Duisburg. Am Sonntag wird in Duisburg auch der Integrationsrat gewählt. Der sorgte 2016 für einen Eklat. Türkisch-Nationale Listen hoffen auf Stimmen.

Am kommenden Sonntag werden nicht nur der Stadtrat und die Bezirksvertretungen gewählt, sondern auch der Integrationsrat. 18 Migranten sowie neun entsendete Ratsmitglieder diskutieren regelmäßig über Integrationsthemen. Dabei ging es den Mandatsträgern nicht nur um das Zusammenleben in Duisburg – immer wieder wurden auch überregionale Debatten wie das deutsch-türkische Verhältnis in das Gremium eingebracht. 2016 lösten die Politiker mit einer eigenen Armenien-Resolution einen Eklat aus.

OB Sören Link schaltete sich ein, am Ende wurde die Resolution wieder zurück genommen. Am 13. September bewerben sich nun 14 Listen und einige Einzelbewerber um den Einzug in den Integrationsrat. Auffällig: Obwohl Menschen aus 164 Nationen in Duisburg leben, stammen die Bewerber mehrheitlich aus der Türkei.

Das sind die Kandidaten bei der Wahl zum Duisburger Integrationsrat

Es treten an: Kandidaten mit Migrationshintergrund von SPD, CDU, der Linken und Bündnis 90/Die Grünen. Darüber hinaus die Gruppe „Müslüman Türkler Biligi“ (MTB), die „Aktive Bürgerinitiative“, „Unabhängige Multikulturelle Menschen aller Herkunftsländer“, „Allianz Duisburg“, „Big-Dergah Wahlbündnis“, das „Bündnis für Duisburg“, die „Bulgarische Gemeinschaft“, die „Digital ökologische Partei“, die „Türkische Repräsentanz“ sowie Engin Sakal, Andrei Klipel und Agnieszka Laasch als Einzelbewerber. Pikant: Klipel bewirbt sich auch um ein Ratsmandat und kandidiert für die AfD.

„Die AfD unterstützt die unabhängige Kandidatur von Andrei Klipel für den Integrationsrat. Er vertritt unter anderem die Interessen von Duisburgern mit russischem und osteuropäischen Migrationshintergrund“, erklärt Alan Imamura von der AfD.
„Die AfD unterstützt die unabhängige Kandidatur von Andrei Klipel für den Integrationsrat. Er vertritt unter anderem die Interessen von Duisburgern mit russischem und osteuropäischen Migrationshintergrund“, erklärt Alan Imamura von der AfD. © FUNKE Foto Services | Foto: Volker Herold

Für Alan Imamura von der AfD ist das kein Widerspruch: „Die AfD unterstützt die unabhängige Kandidatur von Andrei Klipel für den Integrationsrat. Er vertritt unter anderem die Interessen von Duisburgern mit russischem und osteuropäischen Migrationshintergrund.“

Der Integrationsrat sei für die AfD ein thematisch wichtiges Gremium. „Der Integrationsrat benötigt dringend eine größere Interessenvielfalt, beispielsweise Vertreter erfolgreicher Integration aus Osteuropa oder Asien. Wir werden uns deshalb zukünftig auch verstärkt im Integrationsrat engagieren.“

Mirze Edis macht sich ebenso für einen bunten Integrationsrat stark: „Wir als Linke sind eine internationale Liste, die für eine tatsächliche Integration in Duisburg steht. Viele andere sind konservativ-nationalistisch“, erklärt er. Nur die Liste „Bündnis für Duisburg“ nimmt er ausdrücklich davon aus. Der Ratsherr und -kandidat für die Linke betont, dass seine Partei darauf geachtet habe, eine Liste mit Vertretern verschiedener Nationalitäten aufzustellen.

