. Umwelt und Wirtschaft müssten in Einklang gebracht werden. Klimaschutz und die Transformation des Energiesystems finden auch vor Ort statt. Auch bei der Luftreinhaltung sei Duisburg aufgerufen, ausgleichende Lösungen zu finden und Fahrverbote nach Möglichkeit zu verhindern.