Duisburg. Wohnungsdurchsuchungen in Duisburg: Zwei Kandidaten wird Wahlfälschung bei der Kommunalwahl vorgeworfen. Auch die Ratswahl ist betroffen.

Drei Männern aus Duisburg wird vor den Kommunalwahlen Wahlfälschung im Zusammenhang mit den Abstimmungen am Sonntag vorgeworfen. Polizei und Staatsanwaltschaft haben am frühen Mittwochmorgen drei Wohnungen und ein Büro durchsucht. Eine Sprecherin der Duisburger Staatsanwaltschaft sagte nach den Razzien, es handle sich um Ermittlungen zu den Wahlbetrugsvorwürfen , über die unsere Duisburger Lokalredaktion am Dienstag berichtet hatte.

Auch interessant

„Zwei der drei Beschuldigten treten für zwei unterschiedliche Parteien bei der Kommunalwahl an“, sagte Jennifer König, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft.

Wahlbetrug? Razzien in Duisburg: „Umfangreiches Beweismaterial sichergestellt“

Bei den Durchsuchungen ab 4 Uhr morgens sei „umfangreiches Beweismaterial sichergestellt“ worden: „Dabei handelt es sich unter anderem auch um eine hohe zweistellige Anzahl von Wahlunterlagen, die nunmehr ausgewertet werden müssen.“ Die Dokumente würden auch „auf Fälschungsmerkmale“ überprüft.

Auch interessant

Nach Informationen unserer Redaktion tritt einer der beiden beschuldigten Kandidaten als Direktkandidat für ein Bündnis Türkeistämmiger an, das in den Stadtrat einziehen will.

Wie berichtet, kursiert in hiesigen Migranten-Communitys ein Video mit einer Sprachaufnahme. Zu hören ist eine Person, die bereit ist, für mehrere tausend Stimmen Geld zu bezahlen. Nutznießer des Deals soll der beschuldigte Direktkandidat sein, ein türkischer Geschäftsmann aus dem Stadtnorden. Er hatte zu seiner Verteidigung bereits einen Anwalt eingeschaltet und sagt: „Da will mir jemand bewusst schaden. So eine Hinterhältigkeit habe ich im Rahmen meiner Karriere noch nicht erlebt.“

Staatsanwaltschaft nennt betroffene Parteien oder Bündnisse nicht

Die Staatsanwaltschaft hat bislang auch nicht bekanntgegeben, welchen beiden Parteien oder Wählerbündnissen die Beschuldigten angehören.

Sprecherin König verweist diesbezüglich nicht nur auf das laufende Verfahren, sondern auch auf das Mäßigungsgebot und die Neutralitätspflicht für Beamte. Diese sollen politische Einflussnahme verhindern. Darauf sei so kurz vor der Kommunalwahl besonders zu achten.

Wahlbetrugsvorwürfe auch bei der Wahl des Integrationsrates?

Vor den Durchsuchungen am Mittwoch waren unserer Redaktion darüber hinaus Nachrichten aus sozialen Netzwerken zugespielt worden, die gravierende Wahlrechtsverstöße bei der Integrationsratswahl belegen sollen.

Auch interessant

Ein für die Vertretung kandidierender Mann soll versucht haben, über Facebook-Direktnachrichten persönliche Daten Wahlberechtigter einzusammeln, um für diese via Briefwahl abzustimmen. Er schrieb in einer dokumentierten Nachricht: „ab 16 Jahren kann jeder mitmachen egal welcher Nationalität brauche name famielie name geb Datum adresse plz und welchen Pass die person besitzt so musst ihr auch nicht wählen gehen und an der Schlange warten das machen wir alles“.

In seinem Profilbild wirbt der Mann mit dem Logo eines bei der Ratswahl antretenden Bündnisses. Dessen Vorsitzender antwortet auf Nachfrage nur knapp: „Mir ist nichts von den Vorwürfen bekannt.“

Unbefugtes Wählen und Wählertäuschung bei Wahl des Integrationsrates?

Sollte der Absender der Messenger-Nachrichten Wahlbriefe anderer Stimmberechtigter erhalten und Stimmzettel ausgefüllt haben, wären Verstöße gegen die Grundsätze der geheimen und unmittelbaren Wahl sehr wahrscheinlich.

„Zwar besteht ein Offenbarungsrecht des Wählers, es darf jedoch nicht ermittelbar sein, wie der einzelne Wähler abgestimmt hat“, erläutert Stadtsprecher Peter Hilbrands. „Dies wäre jedoch der Fall, wenn sich der Wähler eines Vertreters bedienen würde, da dieser dann die entsprechende Auskunft an Dritte erteilen könnte.“

Außerdem kommen zwei Straftatbestände in Betracht: unbefugtes Wählen (nach Paragraph 107a Strafgesetzbuch) und Wählertäuschung (nach Paragraph 108a Absatz 1 und 2, StGB).

Wahlleiter Martin Murrack: „Wir arbeiten eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen“

Duisburgs Stadtdirektor Martin Murrack, Wahlleiter bei den Duisburger Urnengängen, sagte am Mittwoch zu den Ermittlungen: „Wir wurden vom Polizeipräsidium informiert, dass es Razzien gab, und wir arbeiten eng mit den Ermittlungsbehörden zusammen. Zu diesen Einzelfällen können wir uns aber nicht äußern.“

Stadt und Wahlamt hatten Anfang der Woche auf Nachfrage erklärt, von dem Video keine Kenntnis zu haben. Bereits bei vorherigen Wahlen in Duisburg gab es Gerüchte, dass in Hochfelder und Marxloher Cafés Briefwahlunterlagen zur verabredeten gemeinsamen Stimmabgabe eingesammelt worden seien.

Den Ablauf der Wahlen am Sonntag werden die Vorgänge nicht beeinflussen. Auch die beschuldigten Kandidaten und deren Bündnisse können gewählt werden. „Ob durch ein rechtswidriges Verhalten Einfluss auf das Ergebnis genommen wurde, kann nur im nachgehenden Wahlprüfungsverfahren geklärt werden“, erklärt Stadtsprecher Hilbrands.