Professor ordnet politische Standpunkte ein

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Das nimmt auch Erkan Üstünay , Vorsitzender des Integrationsrates und SPD-Mitglied, für seine Partei in Anspruch. „Wir unterscheiden nicht nach Nationalitäten. Wenn sich bulgarisch- oder rumänischstämmige Menschen innerhalb der SPD engagieren möchten, sind sie herzlich eingeladen.“

Wichtig sei, dass engagierte Menschen zur Wahl antreten. Üstünay schätzt, dass die Wahlbeteiligung bei dieser Wahl hoch sein werde, und begründet dies mit der Vielzahl von Listen aus dem gesamten Stadtgebiet. Zu den konservativen Strömungen erklärt Üstünay: „Es gibt ein breites Feld an Wählerbündnissen. Anhand deren Positionen und Zielen kann sich jeder selber ein Urteil erlauben, ob diese nationalistisch oder konservativ sind.“

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Auf Nachfrage unserer Zeitung hat sich Kemal Bozay die Kandidaten angeschaut. Der Professor für Soziale Arbeit und Sozialwissenschaften lehrt an der „IUBH Internationale Hochschule in Düsseldorf“ und hat sich in der Vergangenheit mit der Ethnisierung gesellschaftlicher Probleme und Migrationsfragen befasst.

Er bestätigt die Einschätzung von Mirze Edis: „Bei der BIG-Dergah handelt es sich um ein Wahlbündnis zwischen der AKP-nahen BIG-Partei und der ATB Muhsin Yazıcıoğlu Dergahı Duisburg. Bei der ultranationalistisch-islamischen ATB handelt es sich um eine Abspaltung aus der rechtsextremen MHP. Sie steht in der Türkei der BBP, der Großen Einheitspartei, nah. Die BBP und ihre Ablegerorganisation ATB bekennen sich auch zur Ideologie der Grauen Wölfe.“

Migranten-Listen treten auch für den Rat an

Linken-Politiker Mirze Edis befürchtet, dass der Wahlkampf der türkischen Listen in Duisburg dazu führen könnte, dass die AfD an Stimmen zulegt.
Linken-Politiker Mirze Edis befürchtet, dass der Wahlkampf der türkischen Listen in Duisburg dazu führen könnte, dass die AfD an Stimmen zulegt. © Fabian Strauch / FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Mirze Edis findet es indes bemerkenswert, dass die Listen mittlerweile nicht nur für den Integrationsrat kandidieren, sondern auch für den Stadtrat. Er führt dies auf die Aussagen von Oberbürgermeister Sören Link „Asozial bleibt asozial“ zurück, bei denen sich viele Migranten vor den Kopf gestoßen gefühlt hätten. „Früher hat der OB regelmäßig selbst an den Integrationsratsitzungen teilgenommen. Nach der Armenien-Resolution hat er nur noch den Dezernenten geschickt“, berichtet Edis.

Der Politiker fürchtet, dass der Wahlkampf der türkischen Listen dazu führen werde, dass auch die AfD an Stimmen zulegt. „Ich bin schon darauf angesprochen worden, ob wir hier ein Parlament in der Türkei wählen.“ Er hofft, dass die Mehrheit der Duisburger sich von den Plakaten in türkischer Sprache dennoch nicht irritieren lässt.

Integrationsrat: 151.183 Wahlberechtigte

151.183 Benachrichtigungen wurden für die Wahl zum Integrationsrat versandt. Wahlberechtigt ist, wer nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Grundgesetz ist, eine ausländische Staatsangehörigkeit besitzt, die deutsche Staatsangehörigkeit durch Einbürgerung erhalten hat oder eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt. Darüber hinaus muss die Person am Wahltag 16 Jahre alt sein, sich seit mindestens einem Jahr im Bundesgebiet rechtmäßig aufhalten und mindestens seit dem 16. Tag vor der Wahl in der Gemeinde ihre Hauptwohnung haben.

Zugewanderte aus Rumänien, Bulgarien und anderen EU-Ländern dürfen bei der Kommunalwahl mit abstimmen. Nicht wahlberechtigt sind Asylbewerber.